Frankfurt am Main – Jeder zweite der 2,2 Millionen Beschäftigten, die in den 25 Kreisen oder kreisfreien Städten der Metropolregion FrankfurtRheinMain wohnen, pendelt über Kreisgrenzen zum Arbeitsort. „Dies ist erfreulich, weil es ein Ausdruck der Wachstumsdynamik ist, führt aber auch zu wachsendem Druck auf allen Verkehrsträgern“, sagte Prof. Dr. Mathias Müller, Präsident der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main, bei der Vorstellung der „Stau- und Pendlerstudie 2018“, die von der IHK Frankfurt am Main erstmals für die Initiative PERFORM der Wirtschaftskammern in Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz erstellt wurde.
Die Stadt Frankfurt am Main im Kern der Metropolregion ist besonders häufig das Ziel der Pendler und gilt als Deutschlands Pendlerhauptstadt. In keiner anderen Großstadt ist der Anteil der Einpendler an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort so hoch wie hier. Fast zwei Drittel aller in Frankfurt Beschäftigten wohnen nicht in der Stadt – nur Düsseldorf und Stuttgart erreichen ähnlich hohe Werte.
Ein Grund dafür ist der anhaltende Boom am Arbeitsmarkt in FrankfurtRheinMain. Allein in den letzten drei Jahren sind 170.000 neue sozialversicherungspflichtige Jobs in der Metropolregion entstanden. Der Beschäftigungsaufbau findet dabei nicht nur in den Kernstädten, sondern in der gesamten Region statt. Die größten Beschäftigungszuwächse gab es seit 2000 in den Landkreisen Alzey-Worms (+ 36 Prozent), Mainz-Bingen (+ 29 Prozent) und im Hochtaunuskreis (+ 28 Prozent). Die Pendler machen an Landesgrenzen nicht Halt: Beispielsweise pendelt jeder fünfte Arbeitnehmer aus Mainz zum Arbeiten nach Wiesbaden und Frankfurt; das allein sind täglich mehr als 16.000 Menschen.
Die starken Pendlerströme haben natürlich Folgen für die Verkehrsströme. „Auf den Schienen und den Straßen der Region wird deutlich, dass die Kapazitätsgrenzen vielerorts bereits erreicht oder sogar schon überschritten sind“, sagte Prof. Dr. Müller. Viele Hauptverkehrsachsen der Metropolregion sind chronisch überlastet und in hohem Maße stauanfällig. Dies erleben nicht nur die Pendler, es belastet auch den Wirtschaftsverkehr der Region. Besonders betroffen sind die überregional wichtigen Autobahnen A 3 und A 5, aber auch die A 66 und viele andere Autobahnen und Bundesstraßen der Region.
„Auf Hessens Straßen gibt es einen großen Sanierungsstau, der unverzüglich behoben werden muss“, so der IHK-Präsident. „Auch wenn Straßenbaustellen zu zusätzlichen Staus führen – ohne diese Baustellen wäre der Zusammenbruch des Verkehrssystems vorprogrammiert.“ Daher müssen Sanierungsmaßnahmen besser früher als später durchgeführt werden. Die Hessische Landesregierung hat die Mittel für den Landesstraßenbau von 165 Millionen Euro in 2017 auf 177 Millionen Euro in 2018 erhöht. „Aus unserer Sicht reichen die Finanzmittel noch immer nicht aus, um den Sanierungsstau vollständig aufzulösen. Die erfolgten Mittelerhöhungen sind zwar zu begrüßen, werden jedoch überwiegend von steigenden Planungskosten aufgefressen.“ Erfreulich sei, dass der aktuelle Bundesverkehrswegeplan erstmals mit ausreichenden Mitteln ausgestattet ist. „Dies lässt hoffen, dass wir mit diesem Planwerk die Vorhaben besser in die Realität bringen können als in der Vergangenheit.“
Mit Sorge haben die Wirtschaftskammern zur Kenntnis genommen, dass im Rahmen der Neuordnung der Bundesfernstraßenverwaltung keine Niederlassung der Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen in Hessen vorgesehen ist. „Angesichts der Bedeutung Hessens als großes Transitland mit einem der dichtesten Verkehrsnetze Deutschlands, muss das Standortkonzept überarbeitet und eine elfte Niederlassung mit Sitz in Hessen vorgesehen werden.“
Die Zahl der Fahrgäste im ÖPNV in der Metropolregion ist in den letzten Jahren gestiegen, die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur wurden in den vergangenen Dekaden hingegen stark vernachlässigt und nicht an die rasant steigende Einwohnerzahl und an das Beschäftigungswachstum angepasst. Das Schienennetz für den Nah- und Fernverkehr in Hessen wird bis zum Jahr 2030 mit einer Summe von zwölf Milliarden Euro ausgebaut. „Diese deutliche Mittelerhöhung ist sehr erfreulich“, so Prof. Dr. Müller. Ebenso erfreulich sei, dass der Bund seine Mittel zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden von gut 330 Millionen auf eine Milliarde Euro aufgestockt hat. Da Großprojekte in Hessen nicht nur aus Bundesmitteln finanziert werden, müssten aber auch die Komplementärmittel des Landes weiter angehoben werden.
Eine anforderungsgemäße Verkehrsplanung kann nach Ansicht des IHK-Präsidenten am besten in einem Masterplan Mobilität für die Region skizziert werden. In einem solchen Plan sollte auch die Umsetzung der Maßnahmen koordiniert werden.
Ein großes Problem bei der Planung von Infrastrukturprojekten sind die langen Genehmigungszeiten. „Um zukünftig Verkehrsprojekte schneller umsetzen zu können, sind sämtliche Planungs- und Genehmigungsprozesse zu beschleunigen.“ Dazu gehört sowohl die Beschränkung auf eine Klageinstanz als auch die Prozessoptimierung sowie eine ausreichende Personalausstattung bei den zuständigen Stellen.
Eine wichtige Komponente zur Planungsbeschleunigung ist zudem der Ausdruck des politischen Willens, um Verbindlichkeit gegenüber allen relevanten Interessengruppen zu erzeugen. Um die Metropolregion FrankfurtRheinMain besser zu positionieren, haben Wirtschaft und Politik der vier Bundesländer eine länderübergreifende Zusammenarbeit in dem neuen Strategieforum FrankfurtRheinMain verabredet.
Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur auf Straße und Schiene ist eines der vorrangigen Anliegen, hierzu wurde eine Projektgruppe gebildet. „Mit der Stimme des Strategieforums – vier Länder in Kombination mit der kommunalen Ebene und der Wirtschaft – werden die Belange unserer Metropolregion in Berlin künftig viel stärker ins Gewicht fallen, als die Stimme einzelner Akteure.“