Mosbach. Im Rahmen der Interkulturellen Woche lud die Kirchenbezirksbeauftragte für Flucht und Migration, Nancy Gelb, im Namen des evangelischen Dekanats den freien Journalisten und Unternehmer Simon Jacob, gebürtiger Christ aus der Osttürkei und aufgewachsen in Deutschland, ein, sein Projekt „Peacemaker“ vorzustellen.
Das Projekt ist die Antwort auf seine jahrelangen Recherchen und daraus resultierenden Reportagen aus Kriegs- und Krisengebieten im Nahen Osten. Jacob war für öffentlich-rechtliche Fernsehsender und namhafte überregionale Tageszeitungen wie „Die Zeit“ als Reporter unterwegs. Als Vorsitzender des Zentralrats der orientalischen Christen in Deutschland ist Jacob zudem ein Vertreter seiner Community, der mit Politikern auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene und mit Oberhäuptern der großen Weltreligionen zusammenkommt. Jacob konnte im Nahen Osten wegen seiner Zugehörigkeit zu einem namhaften Clan Zugang zu verschiedenen Gemeinschaften ethnischer und religiöser Zugehörigkeit erlangen. Dadurch schaffte er es, viele verschiedene Perspektiven über die Konflikte im Irak, Iran, in Syrien, der Türkei, in kurdischen oder yezidischen Gebieten in Betracht zu ziehen. Jacob konnte nicht nur alle Gegenden bereisen, sondern auch die Sichtweisen der Menschen kennenlernen, was sein persönliches Anliegen war.
Die Grausamkeit und Verfahrenheit der lokalen und internationalisierten Konflikte brachten ihn aber auch an den Rand der Verzweiflung. Der Wunsch wuchs in ihm, nicht über Konflikte und Kriege, Gräueltaten, Massaker und Terroranschläge zu berichten. Denn er nahm zusehends wahr, dass das Bild das wir vom Nahen Osten und den Menschen dort haben, ein einseitiges wird. Die Angst vor Männern mit Bart nahm zu, Vorbehalte gegen Menschen aus dieser Region spürte er zunehmend selbst. Dabei streben die einfachen Menschen aber auch viele Führungspersönlichkeiten im Nahen Osten nach Frieden und Freiheit, nach einer guten Zukunft für ihre Kinder, so sein Fazit. Die normale Bevölkerung, die versucht zu überleben und den Alltag zu gestalten, wollte er zu Wort kommen lassen. Doch für diese Art von Nachrichten gibt es keinen Markt, so Jacob. Er kündigte deshalb seine Verträge und machte sich auf den Weg, Geschichten zu sammeln und selbst zu veröffentlichen.
Jacob reiste durch alle Länder in denen er als Korrespondent tätig gewesen war und suchte nach den anderen Geschichten. Und er fand Menschlichkeit inmitten der Kriegsschauplätze und Allianzen für den Frieden über religiöse und ethnische Grenzen hinweg. Darüber erzählt er nun nach seiner Rückkehr in seinem Buch „Peacemaker – dein Krieg, unsere Zukunft“.
Außerdem sieht er unseren Frieden und unsere Freiheit in Europa bedroht, wenn wir uns nicht bewusstmachen, welches Gut wir durch Rechtstaatlichkeit und Demokratie jeden Tag genießen können – nicht inhaftiert oder gefoltert zu werden, weil man Politiker kritisiert, auf der Straße gehen zu können, ohne wegen seines Glaubens in Gefahr zu geraten. Er appellierte daran, diesen Frieden nicht als gegeben und normal zu sehen. Man müsse ihn tagtäglich erhalten und die zugrundeliegende Werte – zu oberst die Menschenrechte – uns immer wieder vor Augen führen. Besonders jungen Menschen müsse man erläutern, dass Frieden nicht ohne unser Zutun anhält, sondern Gleichheit und Freiheit, demokratisches Denken und Handeln erlernt werden müssen. Aus dieser Idee heraus bereist er nun mit einem Informationsbus europäische Länder, klärt über die Entstehung der Europäischen Union auf und kommt mit Menschen, ganz besonders an Schulen, darüber ins Gespräch, was Friede bedeutet. Dies tut er als Christ, aber vor allem Mensch.
Der Vortrag im Martin-Luther-Haus war ein Feuerwerk von Impressionen, Texten und Bildern. Simon Jacob war wieder gedanklich auf der Reise im Nahen Osten und er nahm die Zuhöererinnen dahin mit. Man konnte spüren wie in ihm das Erlebte kurz wieder lebendig wurde und teilweise noch quälten. Man spürte aber auch die Freude darüber, selbst in den Kampfgebieten Menschlichkeit gefunden zu haben. Im offenen Gespräch nach der Lesung waren Emotionen im Raum deutlich zu spüren, die Vielschichtigkeit und Komplexität des Themas in den Fragen der Zuhörerinnen zu erkennen. Beeindruckt davon, dass sich Simon Jacob auferlegt hat, den Friedensdiskurs über Grenzen hinweg zu führen und die „andere“ Geschichte des Nahen Ostens in den Westen zu transportierten, sind der ev. Kirchenbezirk Mosbach und die Diakonie Neckar Odenwald sehr dankbar für diesen authentischen Beitrag zur Interkulturellen Woche, so Nancy Gelb. Informationen zu dieser und anderen Veranstaltungen finden sie unter: www.flumi-diakonie.de