Heidelberg – Wenn Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek schreibt, reagiert sie auf die Welt, die uns umgibt: klug und wortgewaltig. Ihr allerneustes Stück begann sie am Tag nach Donald Trumps Wahlsieg. Ein Teil des Textes wurde im März 2017 in New York vorgestellt.
„Ich schreibe nur, was ich mir vorstelle, und vieles kann ich mir nicht einmal mehr vorstellen“, sagte Jelinek anlässlich der Präsentation in New York. Entstanden ist ein provokanter Kommentar auf den Mann, der Amerika „great again“ machen will und die Nachrichtenwelt vor allem durch seine Tweets regiert. Politische Ankündigungen, unflätige Tiraden, beleidigende Worte auf 140 Zeichen. Jelinek schreibt ein modernes „Königsdrama“ und thematisiert radikal ihr eigenes Schreiben als Autorin. Was bleibt noch zu sagen angesichts eines Königs, der auf seinem Weg an die Macht alles zerbricht, was ihm im Weg steht. Der Widerstand seiner Gegner lässt ihn wachsen, wie eine Hydra, der immer wieder neue Köpfe wachsen.
Die Uraufführung des Stückes fand im Oktober 2017 am Schauspielhaus Hamburg statt. Am Theater und Orchester Heidelberg gibt die Regisseurin Mirja Biel am 14. April um 19.30 Uhr im Alten Saal mit ihrer Inszenierung ihr Heidelberger Regiedebüt. Ihre Arbeiten zeichnen sich durch starke ästhetische Setzungen, einen gesellschaftspolitischen Blick und einen vielschichtigen Zugriff auf klassische Stoffe aus. Fünf Schauspielerinnen leihen Jelineks kraftvollem Text ihre Stimmen. Werden die warnenden Stimmen der Seherinnen im modernen Königsdrama erhört oder ereilt sie das gleiche Schicksal wie die griechische Kassandra, deren Prophezeiungen niemand glaubte? Auf der politischen Bühne ist der „König“ trotz aller Kritik noch nicht wieder in der Kulisse verschwunden.
Elfriede Jelinek ist eine österreichische Schriftstellerin, die abwechselnd in Wien und in München lebt. Neben dem Literaturnobelpreis, den sie 2004 für „den musikalischen Fluss von Stimmen und Gegenstimmen in Romanen und Dramen, die mit einzigartiger sprachlicher Leidenschaft die Absurdität und zwingende Macht der sozialen Klischees enthüllen“ (aus der Begründung der Preisvergabe) erhielt, wurden ihre Arbeiten mit zahlreichen weiteren Preisen, Auszeichnungen und Ehrungen geehrt, u. a. 2017 mit dem renommierten Theaterpreis FAUST für ihr Lebenswerk. Jelinek schreibt konsequent gegen Missstände in allen Lebensbereichen, öffentlich, privat und politisch, an. Sie verfasste bisher Romane, Dramen, Hörspiele, Essays, Lyrik, Drehbücher, Libretti. Außerdem ist sie auch als Übersetzerin und Sprecherin tätig. Elfriede Jelinek zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen GegenwartsautorInnen.
Die Regisseurin und Bühnenbildnerin Mirja Biel studierte nach einer Ausbildung zur Theatermalerin zunächst Literatur-, Kunstgeschichte sowie Theaterwissenschaft in Berlin. 2003 begann sie ihr Studium der Theaterregie an der Theaterakademie Hamburg. Bis 2014 arbeitete sie als Regieduo Biel/Zboralski zusammen mit dem bildenden Künstler Joerg Zboralski. Gemeinsam inszenierten sie u. a. am Deutschen Theater Göttingen, am Theater Bremen und am Nationaltheater Mannheim. Dabei entwarfen sie z. B. die Bühnenbilder für ihre Arbeiten. Von 2013−2016 war Mirja Biel Hausregisseurin am Theater Bonn, wo sie u. a. „Leonce und Lena“, „Werther X“, „Welt am Draht“ und „Radikal“ inszenierte. In der Spielzeit 2017|18 arbeitete sie u. a. am Theater Lübeck und am Schauspiel Leipzig. „Am Königsweg“ ist ihre erste Arbeit am Theater und Orchester Heidelberg. – Es spielen: Elisabeth Auer, Nicole Averkamp, Sheila Eckhardt, Katharina Uhland, Katharina Quast.
Für alle interessierten Besucher beginnt um 18.45 Uhr die Werkeinführung. – Weitere Informationen und Tickets: www.theaterheidelberg.de; 06221|5820.000