Pirmasens – Bürgermeister Markus Zwick spricht sich für eine Verlängerung des Bundesgesetzes aus, das die rechtliche Grundlage für die Erteilung einer Zuzugssperre durch die Bundesländer regelt. Auf Einladung des Bundeskanzleramtes berichtete der 41-Jährige beim „Bundeskongress Integration“ in Kassel über die positiven Effekte, die seit Einführung der Zuzugssperre Ende März in Pirmasens deutlich spürbar geworden sind.
„Die von uns hart erkämpfte Durchsetzung des Zuzugstopps war der richtige Schritt, um die erfolgreiche Integrationsarbeit in unserer Stadt zu sichern“, ist Markus Zwick überzeugt. Er sei dringend notwendig gewesen und bedeute eine Atempause für die Haupt- und Ehrenamtlichen. „Die Zuzugssperre hat gegriffen“, so Zwick weiter, der dies mit Zahlen untermauert. Bis zum Erlass der vom Land Rheinland-Pfalz verfügten Sperre hatten monatlich bis zu 80 Zuzüge den Saldo ständig erhöht. Dieser dramatische Anstieg sei nun gestoppt. Seit Inkrafttreten des Erlasses Ende März hat es keinen Zuzugsfall gegeben.
„Die Probleme sind keineswegs gelöst, aber der Zuzugsstopp gibt uns die Möglichkeit, eine nachhaltige Integrationsarbeit überhaupt erst zu ermöglichen“, betont Markus Zwick. In diesem Zusammenhang verweist er auf die durch den Strukturwandel signifikant große Anzahl von Menschen mit Sozialbezug in Pirmasens die ohnehin hohe soziale wie finanzielle Anstrengungen zur Integration durch die Stadt erfordern. Durch die Zuzugssperre sei es im letzten Moment gelungen, die massive Überbelastung der haupt- und ehrenamtlichen Akteure abzuwenden und gleichzeitig der Gefahr sozialer und gesellschaftlicher Ausgrenzung entgegenzuwirken. „Die Summe der gemachten Erfahrungen spricht für eine Verlängerung der zugrundeliegenden Vorschrift im Aufenthaltsgesetz, die zum 6. August 2019 ausläuft“, warb Zwick auf der Bundeskonferenz der Integrationsbeauftragten für eine Fortsetzung.
Gleichzeitig hat die Zuzugssperre – die alleine aufgrund der Gefährdung einer erfolgreichen Integration durch die überproportional hohen Zuzüge nach Pirmasens eingefordert worden sei – noch einen weiteren positiven Nebeneffekt. Nach Angaben von Bürgermeister Markus Zwick spart die Stadt im laufenden Jahr rund 700 000 Euro ein. Dies trage in Anbetracht der angespannten Haushaltslage zur Vermeidung weiterer Schulden bei. Das Geld war vor Inkrafttreten der Zuzugssperre im Doppelhaushalt für Kosten der Unterkunft sowie für die Erstausstattung von Wohnungen mit Möbeln veranschlagt worden.
„Die zielgerichtete Integration geflüchteter Menschen in die Stadtgesellschaft ist eine Generationenaufgabe“, ist Markus Zwick überzeugt und lobt das herausragende Engagement der Pirmasenserinnen und Pirmasenser, die sich mit viel Herzblut einbringen würden. Damit die Eingliederung gelingen kann, unterstützt die Stadtverwaltung Neuzugewanderte individuell bei der Partizipation am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Dazu hatte die Kommune in einem ersten Schritt mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung eine Koordinierungsstelle für Neuzugewanderte geschaffen, die im Amt für Jugend und Soziales angedockt ist. Diese ermöglicht es der Verwaltung – gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren – bedarfsgerechte Angebote für berufliche wie schulische Aus- und Weiterbildung sowie Nachqualifizierungen noch individueller und effizienter als bisher zu definieren.
Ein weiterer wichtiger Baustein bildet die bevorstehende Einführung eines sogenannten Bildungsmanagements, verbunden mit dem Aufbau eines datenbasierten Bildungsmonitorings. „Dieses umfassende Steuerungsinstrument kommt allen Bürgerinnen und Bürgern zugute“, betont Markus Zwick. Auf systematisch und wissenschaftlich fundierte Weise sollen alle Bildungsangebote unserer Stadt für ein „lebenslanges Lernen“ gebündelt und besser vernetzt werden. Damit wird es möglich, Strukturen für ein ganzheitliches Bildungswesen zu etablieren und zielgerichtet zu steuern.
Die Stadt Pirmasens hat sich um die Fördermaßnahme „Bildung integriert“ beworben, die aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) kofinanziert wird. Bei der Gestaltung der Bildungslandschaft von morgen wird die Stadt von der Transferagentur Kommunales Bildungsmanagement Rheinland-Pfalz-Saarland unterstützt.
Hintergrund: Zum Stichtag 1. September 2018 werden in Pirmasens insgesamt 1 294 Asylsuchende (224) und anerkannte Asylbewerber (659) betreut, darunter 411 Kinder (unter 15 Jahren). Die Zuzugssperre für anerkannte Asylbewerber und subsidiär geschützte Flüchtlinge war am 26. März 2018 in Kraft getreten. Dies bedeutet: Flüchtlinge, die im Asylverfahren ursprünglich einer anderen Kommune zugeteilt waren (Stichwort: Königsteiner Schlüssel) und die nun als Asylbewerber anerkannt sind, dürfen ihren Wohnsitz nicht nach Pirmasens verlagern.
Seit Inkrafttreten des Erlasses gab es bislang zwei Zuzugsfälle. Dies waren zum einen eine Familie aus Bayern, die im vergangenen April im Rahmen der Zusammenführung in Pirmasens sesshaft wurde (für Familiennachzug gilt die Zuzugssperre nicht) und zum anderen ein junger Mann, der in Pirmasens eine Ausbildung aufgenommen hat und aus dem Landkreis Südwestpfalz zugezogen ist.
Pirmasens nimmt weiterhin – unberührt von der Zuzugssperre – rund ein Prozent der nicht anerkannten Flüchtlinge auf, die dem Land Rheinland-Pfalz (Insgesamt etwa 4,8 Prozent) durch den sogenannten Königsteiner Schlüssel vom Bund zugewiesen werden. Deren Zahl stieg zwischen Juli und September 2018 um 15 auf aktuell 224 Personen an.
Nach einer Statistik des Jobcenters, das anerkannte Flüchtlinge betreut, laufen derzeit 20 Sprachkurse mit 148 Teilnehmern, gleichzeitig warten aber noch 114 Menschen auf einen Alphabetisierungs- und weitere 108 Zugezogene auf einen Integrationskurs. Im laufenden Jahr sollen noch sechs weitere Kurse mit 90 Teilnehmern starten.