Frankfurt am Main – Die vor zwei Jahren beschlossene Einrichtung einer Stiftungsprofessur für „Zoo-/Wildtierbiologie und Systematik“ ist jetzt mit der Berufung der Amphibien-Expertin Dr. Lisa Maria Schulte zu einem erfolgreichen Abschluss gekommen. Die Biologin kommt von der Universität Brüssel, wo sie zuletzt erforschte, wie Froschlurche über Sexual-Lockstoffe (Pheromone) kommunizieren.
Der Zoo und der Fachbereich Biowissenschaften der Goethe-Universität betreiben seit vielen Jahren anwendungsorientierte sowie interdisziplinäre Grundlagenforschung an Zoo- und Wildtieren. „Diese Kooperation wird durch die gemeinsame Qualifikationsprofessur ausgebaut, um in Zukunft wichtige Erkenntnisse für den Arten- und Naturschutz zur Verfügung zu stellen. Denn neben Bildung, Naturschutz und Erholung ist die Generierung und Bereitstellung zoologischer Forschungsergebnisse eine zentrale Aufgabe moderner Zoos“, sagt Ina Hartwig, Dezernentin für Kultur und Wissenschaft.
In Frankfurt wird Lisa Maria Schulte ihre Arbeit über die chemische Kommunikation bei Amphibien fortsetzen. Es geht dabei nicht nur um Pheromone, sondern ganz allgemein um chemische Signale, die sowohl zwischen den Tieren derselben Art als auch zwischen verschiedenen Arten ausgetauscht werden. Bisher fand die Forschung der Biologin vor allem im Lebensraum ihrer Studienobjekte in Peru und Mexiko statt. Untersuchungen bei Zootieren bieten darüber hinaus die Möglichkeit, gezielt Fragestellungen zu bearbeiten, die in der Natur sehr viel schwieriger oder gar nicht zu beantworten sind.
Die Forscherin kann sich gut vorstellen, ihre Arbeit auch auf weitere Tierarten auszudehnen. „Insbesondere bei Säugetieren gibt es einige Verhaltensexperimente, in denen die Kommunikation mittels Pheromonen untersucht wurde. Viele dieser Studien wurden in Zoos durchgeführt, vorwiegend an Arten, mit denen sich die Arbeit in der freien Wildbahn als schwierig erweist. Aber auch bei Fischen, Vögeln und Reptilien mehren sich die Hinweise, dass, wie wir inzwischen auch bei den Amphibien zeigen konnten, chemische Kommunikation wesentlich weiter verbreitet ist als bisher angenommen“, so Lisa Schulte.
Die Universität wird Lisa Schulte auch in die Lehre einbinden. Im Masterstudiengang Ökologie und Evolution ist ein Modul zur „Zoo- und Wildtierbiologie“ geplant, das praktische Arbeit im Frankfurter Zoo beinhaltet. „Mir ist es wichtig, den Studierenden auch zu vermitteln, wie wichtig der Zoo für die Arterhaltung und die Forschung ist“, sagt die Biologin.
„Die Goethe-Universität und der Zoo Frankfurt bieten für die Arbeiten von Lisa Schulte exzellente Voraussetzungen, denn an beiden Einrichtungen untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaflter unterschiedlicher Fachrichtungen sowohl ökologische, physiologische, evolutionsbiologische, genetische und verhaltensbiologische Fragestellungen. Die gewonnenen Erkenntnisse sind Voraussetzung für einen wissenschaftlich begründeten Artenschutz, für Konzepte der ökologischen Nachhaltigkeit und Nutzung natürlicher Ressourcen sowie für ein immer vollständiger werdendes Bild der Anpassungsfähigkeit von Wildtieren an den gobalen Wandel“, erklärt Prof. Sven Klimpel, Dekan des Fachbereichs Biowissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt, der als wissenschaftlicher Koordinator fungiert und das Projekt als Ideengeber und Initiator maßgeblich mitgestaltet hat.
Für den Zoo bedeutet die Kooperation neue Optionen im Bereich Forschung. „Wir im Zoo Frankfurt freuen uns ganz besonders über die nun eröffnete Möglichkeit, zusammen mit Prof. Schulte und ihrem Team den Forschungsauftrag, den die Zoos nicht nur vom Gesetzgeber, sondern sehr viel länger auch schon aus eigener Verantwortung zu ihren Hauptaufgaben zählen, nun auch formell auf ein festes Fundament stellen zu können. Dies bietet die große Chance, mit soliden wissenschaftlichen Ergebnissen unsere Anstrengungen beim Erhalt der biologischen Vielfalt zu stärken“, betont Zoodirektor Miguel Casares
Finanziert wird die Professur zunächst für fünf Jahre durch den Zoo Frankfurt mit insgesamt 250.000 Euro. Nach dieser Zeit wird die Professur von der Goethe-Universität übernommen und verstetigt. Die Professur erhält modernste Labor- und Büroräume im Biologicum auf dem Campus Riedberg, die Nutzung des dortigen Tierhauses und eine personelle Ausstattung.
Kurzvita Lisa Maria Schulte
Lisa Maria Schulte, Jahrgang 1983, studierte Biologie an der Philipps-Universität Marburg. Bereits während ihrer Diplomarbeit beschäftigte sie sich mit dem Brutverhalten dreier Froscharten im Regenwald von Nordost Peru, die sie vor Ort mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes erforschte. Für ihre Doktorarbeit an der Universität Trier erhielt sie ein Promotionsstipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Ihr Forschungsgegenstand war die chemische Kommunikation beim Brutpflegeverhalten von Pfeilgiftfröschen. Nach einem Jahr an der East Carolina University in den USA war sie von März 2015 bis April 2018 Postdoktorandin an der freien Universität Brüssel. Ihre Untersuchung über Sex-Pheromone bei Laubfröschen wurde durch ein Forschungsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.