Weinheim-Ritschweier – Das ganze Dorf war auf den Beinen, als Karl Friedrich Kippenhan, Ortsvorsteher von Weinheims kleinstem Ortsteil Ritschweier, am Sonntag zu einem Empfang für die derzeit berühmteste Bürgerin eingeladen hatte: Für die 21-jährige Skifahrerin Lea Bouard. Die junge Athletin, die in Ritschweier aufgewachsen ist, hat die deutschen Farben bei den Olympischen Winterspielen auf der Buckelpiste vertreten. In Südkorea hatte sie zwar den Einzug in die Endrunde verpasst, aber für die Menschen in Ritschweier ist die freundliche junge Frau dennoch ein Star.
Und Weinheim legte im internationalen Skizirkus an Bekanntheit deutlich zu; nicht nur Ortsvorsteher Kippenhan hatte am Fernsehgerät verwundert gehört, Ritschweier liege „bei Karlsruhe“. Lea Bouard kümmert sich jetzt darum, dass spätestens in vier Jahren in Peking jeder Skisportfan weiß, wo ihr Heimatort liegt.
Oberbürgermeister Heiner Bernhard, in eigenen Worten ein „Spätberufener“ in Sachen Skifahren, kam mit dem Goldenen Buch der Stadt unterm Arm in den Ortsteil, damit sich das Olympiaküken dort eintragen konnte. Sie tat dies gemeinsam mit Ortsvorsteher Kippenhan und ihrer Mutter Birgit, die in Ritschweier schon geboren und aufgewachsen ist. Am „Kalten Herrgott“ hat sie selbst Ski fahren gelernt, dann im Frankreich-Urlaub einen in den Alpen ansässigen Skilehrer und Inhaber eines Skifachgeschäftes namens Gilles Bouard kennengelernt. Die beiden haben geheiratet – und so entstand die Familie Bouard. Vor 21 Jahren kam die kleine Lea auf die Welt, sie hat noch einen Bruder namens Adrien. Auch er ist Freestyle-Skifahrer. Beide Bouards haben übrigens beide Staatsbürgerschaften und könnten sowohl für Deutschland als auch für Frankreich international starten.
Ihre Kindheit hat Lea teilweise im Weinheimer Odenwald, teilweise auch in Annecy verbracht. Dort ist ihr Talent zur Olympionikin auch gereift; mittlerweile studiert sie in Frankreich auch Sportmarketing.
Aber ihr Zuhause ist Ritschweier, das wurde beim Empfang deutlich. Jeder kennt das fröhliche Mädchen aus der „Großfamilie Wolf“, wie Ortsvorsteher Kippenhan zu erklären versuchte. Hier hat sie die meiste Zeit ihrer Kindheit verbracht, sie pflegt eine enge Verbindung zu Cousins und Cousinen, der weiteren Verwandtschaft und Jugendfreunden im Ort. Im August verpasste sie in Weinheim keine Kerwe und „jobbt“ in der Straußwirtschaft „Gschmacksach‘“, zu deren Betreibern ihr Onkel Rainer Bickel gehört. Im August fährt man wenig Ski, das passt also.
Als Spitzensportlerin ist sie heute in der ganzen Welt unterwegs, trainiert mal in Österreich mal in Norwegen. Das ist nicht immer einfach, auch finanziell nicht. Denn die Buckelpiste gilt beim Deutschen Skisportverband noch nicht als derart medaillenträchtig, dass die Sportler viel Förderung erhalten. Auch die Reisekosten nach Pyeongchang mussten die Bouards zum Beispiel selbst bezahlen.
Ob das in vier Jahren in Peking anders sein wird?