Heidelberg – Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat den Antrag einer in der Heidelberger Altstadt tätigen Restaurantbetreiberin abgelehnt, ihr gegen eine Sperrzeitverlängerungsverfügung der Stadt Heidelberg vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren.
Das Restaurant wird bereits seit Anfang der 1980er Jahre im Geltungsbereich des Bebauungsplans Heidelberg-Altstadt (Bereich Herrenmühle) mit Außenbewirtschaftung in einem auf drei Seiten baulich begrenzten Innenhof betrieben. Der Bebauungsplan setzt dort ein allgemeines Wohngebiet fest. Seit Mai 2009 verfügt die derzeitige Betreiberin und Antragstellerin des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens über eine gaststättenrechtliche Erlaubnis, die zum Schutz der Nachbarschaft zwar keine Beschränkungen der Betriebszeit vorsieht, den Beginn der Sperrzeit für die Außenbewirtschaftung aber auf 23:00 Uhr festsetzt. Nachdem es in der Folgezeit zu verschiedenen Nachbarbeschwerden wegen des von der Außenbewirtschaftung ausgehenden Lärm gekommen war und die Antragstellerin hierzu Lärmgutachten eingeholt und vorgelegt hatte, setzte die Stadt Heidelberg den Beginn der Sperrzeit für die Außenbewirtschaftung mit Verfügung vom 31.07.2014 auf nunmehr täglich 22:00 Uhr fest. Zur Begründung heißt es, die Beibehaltung des Sperrzeitbeginns erst ab 23:00 Uhr führe zu unzumutbaren Lärmbelästigungen für die betreffenden Anwohner. Dies ergebe sich aus den Ergebnissen der simulierten Geräuschmessung vom 12.03.2014, wonach der für die Nachtzeit (22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) im allgemeinen Wohngebiet geltende Immissionsrichtwert der TA Lärm (40 dB(A)) nicht eingehalten werde. Die ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 14.07.2014, welche darlege, dass bei einer Belegung der Außenbewirtschaftung mit maximal 5 Gästen der Immissionsrichtwert für die Tagzeit (55 dB(A)) eingehalten worden sei, lasse nicht den Schluss zu, dass die einschlägigen Immissionsrichtwerte bei Ausschöpfung aller zugelassenen 30 Außenbereichssitzplätze eingehalten werden könnten.
Nachdem der Widerspruch der Antragstellerin gegen die Verfügung vom 31.07.2014 erfolglos geblieben war und das Regierungspräsidium den Sofortvollzug der Sperrzeitverlängerung angeordnet hatte, beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Karlsruhe am 23.03.2015 die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 14.07.2015 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, das Regierungspräsidium habe den Sofortvollzug der Maßnahme formell ausreichend begründet. In der Sache erscheine die angefochtene Sperrzeitverlängerungsverfügung bei summarischer Prüfung rechtmäßig. Sie finde ihre Rechtsgrundlage in § 18 Gaststättengesetz i.V.m. § 12 Satz 1 Alt. 1 Gaststättenverordnung, wonach bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse die Sperrzeit für einzelne Betriebe verlängert werden könne. Ein „öffentliches Bedürfnis“ in diesem Sinne liege voraussichtlich vor, weil mit dem Betrieb der Außenbewirtschaftung nach 22:00 Uhr unzumutbare Lärmeinwirkungen für die Nachbarschaft verbunden seien. Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsteller seien die Immissionswerte der TA Lärm hier zur Bestimmung der Zumutbarkeitsschwelle heranzuziehen. Die dort geregelte Möglichkeit für eine „Nachtzeitverschiebung“, wonach unter bestimmten Voraussetzungen für die Nachtzeit die höheren Immissionsrichtwerte für die Tagzeit angewendet werden könnten, lägen nicht vor. Auch könne mit einer Verschiebung der Nachtzeit (etwa auf 23:00 Uhr bis 7:00 Uhr) eine achtstündige Nachtruhe für die Nachtbarschaft nicht sichergestellt werden. In der Altstadt sei nämlich bereits um 6 Uhr mit Lärmemissionen durch die Müllabfuhr und den Busverkehr zu rechnen. Nach den von der Antragstellerin vorgelegten simulierten Geräuschimmissionsmessungen (bei einer Belegung von 26 Sitzplätzen, „normaler“ Sprechlautstärke und 13 sprechenden Personen) werde an den zum Innenhof gelegenen Fenstern der Nachbarhäuser ein Beurteilungspegel von 57 dB(A) erreicht und der maßgebliche Richtwert für die Nachtzeit von 40 dB(A) damit deutlich überschritten. Die der Simulation zugrundeliegende Bedingungen erschienen der Kammer plausibel. Dagegen sei es nicht plausibel, wenn die Antragstellerin einerseits vortrage, eine Vorverlegung der Sperrzeit von 23:00 Uhr auf 22:00 Uhr führe zu erheblichen Einnahmeeinbußen und einer existentiellen Gefährdung ihres Betriebes, andererseits aber in diesem Zeitraum von einem Regelbetrieb der Außengastronomie mit nur 5 Gästen ausgehe. Selbst eine Belegung von 5 Gästen habe entsprechend der Messung vom 27.06.2014 aber zu einer klaren Überschreitung des Immissionsrichtwertes geführt. Eine noch höhere Überschreitung sei deshalb anzunehmen, wenn bei der Berechnung die Geräuschimmissionen von mehr als 5 Gästen zu berücksichtigen wären. Angesichts der prognostizierten erheblichen Überschreitung der Immissionsrichtwerte stellten die von der Antragstellerin herangeführten Belange (soziale Akzeptanz der Außengastronomie, Anzahl der Lärmbetroffenen, Häufigkeit abendlicher Gastronomie, wirtschaftliche Bedeutung der Außengastronomie nach 22:00 Uhr) weder das Vorliegen schädlicher Lärmeinwirkungen noch die Verhältnismäßigkeit der ergangenen Verfügung in Frage. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Nachbarn die von der Außengastronomie der Antragstellerin ausgehenden Lärmimmissionen über einen langen Zeitraum hinweg widerspruchslos geduldet hätten, zumal erst im Jahre 2009 zugunsten der Antragstellerin die Anzahl der Sitzplätze im Außenbereich von 26 auf 30 erweitert und die Sperrzeit von 21:00 Uhr auf 23:00 Uhr verkürzt worden sei.
Der Beschluss vom 14.07.2015 (7 K 1459/15) ist nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einlegen.