Neustadt an der Weinstraße – Die Tagesbegegnung Lichtblick, eine soziale Einrichtung für wohnungslose und benachteiligte Menschen in Neustadt/Wstr. Unter Trägerschaft des Prot. Dekanats Neustadt stellt dieser Tage ihren Jahresbericht 2018 vor. Obwohl in Neustadt und anlegenden Gemeinden nun endlich wieder sozialer Wohnungsbau stattfindet, haben sich die Zahlen der im Lichtblick gemeldeten wohnungsloser Menschen weiterhin erhöht.
Ende des Jahres zählte die Einrichtung insgesamt 266 Frauen und Männer, die zu mindestens kurzfristig eine Adresse im Lichtblick hatten. Sie kommen überwiegend aus Neustadt und umliegenden Orten. Erschreckend ist die Anzahl junger Menschen, die nach einer Postadresse fragen. 2018 waren dies 142 Frauen und Männer. Die Zahl wohnungsloser Flüchtlinge lag bei 28.
Die Tendenz aus den Vorjahren verfestigt sich: Aus der Wohnungslosigkeit wieder eine Wohnung zu finden ist fast nicht möglich Dies bedeutet auch, dass immer mehr Menschen aus Verzweiflung den Auflagen der Postadresse nicht nachkommen und wieder abgemeldet werden müssen. Insgesamt waren es sogar 293 wohnungslose oder obdachlose Menschen, die begleitet wurden.
Diese Zahlen sind allerdings nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein, denn die tatsächlichen Zahlen derer, die hier eine bezahlbare Wohnung suchen, sind wesentlich höher. Manche sind in Einrichtungen „geparkt“, z.B. im Frauenhaus oder in Kliniken. Zu den Menschen ohne eigene Wohnung müssten auch die Menschen gezählt werden, die in z.B. in Ferienwohnungen, in Pensionen oder Monteurzimmern oder auch in den Notwohnungen des Ordnungsamtes der Stadt Neustadt und der Notwohnung des Lichtblicks untergebracht sind. Diese Menschen sind auch wohnungslos, da sie nicht in selbstbestimmten Wohnverhältnissen leben können. Und wie viele Menschen zwar in eigenen Wohnungen leben, die aber in einem sehr schlechten Zustand sind oder überteuert angeboten werden, darüber gibt es natürlich keine Zahlen. Und schließlich werden in den kommenden Jahren viele Wohnungen in Neustadt ihre Eigenschaft als Sozialwohnung verlieren, und es besteht die Befürchtung, dass sie dann als Eigentumswohnungen verkauft werden. Lichtblick schätzt für Neustadt alleine ca. 500 fehlende bezahlbare Wohnungen. Aus diesen Gründen fordert Lichtblick und viele anderen sozialen Einrichtungen: Die Kommunen selbst müssen auf dem Wohnungsmarkt aktiv werden, um Wohnungen anzumieten und an Menschen, die Sozialleistungen erhalten, weiter zu vermieten. Dringend erforderlich wäre dann auch eine soziale Betreuung. Der Lichtblick selbst hat sieben Wohnungen für 9 Personen angemietet und hat gute Erfahrungen damit gemacht.
Lichtblick kümmert sich um Menschen, die durch das soziale Netz gefallen sind, Menschen, die nicht ganz der gesellschaftlichen Norm entsprechen. Im Lichtblick arbeiten haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eng zusammen und bieten ganz unterschiedliche Hilfestellungen an. Denn die meisten Menschen, die in die Einrichtung kommen, benötigen jahrelange Begleitung und Unterstützung. Und: Viele Menschen benötigen eine sinnvolle und würdevolle Beschäftigung – dies ist auch der Grund, weshalb 2002 das Arbeits- und Beschäftigungsprojekt SoliPakt gegründet wurde. Dort arbeiteten Ende 2018 43 Frauen und Männer, z.B. im Umzugsbetrieb, im Organisieren von Möbelspenden, in der Kleiderkammer, im Hausratladen, im Fahrradladen, im Reinigungsservice oder beim monatlich stattfindenden Floh- und Trödelmarkt. „SoliPakt“ ist ein Projekt, das bereits mehrmals ausgezeichnet wurde. Auch deshalb, weil direkt bedürftige Menschen davon profitieren und ihr Leben durch verschiedene Dienstleistungen erträglicher und auch bezahlbar wird. Ein großer Teil der Spenden wird für dieses Projekt verwendet, denn SoliPakt arbeitet nicht kostenneutral.
Der Lichtblick ist auch Geldinstitut für 31 Frauen und Männer, die ihr Geld treuhänderisch verwalten lassen. Damit wird erreicht, dass regelmäßig Miete und Energiekosten bezahlt werden und sie lernen, mit dem restlichen Geld auszukommen. Dies und andere begleitenden Hilfen wie zum Beispiel Haushaltshilfe kann Wohnungslosigkeit verhindern.
Für Menschen mit geringem Einkommen sind die Angebote der Tageseinrichtung oft sehr wichtig: Dort gibt es Frühstück, Mittagessen, die Wäsche kann gewaschen und getrocknet werden, es kann geduscht werden und man kann den Tag in Gesellschaft verbringen. 2018 waren es 470 Frauen und Männer die den Lichtblick aufsuchten um diese Angebote wahrzunehmen. Es wurden 9.600 Mittagessen ausgegeben und täglich kamen durchschnittlich 63 Frauen und Männer in die Einrichtung.
Dank der zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnte der Lichtblick auch 2018 seine Angebote erweitern: Neu ist die Freizeitgruppe, die ab und zu am Wochenende Aktivitäten durchführt. Seit Herbst gibt es auch eine offene Gruppe für suchtkranke Menschen, die sich vierzehntägig trifft.
Besonders rührig war ein Masken Workshop mit Judith Becker, der für viel Freude sorgte.
Aber auch bestehende Angebote wurde gerne wahrgenommen wie z.B. Haare schneiden, Sozialberatungen, Fragen zu Mietrecht und kostenlose Zahnarztbehandlung.
Für wohnungslose Menschen, die ganz akut eine Bleibe benötigen, gibt es seit 2014 eine Notwohnung, die die Stadt dem Lichtblick kostenfrei zur Verfügung stellt. Hier wurden im vergangenen Jahr 218 Übernachtungen gezählt.
Im Förderbeirat Lichtblick sind zahlreiche Organisationen und Einzelpersonen vertreten. Er berät und unterstützt den Träger und traf sich 2018 zweimal zu Sitzungen. Traditionell besucht der Förderbeirat im Sommer eine andere Einrichtung der Wohnungslosenhilfe. 2018 war dies die Wohnungslosenhilfe in Bensheim. Einen interessanten Bericht gibt es in der Lichtblick Zeitung August 2018, die auf der Homepage nachzulesen ist. Dort sind auch alle andere Zeitungen und Berichte veröffentlicht (www.lichtblick-nw.de).
Finanziert wird der Lichtblick durch Zuschüsse der Stadt Neustadt, Kreis Bad Dürkheim, Bußgelder und Einnahmen durch das Arbeitsprojekt. Der größte Teil der Ausgaben jedoch muss jedes Jahr über Spenden finanziert werden, so auch im vergangenen Jahr.
Besonders erfreulich war, dass viele Menschen auf ihre Geburtstagsgeschenke verzichtet und um eine Spende zu Gunsten des Lichtblicks gebeten haben. Viele Kirchengemeinden, Vereine, Stiftungen und Firmen helfen dem Lichtblick durch Spenden, viele Bürger durch einmalige oder regelmäßige Geld- und Sachspenden.