Frankfurt am Main – Wenn Besucher der neuen Frankfurter Altstadt ab dem kommenden Jahr durch die Gassen und über den historischen Krönungsweg flanieren, wird sie ihr Weg auch an der „Goldenen Waage“ vorbeiführen. Gegenüber dem Dom, im Südosten des neuen Viertels gelegen, zieht das ursprünglich um 1619 von dem niederländischen Glaubensflüchtling Abraham van Hamel und seiner Frau Anna van Lith errichtete und im Zuge des DomRömer-Projekts rekonstruierte Renaissancehaus mit seiner prächtigen Fassade schon jetzt viele Blicke auf sich. Über den aktuellen Stand der Arbeiten hat Oberbürgermeister Feldmann am 13. Dezember bei einem Pressetermin informiert.
„Ich freue mich über den Fortschritt der Bauarbeiten auf dem gesamten Areal und besonders hier an der Goldenen Waage. Die reich verzierte Fassade, im Erdgeschoss aus Mainsandstein und darüber das sichtbare Fachwerk, ermöglicht uns einen Blick in die lebendige Vergangenheit unserer Stadt“, sagte der Oberbürgermeister. Im Erdgeschoss der Goldenen Waage wird Gastronomin Birgit Zarges künftig eine Confiserie mit Café betreiben. In den oberen Stockwerken lädt das Historische Museum Besucher ein, die Wohnräume des Hauses zu besichtigen, möbliert und ausgestattet so, wie sie im frühen 17. Jahrhundert, also zur Bauzeit der Goldenen Waage, ausgesehen haben. Bereits seit 1899 befand sich die Goldene Waage im Besitz der Stadt Frankfurt. Ab 1928 richtete das Historische Museum das Gebäude schon einmal als Beispiel eines historischen Bürgerhauses her. Grundlage war die Inventarliste, die nach dem Tod Anna van Liths 1635 aufgestellt worden war.
Laut Architekt Prof. Jochem Jourdan sei die Ausgangslage für die Rekonstruktion des Gebäudes günstig gewesen. Dank der Bekanntheit der Goldenen Waage existierten zahlreiche Aquarelle, Zeichnungen und Skizzen, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden sind sowie Fotos des Ostflügels und des Hauptgebäudes. Sie gaben Auskunft über die Raumfolgen, Gebäudeschmuck und den konstruktiven Aufbau des Gebäudes. Auch einige Spolien, Teile des ursprünglichen Gebäudes, sind erhalten geblieben und kehren nun an ihren ursprünglichen Ort zurück. Unter ihnen befinden sich die Bildnisse des Bauherren und seiner Familie sowie drei schmiedeeiserne Gitter, die in den Bögen des Erdgeschosses eingebaut waren.
Dennoch sei der detailgetreue Wiederaufbau der Goldenen Waage eine große Herausforderung gewesen, die nur mit qualifizierten Handwerksunternehmen und einer guten Planungsleistung möglich war, erklärte Jourdan. Allein der Fachwerkaufbau in den Obergeschossen mit den reichen Schmuckformen in den Brüstungsfeldern sei eine handwerkliche Meisterleistung. So wurde beispielsweise in die Eckpfosten beider Fachwerkgeschosse Rankenwerk geschnitzt und danach bemalt. Auch die Arbeiten an dem für Frankfurt typischen Mainsandstein im Erdgeschoss waren aufwendig und mussten mit großer Präzision ausgeführt werden.
Im Innern des Gebäudes finden die Besucher ebenfalls dieses besondere Material: Ein Treppenturm aus Mainsandstein führt in die oberen Etagen bis hinauf zum „Belvederchen“, einen begrünten Dachgarten mit großer Gartenlaube und einem kleinen Brunnen. Wie Oberbürgermeister Peter Feldmann erklärte, handelt es sich dabei um ein typisches Gestaltungsmerkmal der früheren Altstadt. „Wer dem regen Treiben auf den Gassen einmal entfliehen wollte, fand auf den luftigen Dachterrassen eine willkommene Rückzugsmöglichkeit, mit bestem Blick über das Viertel und auf den Dom.“