Neustadt: Weihnachtsmarkt der Kunigunde

Neustadt an der Weinstraße – Wo der Himmel auf Erden ist, das kann jeder sehen und sogar hören. Meilenweit hören. Denn der Klangverursacher ist mächtig. Wiegt 14 Tonnen. Wird Kaiserglocke genannt und bildet im Ensemble mit sechs weiteren Glocken das größte Gussstahl-Geläut der Welt. Am 25.11.2018 wird diese Glocke zum TV-Star. Dann zeigt das SWR Fernsehen „Himmel auf Erden – Stiftskirche Neustadt an der Weinstraße“. Es ist die Auftaktsendung zu einer achtteiligen Reihe über herausragende Gotteshäuser in Rheinland-Pfalz.

Wo Protestanten und Katholiken in einer Kirche Advent und Weihnachten feiern

Dass die TV-Reihe in Neustadt a.d.W. beginnt ist kein vorweihnachtliches Wunder, sondern liegt auf der Hand. Denn die Stiftskirche, in deren mächtigen Westtürmen das Geläut sein Zuhause hat, gilt als die bedeutendste gotische Kirche in der Pfalz. Hier hat auch Kurfürst Rupprecht II., der Begründer der Heidelberger Universität, seine Ruhestätte.

Die Stiftskirche hat noch eine weitere Besonderheit: In diesem Gotteshaus feiern beide christlichen Glaubensrichtungen Advent und Weihnachten, im Osten die Katholiken, im Westen die Protestanten. Seit Anfang des 18. Jahrhunderts ist das so, als im Langhaus eine Mauer errichtet wurde. Seitdem ist die Neustadter Stiftskirche eine sogenannte Simultankirche, von denen nur noch 15 existieren.

Und zu Füßen der Stiftskirche gibt es im Advent einen kulinarischen Himmel auf Erden…

Im Mittelalter kauften die Menschen auf den Märkten vor Weihnachten das ein, was sie für die kalte Winterszeit am dringendsten benötigten. Ab dem 14. Jahrhundert wurden erstmals auch Spielzeug, Süßigkeiten und Handwerks-Produkte als Geschenke angeboten. Ebenso geröstete Kastanien und gebrannte Mandeln.

Weihnachtsmärkte, wie wir sie heute kennen, gibt es erst seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Keine hundert Jahre später sind viele Weihnachtsmärkte zu hektischen Großveranstaltungen mit angeschlossenen Supermärkten und zahllosen Fastfood-Ständen mutiert. Und damit zum Milliardengeschäft. Der Bundesverband der Deutschen Schausteller und Marktkaufleute schätzt die Zahl der Besucher auf den rund 2500 Weihnachtsmärkten in Deutschland auf über 200 Millionen. Diese sorgen für einen Umsatz von drei bis fünf Milliarden Euro und trinken über 50 Millionen Liter Glühwein.

Entschleunigen statt Hektik, Slow Food statt Fastfood – der Weihnachtsmarkt der Kunigunde in Neustadt a.d.W.

Weihnachtszeit. Besinnliche Zeit? Davon träumen viele. Aber alle klagen sie nur über eines: den alljährlichen Vorweihnachtsstress.

Alle? Fast alle. Denn es gibt da ja noch einen kleinen, feinen Markt im Herzen der Deutschen Weinstraße. Den Weihnachtsmarkt der Kunigunde in Neustadt a.d.W., zu Füßen der schon so gerühmten Stiftskirche. Sozusagen ein kulinarischer Himmel auf Erden. Ein Ort zum Entschleunigen, zum Staunen, zum Genießen. Ein Ort, wo gerade in der Adventszeit das Alte gewürdigt wird, die Traditionen, das Regionale, das Authentische. Aber auch der volle, unverwechselbare Genuss.

Hier gibt es Slow Food statt Fastfood. Culinary Heritage-Qualität statt globalem Allerlei. Romantik statt Hektik. Lichterglanz statt Autolichter. Ein Märchen? Irgendwie schon. Aber eben eines, das real existiert. In der gesamten Altstadt. In den Fachwerkgässchen. Auf dem Marktplatz und insbesondere in den illuminierten, historischen „Kunigundenhöfen“.

Einer von ihnen ist der Michel´sche Hof. Das Genusszentrum dieser Stadt. Erste Adresse für Genießer aus nah und fern. Sie lassen sich bei einem piemontesischen Abendessen verwöhnen. Staunen über die japanische Kochkunst von Shoko Kono, lernen mit Katrin Bunner, was Slow Food zum Geschmackserlebnis macht. Oder sie versuchen beim Neustadter Glühwein-Testival die Unterschiede zwischen den verschiedenen Winzer-Glühweinen zu ergründen. (alle Genuss-Veranstaltungen auf http://www.neustadt.eu/weihnachtszeit ).

Ein Festival der Sinne in der Altstadt und in Neustadts Weindörfern

Neustadt a.d.W., das ist in der Adventszeit ein Ausflug in die Zeit, als Weihnachtsmärkte noch was Beschauliches waren. Ein großes Festival der Sinne. Mit den Traditionen eines Weihnachtsmarktes auf dem historischen Neustadter Marktplatz. Mit authentischen Genusswelten aus der Pfalz und vielen Ländern/Regionen Europas (u.a. Südlimburg, Burgund, Elsass, Piemont, Emilia Romagna, Litauen, Schweden, Schweiz) auf den Ständen des Weihnachtsmarkts der Kunigunde. Mit den kleinen, aber liebevoll gestalteten Weihnachtsmärkten in Neustadts Weindörfern Diedesfeld, Duttweiler, Haardt, Hambach, Geinsheim, Königsbach, Lachen-Speyerdorf und Mußbach. Mit dem großen Eislaufvergnügen vor dem Saalbau. Mit den einzigartigen Nikolausfahrten des Kuckucksbähnels hinein in den verschneiten Naturpark Pfälzerwald. Und erstmals auch mit einer traditionsreichen Eröffnungsveranstaltung (30.11.) auf dem Marktplatz, wo es Feuerjongleure, Trommler, Engel und musizierende Nikoläuse zu bestaunen gibt.

„Guck mol da hie“ werben die Veranstalter auf pfälzisch für diese Nostalgie-Erlebniswelten, die Neudeutsch auch „Vintage“ genannt werden. Das steht im Englischen für „alt“, „klassisch“ und wurde wohl abgeleitet aus der vinologischen Sprachwelt, wo „Vintage“ den Jahrgang oder die Lese eines Weines bezeichnet.

Damit schließt sich dann auch wieder der Kreis hin zu Neustadt a.d.W., der deutschen Weinmetropole und dem Ort, wo – nicht nur in der Adventszeit – der Himmel auf Erden ist.