Heidelberg – Die für 12. und 13. März 2018 durch die Gewerkschaft ver.di ausgerufenen Arbeitskampfmaßnahmen am Universitätsklinikum Heidelberg werden aufgrund der außergewöhnlichen und schwierigen aktuellen Versorgungssituation am Universitätsklinikum und in der Region verschoben.
Das Klinikum verzeichnet derzeit als Folge der Grippewelle einen hohen Zustrom von Patienten, die eine stationäre Behandlung und eine Überwachungssituation benötigen sowie eine erhöhte Krankheitsrate bei den Mitarbeitern. Auch kommen, nach Auskunft des Gesundheitsamtes des Rhein-Neckar-Kreises, viele Kliniken der Region grippebedingt an ihre Versorgungsgrenzen und sind nicht in der Lage, weitere beatmungspflichtige Patienten aufzunehmen. Ein zweitägiger Warnstreik am Universitätsklinikum – wie er ursprünglich von ver.di geplant war – hätte solch eine Verlegung von Patienten in Nachbarkliniken notwendig gemacht. Um dieser prekären medizinischen Versorgungslage Rechnung zu tragen, hat sich die ver.di-Streikleitung nach langen intensiven Beratungen zu dem weitreichenden Schritt entschlossen, den für kommende Woche angesetzten Streik auf den 22. und 23. März zu verschieben.
Ein Schritt, den das Klinikum begrüßt. Professorin Dr. Annette Grüters-Kieslich, Leitende Ärztliche Direktorin erklärt: „Als Klinikum der Maximalversorgung müssen wir jederzeit in der Lage sein, gefährdete neue Patienten aufzunehmen. Wir sind aktuell aufgrund der Vielzahl an grippalen Infekten bereits an unsere Grenzen gestoßen. Bei einem Streik wären wir nicht mehr in der Lage gewesen, diese Notversorgung zu garantieren. Insofern begrüßen wir den umsichtigen und notwendigen Schritt der ver.di-Streikleitung, den Streik zu verschieben. “
Edgar Reisch, Pflegedirektor, ergänzt: „Die Verschiebung des Streikes ist eine Folge der aktuellen sehr hohen Belegung unseres Hauses, vielfach auch mit sehr kranken Patienten. Die Verschiebung zeigt aber auch, dass beide Verhandlungspartner das Wohl der Patienten und Mitarbeiter im Fokus haben. Wir sollten die zeitliche Verschiebung für zielführende Verhandlungsgespräche nutzen, so dass wir im Idealfall unseren Patienten die angekündigte Streikbelastung in wenigen Wochen ersparen können.“
In der aktuellen Tarifauseinandersetzung geht es u. a. um Mindestpersonalbesetzungen in allen Pflege- und Funktionsbereichen (z.B. OP, Anästhesie) und ein strukturiertes Ausfallmanagement. Die Gespräche zwischen dem Arbeitgeberverband der baden-württembergischen Universitätsklinika (AGU) und ver.di werden am heutigen Freitag fortgesetzt.
Aktueller Stand der Verhandlungen
Nach dem letzten Verhandlungstermin am 23.2. haben sich der Arbeitgeberverband der baden-württembergischen Universitätsklinika (AGU) und ver.di darauf geeinigt, folgende Punkte umzusetzen:
- Festlegung von Regelbesetzungen für 10 bis 20 Stationen pro Standort, auf die sich Arbeitgeber und Personalrat vor Ort jeweils verständigen
- Regelbesetzung im Nachtdienst von mind. zwei Pflegekräften pro Station
- Aufbau eines Mitarbeiter-Pools, für kurz-, mittel- und langfristige Ausfälle
- Qualifizierungsmaßnahmen für nicht examinierte Pflegekräfte
- 120 zusätzliche Vollkräfte im Pflege- und Funktionsdienst
- Festlegung einer kalkulatorischen Ausfallquote auf lokaler Ebene für die Ermittlung der Regelbesetzungen. Der Orientierungswert liegt bei 20 Prozent.
- Tarifvertragliche Verpflichtung für ein arbeitgeberseitiges Ausfallmanagement auf lokaler Ebene
- Evaluation nach 24 Monaten, ggf. Erweiterung bzw. Weiterentwicklung des Systems
- Unabhängig der o.g. tariflichen Angebote hat der Vorstand des Universitätsklinikums Heidelberg beschlossen, 64 Vollkräfte für den Pflegedienst für das Jahr 2018 einzustellen. Dieser Personalaufbau findet zusätzlich zum Ausgleich der natürlichen Fluktuation (ca. 6,8 % am Klinikum) statt.
Über den noch offenen Punkt „Umsetzung des Ausfallmanagements“ wird am 9. März erneut gesprochen werden.