Sinsheim – Seit es Automobile gibt hat man bei Rekordfahrten versucht, die Grenzen des technisch Machbaren auszuloten. Ein Beispiel ist das im Auto & Technik Museum Sinsheim ausgestellte Raketenauto „The Blue Flame“, das 1970 auf dem Bonneville-Salzsee über 1000 km/h erreichte und damit das schnellste Landfahrzeug seiner Zeit war.
Bereits mehr als 60 Jahre vorher stellte ein Fahrzeug aus Mannheim einen noch spektakuläreren Rekord auf, denn es war damals nicht nur das schnellste Landfahrzeug, sondern auch schneller als jedes Flugzeug und jedes andere von Menschenhand gebaute technische Gerät. Die Rede ist vom „Blitzen Benz“, einem speziell für Rekordfahrten von Benz in Mannheim gebauten Rennwagen, der 1909 als erstes Fahrzeug überhaupt die magische Geschwindigkeitsgrenze von 200 km/h überschritt. Bis zum Beginn des nächsten Jahres kann ein solcher Wagen jetzt im Auto & Technik Museum Sinsheim besichtigt werden.
Als im Frühjahr 1909 bei Benz die Entscheidung fiel, die Geschwindigkeitsgrenze von 200 km/h anzugreifen, war klar, dass hierfür in erster Linie eins erforderlich war: jede Menge Motorleistung. Und da damals schnelldrehende Motoren noch nicht realisierbar waren, ließ sich die erforderliche Leistung nur durch eine Erhöhung des Hubraums erzielen. So entstand ein Vierzylinder-Monster mit nicht weniger als 21,5 Litern Hubraum, dass bei nur 1600 / min eine Leistung von gut 200 PS abgab. Bis heute ist dies der hubraumstärkste PKW-Motor, der von Benz bzw. Daimler-Benz gebaut wurde.
Gut, dass genau in diesem Jahr in England die weltweit erste Rennstrecke, das berühmte Brooklands-Oval, fertig wurde. Mit den beiden Steilkurven war dies genau das richtige Terrain für den Boliden aus dem Badischen. Am 8. November 1909 trat der Wagen in England an und stellte mühelos einen neuen absoluten Geschwindigkeitsrekord über den fliegenden Kilometer von 202,7 km/h auf. Nur nebenbei bemerkt: auf öffentlichen Straße galt damals in England ein Tempolimit von 32 km/h!
Weitere Rekorde folgten. 1911 raste Bob Burman in einem Blitzen-Benz mit einer Geschwindigkeit von 228,1 km/h über die Sandpiste am Strand von Daytona. Dieser Rekord für das schnellste Landfahrzeug blieb bis 1919 ungebrochen.
Insgesamt wurden sechs Fahrzeuge gebaut. Zwei davon fuhren in den USA, und dort erhielten sie wegen ihrer für die damaligen Verhältnisse exorbitanten Geschwindigkeiten auch den charakteristischen Namen „Blitzen Benz“. Eines dieser Gefährte ist jetzt in seine Heimatregion zurückgekehrt und kann die nächsten Monate im Auto & Technik Museum Sinsheim bewundert werden.