Heidelberg – Neuer Therapieansatz für Patienten mit bestimmten seltenen, sehr aggressiven Tumoren des Immunsystems: Die Klinik für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie des Universitätsklinikums Heidelberg ist als erste Einrichtung Deutschlands dafür zertifiziert, sogenannte Chimäre Antigen-Rezeptor-modifizierte T-Zellen (CAR-T-Zellen) im Kampf gegen zwei seltene Formen von Leukämien („Blutkrebs“) und Lymphomen („Lymphdrüsenkrebs“) einzusetzen.
Prof. Dr. Peter Dreger, Leiter der Stammzelltransplantationseinheit am Universitätsklinikum Heidelberg, erläutert: „Die CAR-T-Technologie stellt ein neuartiges und hoch effektives Therapieverfahren dar, bei dem körpereigene Abwehrzellen außerhalb des Körpers gentechnisch so verändert werden, dass sie in der Lage sind, Tumorzellen gezielt zu erkennen und zu beseitigen.“
Die Zulassung der Präparate beschränkt sich momentan auf das diffus-großzellige B-Zell-Lymphom (DLBCL) und – nur bei Patienten unter 25 Jahren – auf die akute lymphatische Leukämie (ALL), wenn die Standardtherapieverfahren versagt haben. Sowohl DLBCL als auch ALL sind seltene, sehr aggressive Tumoren des Immunsystems, die unbehandelt rasch zum Tod führen und die bislang nur mit Chemo- und Strahlentherapie behandelt werden konnten.
Ein Quantensprung in der Therapie seltener Formen von Blut- und Lymphdrüsenkrebs
Bei der Zertifizierung für die Anwendung dieser neuen, innovativen Krebsmedikamente muss ein Krankenhaus gegenüber Vertretern der herstellenden Firmen nachweisen, dass es Auflagen der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zum Einsatz der sehr teuren und hochempfindlichen Wirkstoffe erfüllt. Hierbei wird beispielsweise sichergestellt, dass die Einrichtung über ausreichend Erfahrung mit der Transplantation von Zellpräparaten verfügt und speziell geschultes Personal sowie die notwendigen intensivmedizinischen Rahmenbedingungen vorhält, um die Therapie durchführen zu können. Prof. Dr. Michael Schmitt, seit 2011 „Siebeneicher-Stiftungsprofessor“ für Zell- und Immuntherapie an der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie, sieht die neue Therapie als Quantensprung in der Krebsmedizin. „Die neue Wirkstoffgruppe der CAR-T-Zellen ermöglicht uns, Tumoren des Immunsystems zu therapieren, die unbehandelt rasch zum Tode führen. Wir gehen davon aus, dass wir in Zukunft eine Reihe weiterer Krebserkrankungen des Immunsystems auf diese Weise behandeln können.“
Körpereigene Abwehrzellen werden auf die Tumorerkennung abgerichtet
Gentechnisch hergestellte CAR-T-Zellen lösen ein zentrales Problem der Krebstherapie: Sie erkennen Tumoren des blutbildenden und lymphatischen Systems, die für die körpereigene Abwehr eigentlich unsichtbar sind. Bei der CAR-T-Zell-Therapie werden zunächst Zellen der Immunabwehr – sogenannte T-Zellen – aus dem Blut des Patienten gewonnen. Diese werden dann im Labor gentechnisch so verändert, dass sie auf ihrer Oberfläche CAR-Moleküle bilden, die gegen krebsspezifische Oberflächenproteine gerichtet sind. Die so veränderten CAR-T-Zellen werden wieder dem Patienten zurückgegeben, wo sie sich idealerweise vermehren und zu einer heftigen und lang anhaltenden Immunreaktion gegen den Krebs führen. Nachteile der CAR-T-Zell-Therapie sind – neben den sehr hohen Kosten – die möglichen starken Nebenwirkungen, weshalb ihr Einsatz nur in Kliniken mit entsprechender intensivmedizinischer Betreuung zugelassen ist.
Die Klinik für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie (Medizinische Klinik V) des Universitätsklinikums Heidelberg unter Leitung von Prof. Dr. Carsten Müller-Tidow entspricht diesen Erwartungen: Die Klinik stellt eine der traditionsreichsten Einrichtungen in Deutschland zur Behandlung und Erforschung von Blutkrebserkrankungen dar und ist mit jährlich über 300 Eingriffen das größte deutsche Stammzelltransplantationszentrum für Erwachsene.
Weitere Informationen über die Sektion Stammzelltransplantation am Universitätsklinikum Heidelberg