Germersheim – Um einer irrigen Annahme wiederholt entgegenzutreten, weist die Kreisverwaltung Germersheim erneut darauf hin, dass die Kreisverwaltung nicht Genehmigungsbehörde für Versammlungen ist. Versammlungen müssen nicht genehmigt werden. Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht, für dessen Ausübung keine Erlaubnis erteilt werden muss.
Das Versammlungsgesetz sieht keine Genehmigung für Versammlungen unter freiem Himmel vor. Wer eine Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug veranstalten möchte, muss dies lediglich bei der zuständigen Behörde anmelden. Zuständig ist in Rheinland-Pfalz die Kreisverwaltung; in anderen Bundesländern ist diese Aufgabe vollständig der Polizei übertragen.
Durch die Anmeldung einer Versammlung – die innerhalb der gesetzlichen 48-Stunden-Frist zu erfolgen hat – wird die Behörde insbesondere in die Lage versetzt, Auflagen im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu prüfen und vor einer Versammlung zu erlassen.
Die Versammlungsbehörde kann das Versammlungsrecht einschränken, muss dabei aber immer das mildeste Mittel wählen. Verbot oder Auflage sind nur möglich, wenn zum Zeitpunkt einer entsprechenden Verfügung klar zu erkennen ist, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch diese Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Es müssen konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Bloße Vermutungen und Befürchtungen reichen nicht aus.
Behörde und Anmeldende sollen nach Versammlungsrecht und einschlägiger Rechtsprechung miteinander kooperieren. In den hierzu stattfindenden Kooperationsgesprächen weist die Versammlungsbehörde auf unterschiedliche Interessenlagen hin und sucht mit den Beteiligten nach Lösungen, um einen möglichst störungsfreien Verlauf zu gewährleisten. Es soll dabei ein Kompromiss gefunden werden, der allen Interessen/Beteiligten gerecht wird. Es ist dabei das Recht auf Durchführung einer Versammlung sowie das Recht auf Durchführung einer Gegen-Versammlung mit dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Ausgleich zu bringen.
Die nötige Gefahrenprognose obliegt der Kreisverwaltung als Versammlungsbehörde. Dabei bedient sich die Kreisverwaltung des Sachverstandes der Polizei. Die Leitung des Polizeieinsatzes am Tag der Versammlung/en obliegt der Polizei.
Die Grundrechte der Menschen in Kandel sind natürlich betroffen. In Kandel finden mittlerweile regelmäßig wiederkehrend insbesondere in der Kernstadt mehrere Demonstrationen statt. Kollidieren verschiedene Grundrechte oder stehen sich unterschiedliche Interessenslagen gegenüber, muss die Versammlungsbehörde abwägen und einen entsprechenden Kompromiss herbeiführen. Beeinträchtigte Rechte Dritter können dann in die Abwägung mit einfließen, wenn hierzu konkrete Tatsachen bekannt und nachgewiesen sind. Bloße Störungen oder befürchtete Übergriffe genügen für behördliche Einschränkungen der Versammlungsfreiheit nicht. Das BVerfG hat hierzu entschieden, dass solche Beeinträchtigungen, die typischerweise mit der Massenhaftigkeit der Ausübung der Versammlungsfreiheit einhergehen, von der Allgemeinheit ertragen werden müssen. Über Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hinaus gibt es eine umfangreiche Einzelfallbesprechung, die sich mit den Aspekten „Auflagen“ und „Verbot“ befassen.
„Wir sehen die Problemlage der Menschen in Kandel und wollen ihnen helfen, damit auch ihre Grundrechte gewahrt werden“, so Landrat Fritz Brechtel. „Die Stadt Kandel mit ihren engen Gassen kann die Demonstrationen kaum mehr ertragen. Die Menschen in Kandel sind stark beeinträchtigt und haben aus Angst vor den Demonstranten schon Veranstaltungen abgesagt. Handel und Gewerbe ist betroffen. Soweit dies rechtlich möglich ist, sollten Versammlungen in der Innenstadt verhindert werden – was allerdings äußerst schwierig sein dürfte“, erklärt Landrat Dr. Brechtel. „Ob es im Einzelfall gelingen kann, z.B. den Markplatz von Versammlungen freizuhalten, dürfte rechtlich umstritten sein. Hierzu brauchen wir u.a. mehr konkrete Fakten. Die Mitarbeiter der Kreisverwaltung sammeln derzeit sämtliche Fakten, die bei der Prüfung von künftigen Auflagen mit einbezogen werden. Mit den betroffenen Bürgern und Gewerbetreibenden haben wir bereits Gespräche aufgenommen“, ergänzt der Jurist und Erste Kreisbeigeordnete Christoph Buttweiler.