Mosbach – Baden-Württemberg blickt in diesem Jahr auf 200 Jahre Landesvermessung zurück. Am 25. Mai 1818 hatte König Ludwig I. von Württemberg per Dekret die Vermessung des gesamten Landes verfügt. Bereits 22 Jahre später waren sämtliche Grundstücke mit Grenzsteinen abgemarkt, in einem landesweiten System vermessen und damit die Grundlage für eine einheitliche Besteuerung, die Herausgabe eines flächendeckenden Landeskartenwerkes und die Sicherung des Grundeigentums im gesamten ehemaligen württembergischen Landesteil geschaffen.
Diese herausragenden Leistungen, deren Ergebnisse teilweise noch heute die Grundlage für die Feststellung von Grundstücksgrenzen und den Nachweis im Liegenschaftskataster darstellen, wurden vor Kurzem von Minister Peter Hauk MdL bei einem Festakt in Stuttgart gewürdigt. Doch was hat der ehemals badische Landesteil und insbesondere der Katzenbuckel im badischen Odenwald mit der württembergischen Landesvermessung zu tun? Diese Frage stellte der Leiter des Fachdienstes Vermessung im Neckar-Odenwald-Kreis, Herbert Frisch, seinen Auszubildenden. Im Rahmen der jährlich stattfindenden Präsentationen durch die Auszubildenden, die gemeinsam mit dem Fachdienst Flurneuordnung und Landentwicklung sowie dem Büro Schwing und Dr. Neureither durchgeführt werden, stellte Nora Schäfer, Auszubildende zur Vermessungstechnikerin im zweiten Lehrjahr beim Fachdienst Vermessung, das Ergebnis vor.
Um die örtlichen Vermessungen in einem landesweit einheitlichen Bezugssystem lagerichtig darstellen zu können, war es notwendig Festpunkte zu schaffen, von denen aus die Detailvermessungen durchgeführt werden konnten. Da man zur damaligen Zeit die Strecken über größere Entfernungen nicht mit ausreichender Genauigkeit messen konnte, war die Triangulation (Dreiecksmessung) das angesagte Mittel. Dabei wurde das gesamte Land mit gedachten Dreiecken überspannt, deren Seitenlängen bis zu 75 Kilometer betragen haben. Mit einem Theodolit (Winkelmessgerät) wurden die Winkel in den Dreieckspunkten gemessen. Mit den Formeln der Trigonometrie und einer einzigen, genau gemessenen kurzen Dreiecksseite, die als Basis diente, konnten so die Koordinaten und damit die exakte Lage aller Dreieckspunkte berechnet werden.
Da man auch die Randbereiche exakt erfassen musste, war es notwendig, Festpunkte in den angrenzenden Ländern zu verwenden. Und da kam für die württembergische Landesvermessung der Katzenbuckel ins Spiel. Denn als natürlicher Hochpunkt und der geplanten Errichtung eines Turmes war er idealerweise für die Dreiecksmessungen geeignet und bereits in die badische Triangulation eingebunden. Diese hatte Großherzog Karl Friedrich bereits 1806 auf Antrag von Johann Gottfried Tulla genehmigt. In Baden war sie Voraussetzung für die Durchführung der Rheinkorrektur (ab 1818), die topographische Landesaufnahme (1833 bis 1844), die Vermessung der Waldungen (1833 bis 1870) und für die Katastervermessung der Grundstücke (1852 bis 1934).
Nach der Grundsteinlegung im Herbst 1820 und anfänglichen Verzögerungen konnte der Turm auf dem Katzenbuckel im Jahre 1821 noch rechtzeitig fertig gestellt werden, so dass die Messungen für die badische und die württembergische Triangulierung durchgeführt werden konnten.
Der Messpfeiler auf dem Turm des Katzenbuckels ist für die Vermesser ein ganz besonderer Festpunkt. Als höchster Punkt im Odenwald und im Dreiländereck gelegen, wurde er auch für die Landesvermessungen in Bayern und Hessen verwendet. Im deutschen Hauptdreiecksnetz ist er heute als sogenannter „Trigonometrischer Punkt I. Ordnung“ ein bedeutender Festpunkt, der einzige dieser Hierarchiestufe im Neckar-Odenwald-Kreis. Er ist zugleich Höhen- und Schwerefestpunkt und hat seine Bedeutung auch im Zeitalter der Satellitenmessung nicht verloren, wenngleich hier örtlich vermarkte Festpunkte etwas in den Hintergrund gerückt sind.
Damit die Aufarbeitung des Themas nicht nur Theorie bleibt, haben die Auszubildenden diesen geschichtsträchtigen Festpunkt mit seinen verschiedenen Festlegungen und Sicherungsmarken vor Ort in Augenschein genommen. Bei herrlichem Wetter konnten die Sichtverbindungen zu den nächsten Signalpunkten wie den Steinsberg bei Sinsheim oder den Königstuhl bei Heidelberg nachvollzogen und die Grundlagen der Triangulierung vor Ort vermittelt werden, de facto also „Ausbildung auf hohem Niveau“.