Koblenz / Grünstadt – Die arbeitsvorbereitenden Maßnahmen zur Errichtung eines Gefahrgutlagers im Gewerbegebiet Nord der Stadt Grünstadt, für die der Beigeladenen eine Teilbaugenehmigung erteilt wurde, dürfen durchgeführt werden. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz, das damit die vorangegangene Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße bestätigte.
Der Landkreis Bad Dürkheim erteilte der Beigeladenen eine Teilbaugenehmigung für arbeitsvorbereitende Maßnahmen (im Wesentlichen Bodenaushub und Errichtung von Stützelementen) zur Errichtung eines Gefahrgutlagers nebst Heizplatz für insgesamt 118 Tankcontainer, einer Stickstoffanlage und einer Abstell- und Umschlagfläche für leere Transportbehälter auf deren Grundstück im Gewerbegebiet Nord der Stadt Grünstadt. Die Stadtwerke sowie der Entsorgungs- und Servicebetrieb Grünstadt sind Eigentümer eines südöstlich des Baugrundstücks in einem Industriegebiet gelegenen Grundstücks, das mit ihren Betriebsgebäuden bebaut ist. Außerdem sind die Stadtwerke Eigentümer von ebenfalls außerhalb des Gewerbegebiets Nord liegenden Grundstücken, auf denen sich das Gelände der Kläranlage und ein Lagerplatz für vier Gastanks befinden. Sie legten gegen die Teilbaugenehmigung Widerspruch ein und wandten sich mit einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes an das Verwaltungsgericht, das den Eilrechtsschutzantrag ablehnte. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte die verwaltungsgerichtliche Entscheidung und wies die hiergegen eingelegte Beschwerde zurück.
Es teile die Auffassung der Vorinstanz, dass der Rechtsbehelf der Antragsteller gegen die angegriffene Teilbaugenehmigung in der Hauptsache aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben werde. Der Erfolg einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung setze nicht nur voraus, dass diese Genehmigung objektiv rechtswidrig sei; vielmehr müsse der Kläger „dadurch“ auch in seinen Rechten verletzt sein. Der objektive Rechtsverstoß müsse daher gerade solche Vorschriften betreffen, die auch dem Schutz der Interessen des Klägers zu dienen bestimmt seien. Aus diesem Grunde erweise sich ein Großteil des Vorbringens der Antragsteller für den hier zu beurteilenden Eilrechtsschutzantrag bereits deshalb als unerheblich, weil es Betroffenheiten anderer Personen thematisiere.
Inhalt der angefochtenen Teilbaugenehmigung sei zum einen die Freigabe der vorbereitenden Baumaßnahmen und zum anderen ein sog. „vorläufiges positives Gesamturteil“ hinsichtlich der grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit des Gesamtvorhabens. Die Antragsteller seien durch die mit der Teilbaugenehmigung freigegebenen Bauvorbereitungsmaßnahmen nicht nachteilig betroffen und würden auch durch die Feststellung der grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit des Gesamtbauvorhabens aller Voraussicht nach nicht nachteilig in ihren Rechten verletzt. In letzterer Hinsicht komme eine Rechtsverletzung nur in Betracht, wenn sich das Gesamtvorhaben bereits jetzt und ungeachtet der im Baugenehmigungsverfahren vorzunehmenden Detailprüfungen als grundsätzlich unvereinbar mit Rechtsvorschriften erweise, die gerade dem Schutz der beiden Antragsteller dienten. Dies sei nicht dargetan.
Soweit die Antragsteller geltend machten, die Errichtung des Gefahrgutlagers sei in dem festgesetzten Gewerbegebiet nach § 8 Baunutzungsverordnung (BauNVO) allgemein nicht zulässig, so sei nicht ersichtlich, dass sie durch einen möglichen Verstoß gegen § 8 BauNVO in ihren Rechten verletzt seien. Ein Anspruch auf Bewahrung des Gebietscharakters stehe nämlich grundsätzlich nur den Eigentümern von Grundstücken zu, die im selben Baugebiet belegen seien. Die Grundstücke der Antragsteller lägen jedoch alle außerhalb des Gewerbegebiets. Mangels Vorliegens eines Gebietsbewahrungsanspruchs zugunsten der Antragsteller könne deshalb dahingestellt bleiben, ob die der Teilbaugenehmigung zugrundeliegende Annahme der grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen der objektiv-rechtlichen Prüfung standhalte.
Die Antragsteller könnten sich aller Voraussicht nach auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des ihnen als Nachbarn grundsätzlich zustehenden Anspruchs auf Beachtung des Rücksichtnahmegebots berufen. Insbesondere hätten sie nicht dartun können, dass das Vorhaben der Beigeladenen aus Gründen der Gefahrenabwehr oder der Gefahrenvorsorge zwingend deshalb bauplanungsrechtlich unzulässig wäre, weil es einen zu geringen Abstand zu ihren Betriebsgebäuden oder zum Lagerplatz für die Gastanks oder zu der Kläranlage aufweise. Grundsätzlich sei den Anforderungen an die Gefahrenabwehr durch vorhabenbezogene Maßnahmen auf dem Baugrundstück Rechnung zu tragen. Diese Maßnahmen seien hier durch die eingeholten gutachterlichen Stellungnahmen zum Brandschutz und zur wasserrechtlichen Verträglichkeit bewertet worden, ohne dass grundsätzliche Bedenken erkennbar geworden seien. Prüfung und eventuelle Regelung der näheren Details sei Gegenstand der endgültigen Baugenehmigung. Die Forderung nach Einhaltung eines über die vorhabenbezogenen Sicherheitsanforderungen hinausgehenden angemessenen Sicherheitsabstands zu benachbarten Schutzobjekten ergebe sich nach dem Gesetz nur aus den Regelungen des Störfallrechts, das hier jedoch nicht anwendbar sei, weil die für dessen Anwendung erforderlichen Mengenschwellen nach dem Inhalt des Genehmigungsantrags der Beigeladenen unterschritten werden sollen. Angesichts dieser strikten Regelung erscheine es verfehlt, auch bei Unanwendbarkeit des Störfallrechts aus dem baurechtlichen Rücksichtnahmegebot zusätzlich Abstandsvorgaben herzuleiten. Für eine weitergehende Risikovorsorge stehe den Kommunen das Mittel der Bauleitplanung zur Verfügung.