Mannheim / Karlsruhe – Die Klage der Betreiberin eines ehemaligen Cafés auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses für den Stadtbahntunnel in Karlsruhe um eine Entschädigungsregelung wegen Beeinträchtigungen ihres Geschäftsbetriebs infolge der Bauarbeiten für das Vorhaben hat Erfolg. Das hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem heute verkündeten Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26. April 2018 entschieden.
Die Klägerin betrieb von 2003 bis Ende März 2012 ein Café im Gebäude Postgalerie am Europaplatz in Karlsruhe. Seit April 2010 wurden im Bereich des Europaplatzes auf Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses für den Stadtbahntunnel vom 15. Dezember 2008 Bauarbeiten zur Herstellung einer unterirdischen Haltestelle durchgeführt. Im Zuge der Baumaßnahme wurden – auch vor dem Café der Klägerin – Bauzäune aufgestellt, die eine Querung des Europaplatzes erschwerten und den Zugang zur Postgalerie einschränkten.
Am 16. April 2014 beantragte die Klägerin beim Regierungspräsidium Karlsruhe, den Planfeststellungsbeschluss um eine Regelung zu ergänzen, nach der ihr eine Entschädigung wegen der baubedingten Beeinträchtigungen ihres Geschäftsbetriebs zustehe. Infolge der Baumaßnahmen seien kaum noch Gäste in ihr Café gekommen. In der Folge seien ihre Umsätze dramatisch zurückgegangen und sie habe ihr Café Anfang des Jahres 2012 schließen müssen. Das Regierungspräsidium lehnte den Antrag ab. Zwar ermögliche der Planfeststellungsbeschluss für unerwartete unzumutbare Folgen die nachträgliche Aufnahme einer Entschädigungsregelung. Die von der Klägerin geltend gemachten Einschränkungen seien jedoch absehbar gewesen. Zudem habe die Vorhabenträgerin der Klägerin bereits kurzfristig nach Beginn der Baumaßnahme eine Entschädigung ausgezahlt und eine weitere Entschädigung angeboten. Unter diesen Umständen bestehe kein Anspruch auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um eine Entschädigungsregelung. Mit der am 9. Oktober 2015 erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter.
Zur Begründung hat der Vorsitzende des 5. Senats bei der mündlichen Urteilsverkündung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe nach den Maßstäben des Planfeststellungsbeschlusses vom 15. Dezember 2008 dem Grunde nach einen Anspruch auf Entschädigung und damit auf nachträgliche Aufnahme einer entsprechenden Regelung in den Planfeststellungsbeschluss. Infolge der erheblichen Überschreitung der ursprünglich prognostizierten Bauzeit für die Errichtung der Decke der unterirdischen Haltestelle am Europaplatz und wegen der auch im Verhältnis zu anderen Gewerbetreibenden besonders ausgeprägten negativen Auswirkungen der Baustelle auf die geschäftlichen Erträge sei der Geschäftsbetrieb der Klägerin in einem Ausmaß belastet worden, das bei Erlass des Planfeststellungbeschlusses nicht zu erwarten gewesen sei und das entschädigungslos nicht mehr zugemutet werden könne. Dem Anspruch auf Aufnahme einer Entschädigungsregelung in den Planfeststellungsbeschluss stehe auch nicht entgegen, dass die Vorhabenträgerin bereits freiwillig im Rahmen des von ihr betriebenen Unterstützungsmanagements während der Bauphase Entschädigungsleistungen angeboten und auch ausgezahlt habe. Allerdings werde sich die Klägerin diese Zahlungen anrechnen lassen müssen, wenn nunmehr das Regierungspräsidium in einem weiteren Verwaltungsverfahren die Höhe der zustehenden Entschädigung festzustellen habe.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden (5 S 2027/15).
Hinweis: Die Klage eines Elektronikfachmarkts auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses blieb 2017 erfolglos (Pressemitteilung des VGH vom 20. April 2017).