Mainz – Wiesbaden (ots) – Im Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt an der 14-jährigen Susanna F. aus Mainz führt das Polizeipräsidium (PP) Westhessen unter der Sachleitung der Staatsanwaltschaft Wiesbaden das Ermittlungsverfahren. Daher ergehen Auskünfte zum laufenden Ermittlungsverfahren ausschließlich über die Staatsanwaltschaft Wiesbaden.
Nachdem sich die polizeilichen Erkenntnisse im Verlauf des Falles verdichten und ergeben, dass nicht nur die Suche nach Susanna F., sondern auch der Ermittlungsschwerpunkt in Wiesbaden liegen, erfolgt am 30. Mai 2018 die Übergabe des Vermisstenfalls und der vollständigen Ermittlungsakte vom PP Mainz an das PP Westhessen. Mit Beginn der Vermisstenanzeige bis zur Übernahme des Falles durch das PP Westhessen am 30. Mai 2018 standen beide Behörden fast täglich im Informationsaustausch, um Erkenntnisse zum Aufenthalt der Vermissten zu gewinnen. Ab diesem Zeitpunkt informiert das PP Westhessen die Öffentlichkeit und leitet weitere Such- und Fahndungsmaßnahmen ein. Diese Maßnahmen wären bei einer weiteren Zuständigkeit des PP Mainz selbstverständlich auch hier getroffen worden.
Zunächst möchte das PP Mainz eine große Betroffenheit und das Mitgefühl gegenüber den Angehörigen von Susanna F. ausdrücken. Die tief empfundene Anteilnahme gilt auch gegenüber der jüdischen Gemeinde in Mainz. Gleichwohl ist es das Recht von Angehörigen eines vermissten Mädchens, polizeiliche Maßnahmen kritisch zu hinterfragen. Es kann dabei eine Wahrnehmung entstehen, dass möglicherweise nicht alles Notwendige getan wurde, um Susanna F. wiederzufinden. Wir bitten jedoch vorab um Verständnis, dass aus ermittlungstaktischen Gründen nicht alle Einzelheiten aus der Vermisstensachbearbeitung vollumfänglich dargestellt werden können.
Am späten Abend des 23. Mai 2018, einen Tag nach dem Verschwinden von Susanna F., wird das Mädchen von ihrer Mutter beim PP Mainz als vermisst gemeldet. Zu diesem Zeitpunkt wird auch erstmals ihr zurückliegendes Fernbleiben von Zuhause und von der Schule bekannt. Unmittelbar im Anschluss an die Aufnahme der Vermisstenanzeige hat die Kriminalpolizei Mainz zahlreiche Maßnahmen in die Wege geleitet um Susanna F. aufzufinden: Unter anderem hat der Kriminaldauerdienst die Vermisste zur Fahndung in einer Fahndungsdatenbank ausgeschrieben. Diese Daten werden bei Personen-kontrollen abgeglichen und ermöglichen damit eine schnelle Feststellung, ob Personen als “vermisst” gemeldet sind oder gesucht werden. Zudem ist durch die Führungszentrale eine regionale und überregionale Funkfahndung ausgestrahlt worden. Umliegende Krankenhäuser sind telefonisch auf eine mögliche Behandlung von Susanna F. nach einem potenziellen Unfall überprüft worden. Ebenso wurde Susanna F. mit dem Hinweis “vermisst” in der bundesweiten Datenbank INPOL eingestellt. Diese Daten werden etwa bei Kontrollen an einer Grenze, an Bahnhöfen oder anderen Plätzen abgeglichen. Darüber hinaus wurden in Mainz und Wiesbaden polizeiliche “Funkfahndungen” mit der Beschreibung der Vermissten ausgestrahlt und Krankenhäuser überprüft.
Bei der Anzeigenerstattung wird bekannt, dass Susanna F. sich auch in Wiesbaden aufhalten könnte. Daher beginnt zu diesem Zeitpunkt die Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium Westhessen und eine Einbindung in die Fahndungsmaßnahmen. Einen Tag nach Anzeigenerstattung, am frühen Donnerstagmorgen, erfolgen weitere Ermittlungen durch das Fachkommissariat K1. Durch Befragungen von Personen im Umfeld der Vermissten werden weitere Erkenntnisse über verschiedene Kontaktpersonen und das Freizeitverhalten von Susanna F. erlangt. Ebenso werden Inhalte von WhatsApp-Nachrichten analysiert. Die dabei erlangten Informationen deuten auf einen regelmäßigen Aufenthalt von Susanna F. im Bereich Wiesbaden hin. In enger Abstimmung führen Polizeikräfte der Polizeibehörden in Mainz und Wiesbaden zahlreiche Abklärungen und Ermittlungen – schwerpunktmäßig in Wiesbaden – durch, die jedoch zu diesem Zeitpunkt erfolglos bleiben.
Die Kriminalpolizei Mainz nimmt angezeigte Vermisstenfälle, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, sehr ernst und mit der gebotenen Sensibilität entgegen. Die Aufnahme von Vermisstenanzeigen erfolgt nach einem standardisierten Verfahren. Jeder Vermisstenfall wird individuell als Einzelfall betrachtet und akribisch bearbeitet. In jedem einzelnen Fall werden die aktuell vorliegenden Informationen bewertet und eine Gefährdungsanalyse durchgeführt. Hierauf basierend trifft die Polizei alle rechtlich zulässigen und notwendigen Maßnahmen. Viele der in Zusammenhang mit einer Vermisstensuche stehenden Maßnahmen sind für Außenstehende jedoch nicht wahrnehmbar, da sie nicht öffentlich kommuniziert werden um den Ermittlungserfolg nicht zu gefährden.
Das Kommissariat 1 der Kriminaldirektion Mainz hat in 2017 insgesamt 858 Vermisstenmeldungen bearbeitet. Darunter 65 Meldungen, die Kindern betrafen und 699 Vermisstenmeldungen von Jugendlichen. Selbstredend fallen verschiedene Kinder und Jugendliche häufiger und mit mehreren Vermisstenmeldungen auf. Daher ist die Zahl an “Vermisstenmeldungen” nicht mit der absoluten Zahl vermisster Kinder und Jugendlicher gleichzusetzen. In allen Fällen, auch wenn sie bereits mehrfach als vermisst gemeldet wurden, werden in jedem Einzelfall Gefährdungsbewertungen und Abwägungen hinsichtlich der rechtlich zulässigen und tatsächlich gebotenen Ermittlungsmaßnahmen vorgenommen. Weit überwiegend kehren die Betroffenen in ihren gewohnten Lebenskreis zurück und die Maßnahmen werden zurückgenommen.