Frankfurt am Main – Anlässlich des durch das Verwaltungsgericht Wiesbaden im Verfahren der Deutschen Umwelthilfe gegen das Land Hessen am Mittwoch, 5. September 2018, ergangenen Urteils zur Frage der Wirksamkeit des für Frankfurt geltenden Luftreinhalteplans nehmen Umweltdezernentin Rosemarie Heilig und Verkehrsdezernent Klaus Oesterling Stellung.
„Ich bedaure, dass die verstärkten Anstrengungen der Stadt, die Grenzwerte für die Stickoxid-Belastung zeitnah einzuhalten, vom Verwaltungsgericht nicht stärker gewürdigt wurden. Fahrverbote für ältere Diesel-Fahrzeuge stellen einen Einschnitt in das städtische Gesamtverkehrssystem in einem bisher nicht bekannten Ausmaß dar. Sie treffen letztlich die Menschen, die im Vertrauen auf die Aussagen der Hersteller eine vermeintlich umweltfreundliche Wahl getroffen haben. Vom Land Hessen erwartet die Stadt Frankfurt nun auf der Basis der noch ausstehenden schriftlichen Urteilsbegründung die rasche Fortschreibung des Luftreinhalteplans in enger Abstimmung mit der Stadt. Von der Bundesregierung erwarten wir schnelle Entscheidungen zur Hardware-Nachrüstung der Diesel-Fahrzeuge auf Kosten der Autoindustrie“, sagt der Frankfurter Verkehrsdezernent.
Seine Magistratskollegin, Umweltdezernentin Rosemarie Heilig, fordert daher auch eine konsequente Durchsetzung des Rechts auf saubere Luft auf allen politischen Ebenen: „Viel zu lange hat die Bundesregierung verbindliche europäische Richtlinien zum Schutz der Gesundheit regelrecht sabotiert. Dieser Rechtsbruch muss ein Ende haben. Die Bundesregierung hat – anstatt für saubere Luft zu sorgen – der betrügerischen Automobillobby den Steigbügel gehalten. Dies müssen die Städte und Verbraucherinnen und Verbraucher jetzt ausbaden.“
Die Forderung des Gerichts, Fahrverbote als Maßnahme in den Luftreinhalteplan aufzunehmen, ist für Stadtrat Oesterling bitter, aber nachvollziehbar: „Wir bekommen als Kommune trotz all unserer Bemühungen die Quittung für zehn Jahre politischen Stillstand in Berlin, so lange schon weist der Städtetag auf die Stickoxidproblematik hin und fordert eine Blaue Plakette. Von den Mogeldieseln der deutschen Automobilindustrie will ich gar nicht anfangen.“ Der Verkehrsdezernent erwartet nun, dass das Land Hessen in enger Abstimmung mit der Stadt festlegt, wie umfangreich eine Fahrverbotszone sein müsste, um den Maßstäben Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit zu genügen: „Die Menschen müssen so ein Fahrverbot auch im Stadtraum begreifen, und wir müssen es kontrollieren können“, plädiert der Stadtrat.
Auch zu den Ausnahmegenehmigungen sollte das Land klare Festlegungen treffen, idealerweise in Absprache mit anderen Bundesländern (insbesondere Rheinland-Pfalz), um einen Flickenteppich verschiedener Regelungen zu vermeiden, fordert Oesterling. Bei allem Unmut erinnert er aber auch daran, dass die Einführung der Umweltzone 2008 nicht zu dem von manchen erwarteten Kollaps führte: „Auch damals wurde schon die Verödung der Stadt und die Verelendung ganzer Branchenzweige befürchtet, doch das Straßenverkehrsamt hat das gut abgearbeitet und ist bei Ausnahmegenehmigungen wirklich mit Augenmaß vorgegangen.“
„Wir haben dem Gericht im Verkehrsbereich zahlreiche Maßnahmen teilweise neu auf den Tisch gelegt, die durchaus wirksam sein werden, zum Beispiel bei der Umverteilung von Flächen, um Lückenschlüsse für den Radverkehr möglich zu machen. Allein mit Technologieprojekten aus dem Sofortprogramm Saubere Luft des Bundes, der uns ansonsten auch weiterhin allein lässt, werden wir das Problem aber nicht lösen können“, erläutert Oesterling.
Er verweist in diesem Zusammenhang nochmal auf die Bedeutung des Öffentlichen Nahverkehrs für die Luftreinhaltung: „Bereits jetzt werden im Stadtgebiet etwa Dreiviertel der Personenkilometer elektrisch zurückgelegt: mit U-Bahn und Straßenbahn.“ Hinzu komme, dass in Frankfurt bundesweit eine der modernsten und damit saubersten Linienbusflotten unterwegs sei.
Vor dem Hintergrund einer absehbar nur begrenzten Verfügbarkeit von batterie-elektrisch angetriebenen Bussen wird aber auch die Busflotte weiter modernisiert werden. Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2018 werden die ersten fünf batterie-elektrischen Busse auf der Buslinie 75 eingesetzt, drei Wasserstoffbusse werden folgen. In den folgenden Jahren soll die Elektrobusflotte systematisch ausgebaut werden: Ab Dezember 2019 sollen zusätzlich insgesamt 18 Elektrobusse auf der Buslinie 36 verkehren und ab Dezember 2020 sollen weitere Elektrobusse folgen.
„All diese Maßnahmen waren dem Gericht aber nicht weitgehend genug, um Fahrverbote für Diesel vermeiden zu können. Ich bedaure das außerordentlich, aber wir werden mit dem Land Hessen gemeinsam einen Weg finden müssen, wie wir damit umgehen“, sagt der Frankfurter Verkehrsdezernent.