Neustadt an der Weinstrasse – „Frauen an die Macht“ betitelte Giorgina Kazungu-Haß, rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete, ihren Impulsvortrag in der Volkshochschule Neustadt. Und 32 TeilnehmerInnen, darunter 3 Männer, nahmen die Impulse aus dem Vortrag auf, tauschten sich aus und setzten eigene Akzente.
Hindenburgstrasse 14, Raum 103, Freitagabend 18 Uhr, Licht aus, Spot an: „Frauen an die Macht! – We can do it!“ warf der Beamer auf die Projektionsfläche. Giorgina Kazungu-Haß erklärte, sie wolle in ihrem Vortrag die Zuhörenden herausfordern, ein bisschen ärgern und mit steilen Thesen zur Diskussion anregen. Gleich der erste Satz machte deutlich, dass sie es damit ernst meinte. „Macht löst bei Frauen in der Regel Schnappatmung aus.“ Bestätigendes Gemurmel und Gelächter folgte dieser deutlichen Aussage. Frauen seien eher in den Stellvertreterpositionen zu finden. Ja, potentiell seien sie genauso mächtig wie Männer, faktisch allerdings nicht. Im rheinland-pfälzischen Landtag z.B. sind nur 30% der Landtagsabgeordneten Frauen. Über 45 Minuten hielt sich die gespannte Aufmerksamkeit, Gelächter folgte auf „Genau so ist es immer noch“-Rufe und wechselte sich ab mit murmelnden Bestätigungen. Keine Frage, die steilen Thesen, wie Frau Kazungu-Haß sie nannte, kamen an im Publikum. Auch diese hier: „Es werden häufig Frauen gefördert, die im karitativen Bereich Leistung zeigen. Das tradierte Frauenbild wird übertragen. Starke Frauenbilder werden wenig befördert, dafür aber jeder junge Mann, der mal im Bundestag etwas lauter geworden ist, mit einer Titelstory belohnt.“
Und auch das wurde pointiert dargestellt: Frauen dürfen nicht darauf warten, dass ihnen jemand die Macht anbietet oder auf einem Silberteller präsentiert. Wer Macht möchte, muss das auch aktiv angehen, sich zeigen, sich dem Wettbewerb aussetzen und sich durchsetzen wollen.
Impulsgefüttert ging es nach diesen 45 Minuten jeweils zu dritt in die vertiefenden Diskussionen. Viola Küßner und Claudia Dorka vom Damenkollektiv Neustadt hatten Fragen vorbereitet, die in den Kleingruppen lebhaft diskutiert wurden. Z.B.: „Wie geht es mir, wenn ich einen Machtanspruch durchsetze? Und wie, wenn ich dabei auf Widerstände stoße?“ Über 30 Minuten lang wurde sich in Kleingruppen rege ausgetauscht, diskutiert, zugehört und nachgefragt. Kein Wunder, die Bandbreite der Berufe und Hintergründe der Anwesenden war vielfältig, das Altersspektrum – von Anfang zwanzig bis Mitte 70 – weit gefächert.
All das zeigte sich auch in den Einschätzungen über den Abend und die Themen in der folgenden Abschlussrunde: Das ging von „Ich dachte, wir hätten in den 1970igern so viel erreicht und merke heute, wie aktuell viele Themen von damals wieder sind.“ bis „Klar, Kuschelmacht gibt es nicht, also muss ich damit leben lernen, dass ich auch anecke, wenn ich etwas durchsetze.“
Und auch das war zu hören „Wie spannend, dass ich als jüngere Frau ganz andere Themen setze wenn ich an Feminismus und Emanzipation denke; da habe ich doch eher Genderfragen und LGBT-Rechte im Blick.“
Einig waren sich alle darüber: „So eine Veranstaltung sollte es öfter in Neustadt geben.“ Viola Küßner und Claudia Dorka vom Damenkollektiv erklärten, dass sie die Reihe auch in der zweiten Hälfte des Jahres fortsetzen wollen und dass die Ideen und Ergebnisse aus den ersten Veranstaltungen dort aufgegriffen werden sollen.
Am Sonntag, 5. Mai 2019, findet die dritte Veranstaltung in der Reihe „Das Damenkollektiv präsentiert“ im Roxy-Kino statt. Gezeigt wird der Film „Die göttliche Ordnung“ In der anschließenden Diskussion geht es darum: „Einmischen – Aufmischen – Mitmischen. Wie geht Veränderung?!“.