Ramstein / Mainz – „Kaum ein anderes Unglück ist so tief im Gedächtnis unseres Landes verankert wie die Flugtagkatastrophe in Ramstein. Es bewegt uns auch nach 30 Jahren noch immer. Deswegen wollen wir den Opfern und ihren Angehörigen heute sagen, dass wir in Gedanken bei ihnen sind“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer beim Gedenkgottesdienst in der St. Nikolaikirche in Ramstein.
An diesem verhängnisvollen Sommertag vor 30 Jahren waren 300.000 Menschen zur Flugschau der US-Luftstreitkräfte gekommen. Gegen 15.45 Uhr mussten sie miterleben, wie drei italienische Militärjets kollidierten und abstürzten. Eine Maschine landet als riesiger Feuerball direkt in einer Zuschauermenge. 70 Menschen starben, etwa 400 Menschen wurden schwer verletzt. Bis heute leiden viele Überlebende und Hinterbliebene an den körperlichen und seelischen Folgen.
Mit diesem Unglück habe für viele Familien und Hinterbliebenen der Opfer ein langer Leidensweg begonnen, auch weil unnötige bürokratische Hürden es erschwert hätten, die körperlichen, seelischen und finanziellen Folgen bewältigen zu können, so die Ministerpräsidentin. Ein Muster, das Opfer von großen Katastrophen bis heute erleiden. „Der Ministerrat hat deshalb in seiner heutigen Sitzung mit Detlef Placzek einen Opferbeauftragen berufen. Der langjährige Präsident des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung bringt dafür die richtigen fachlichen und persönlichen Voraussetzungen mit. Der ehrenamtliche Opferbeauftragte wird sich um die Belange der Betroffenen nach Naturkatastrophen, Terroranschlägen oder größeren Unglücken kümmern. Damit wollen wir Antragswege verkürzen und das Leid der Opfer und Hinterbliebenen nicht noch mit bürokratischen Hürden belasten“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Ramstein wirke bis heute in verschiedenster Weise nach, die Gesellschaft habe gelernt und Veränderungsprozesse durchlaufen. Solche riskanten Flugschauen seien heute in Deutschland weitgehend verboten. Zudem würden die psychischen Verletzungen bei den Opfern heute gesehen und besser behandelt. „Wir wissen heute, dass die Organisation der Rettungskette unzureichend war und haben daraus die richtigen Schlüsse gezogen, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Aber die eingesetzten Rettungskräfte, Sanitäter und Feuerwehrleute haben damals Übermenschliches geleistet. Ihnen gebührt tiefer Dank und höchste Anerkennung. Viele von ihnen haben bis heute schwer an den Erlebnissen von der Unfallstelle zu tragen“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Heute existierten Programme, um derartig schreckliche Erlebnisse und extreme psychische Belastungen zu bewältigen. Auch dies sei eine der Lehren aus Ramstein.
Nicht nur auf deutscher, sondern auch auf amerikanischer Seite habe das Unglück tiefe Wunden hinterlassen. „Die gemeinsamen Erlebnisse dieser schlimmen Katastrophe haben uns zusammengeschweißt. Das Unglück hat die Freundschaft zwischen Rheinland-Pfalz und den amerikanischen Bürgern und Bürgerinnen gestärkt und die Zusammenarbeit verbessert“, betonte die Ministerpräsidentin.
Die Katastrophe und der Schmerz der Opfer und Hinterbliebenen werden allerdings niemals verjähren. „Wir können nichts ungeschehen machen, aber wir können gedenken, zusammenstehen und uns gegenseitig stützen“, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Ihr Dank galt der Nachsorgegruppe, die sich bis heute gegenseitig stützt. Stellvertretend für viele andere nannte sie Heiner Seidlitz und die Familie Jatzko, die vielen Betroffenen Halt gegeben und Strukturen zur Selbsthilfe geschaffen haben. „Dass das posttraumatische Belastungssyndrom, also eine seelische Erkrankung nach einem traumatischen Erlebnis, inzwischen als Krankheit anerkannt ist, ist auch ihrem Engagement zu verdanken“, so die Ministerpräsidentin. „Mein Kabinett hat heute beschlossen, im Hinblick auf das besondere Engagement von Sybille und Dr. Hartmut Jatzko bei der Betreuung und Versorgung von Opfern, Angehörigen und Hinterbliebenen, die Gründung der Stiftung „Katastrophen-Nachsorge“ zu unterstützen. Das Land wird im kommenden Haushaltsjahr mit 12.500 Euro die Hälfte des Gründungskapitals zustiften. Damit wollen wir als Land mit dafür Sorge tragen, dass die Trauma-Arbeit von Familie Jatzko auf ein breites Fundament gestellt und damit für die Zukunft gesichert werden kann“, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer.