Bewegungsparcours
Das aktive Krankenhaus – Patienten nutzen den Bewegungsparcours im Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie der Universitätsmedizin MainzBildquelle: Peter Pulkowski (Universitätsmedizin Mainz)

Mainz – In der Bewegung liegt die Kraft – und das Geheimnis einer früher Rehabilitation: Nach großen Operationen wie der Implantation einer Hüft- oder Knieendoprothese lassen sich Komplikationen um 30 bis 50 Prozent reduzieren, wenn der Patient sich schon ab dem Operationstag wieder selbständig bewegt.

Zudem kann der Patient nach einer solcher Operation schon nach fünf bis sieben statt der sonst üblichen durchschnittlichen 12 Tagen wieder nach Hause. Basierend auf diesem Wissen bieten das Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie und das Institut für Physikalische Therapie, Prävention und Rehabilitation der Universitätsmedizin Mainz den Patienten einer Modellstation ein bewegungsförderndes Umfeld samt Bewegungsparcours. Die Innovationen sind ein wichtiger Teilaspekt der neuen, konsequent auf frühzeitige Selbstständigkeit des Patienten ausgerichteten Behandlung des Zentrums.

Die ganzen 100 Meter von der Start- bis zur Ziellinie selbständig gehen, das operierte Bein auf eine Stufe stellen, das Bein dort beugen und dann wieder strecken, sich festhalten und dann auf seine Zehenspitzen stellen – dies sind nur einige der Übungen, mit denen ein Patient sein frisch implantiertes neues Hüft- oder Kniegelenk schon ganz früh nach der Operation aktiv nutzen kann, um entscheidend zum Behandlungserfolg beizutragen. Denn je früher Patienten mit einer Hüft- oder Knieendoprothese wieder mobil sind, umso schneller genesen sie. Der nun eingeweihte Bewegungsparcours im Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie hilft ihnen dabei. Dem Ziel einer schnelleren Rehabilitation mittels einer aktiveren Rolle des Patienten im Behandlungsprozess dienen zudem digital gesteuerte, mit speziellen Sensoren ausgestattete spielerische Bewegungsübungen. Zu den optimierten Rahmenbedingungen des Heilungsprozesses zählt darüber hinaus das neu eingerichtete „Wohnzimmer“ der Modellstation. Es soll als Treffpunkt für die Patienten dienen, um sich beispielsweise über ihre Bewegungsfortschritte auszutauschen, gemeinsam zu essen oder auch Fernseh zu schauen. Denn auch die soziale Komponente wirkt bewegungsmotivierend – statt alleine im Krankenzimmer im Bett zu liegen, hat der Patient die Option in den Gemeinschaftsraum zu gehen. Dieser bietet ihm durch seine unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten zudem die Möglichkeit, seine Tage auf Station selbstständig zu gestalten.

„Wir sind auf dem Weg zum aktiven Krankenhaus. In der modernen Arzt-Patienten-Beziehung wird der Patient während der Therapie zum aktiven, mitverantwortlichen Partner. Bewegungsfördernde Umfelder, frühzeitige Selbstständigkeit des Patienten und damit kürze Liegezeiten sind eine Entwicklung, die nicht nur die Versorgungsqualität in der Universitätsmedizin Mainz weiter steigert, sondern zudem das Bild der Krankenhäuser in Zukunft grundlegend verändern werden“,

erklärt der Vorstandsvorsitzende und Medizinische Vorstand der Universitätsmedizin Mainz Univ.-Prof. Dr. Norbert Pfeiffer.

Der stellvertretende Direktor des Zentrums für Orthopädie und Unfallchirurgie und Leiter der Orthopädie und Rheumaorthopädie der Universitätsmedizin Mainz Univ.-Prof. Dr. Philipp Drees erläutert den Gesamtkontext der Neuerungen:

„Die hier vorgestellten Maßnahmen sind Teil des Projekt PROMISE (PROzessoptiMIerung durch interdisziplinäre und SEktorenübergreifende Versorgung bei Patienten mit Hüft- und Knieendoprothesen). Dabei handelt es sich um ein vom Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) über drei Jahre mit 5,1 Millionen Euro gefördertes Projekt. Es dient einem optimierten und standardisierten Gesamtversorgungsprozess samt Best Practice-Leitfaden der zwei häufigsten in Deutschland durchgeführten Operationen: Hüft- und Knieendoprothesen. Jährlich werden rund 400.000 implantiert – Tendenz steigend.“

„Wir wollen erreichen, dass die Therapie praktisch keine Immobilitätsphase mehr beinhaltet. Dafür haben wir unsere Behandlung konsequent auf eine frühzeitige Selbstständigkeit des Patienten ausgerichtet. Das neu geschaffene und entsprechend gestaltete Umfeld soll den Patienten zur Bewegung motivieren. An den sechs festen Bewegungsstationen können die Patienten – anfangs angeleitet von Physiotherapeuten und dann eigenständig – jederzeit an der Bewegungsfunktion ihrer Beine arbeiten“,

betont der Direktor des Institut für Physikalische Therapie, Prävention und Rehabilitation der Universitätsmedizin Mainz Dr. Ulrich Betz. „Und weil eine verbesserte Versorgungsqualität und schnellere Genesung für unsere Patienten einen großen Zugewinn an Mobilität und Lebensqualität bedeutet, informieren wir sie auch schon vor der Operation rund um ihre Behandlung – derzeit im Rahmen einer eigenen Informationsveranstaltung und bald auch zusätzlich mittels einer mobilen Patienten-App für das Smartphone.“