Kaiserslautern – Wenn Schüler ihren Lehrern Rückmeldungen geben, dann verbessere das insgesamt den Lernerfolg. Feedback-Kultur sei eine „Voraussetzung für eine gute und gesunde Schule“, stellte Schulpsychologe Dr. Benedikt Wisniewski im vollbesetzten Deutschordensaal fest.
Der Pädagogische Beirat der Kreissparkasse Kaiserslautern hatte dazu eingeladen. Der Beirat besteht aus Schulleiterinnen und Schulleitern im Geschäftsgebiet der Kreissparkasse, berät und unterstützt das Institut und die Schulen bei Themen der Wirtschaftserziehung. Außerdem erörtert er aktuelle wirtschaftskundliche, pädagogische und gesellschaftspolitische Themen.
Hartmut Rohden, Vorstand der Kreissparkasse Kaiserslautern, unterstrich die Bedeutung des Pädagogischen Beirats und dessen Arbeit, insbesondere bei einer der Förderaufgaben der Sparkassen, nämlich junge Menschen zu eigenverantwortlichen, wirtschaftlichen Handeln anzuhalten. Dass zu diesem Vortrag so viele Pädagogen gekommen waren, wertete er als Beleg dafür, dass erneut ein an Schulen kursierendes, aktuelles und reizvolles Thema ausgewählt worden war. Dem Brüderpaar Cormack und Cillian Sweeney, Schüler des Sickingen-Gymnasiums Landstuhl, gelang mit seiner Stepptanz-Darbietung (begleitet von Nick Benz am Klavier) ein erfrischender Auftakt des Abends.
Der Vorsitzende des Pädagogischen Beirats, Leitender Regierungsschuldirektor Gerhard Dohna, dankte zunächst der Kreissparkasse Kaiserslautern, dass diese „auch in eher schwierigen Geschäftszeiten“ solche Veranstaltungen ermöglicht. „Von der Hattie-Studie in den Alltag – Feedback-Kultur als Voraussetzung für eine gute und gesunde Schule“ – so der Vortragstitel – sei „zwar auf den ersten Blick etwas provokativ“, aber die große Zahl der Anmeldungen zeige, dass das Thema auf aktuelles Interesse unter Schullehrern treffe. Denn es schwinge dabei zugleich indirekt die Vermutung mit,
„dass Schule krank macht – ein heikles Thema und zudem angstbesetzt“,
wie Dohna sagte.
Unter Pädagogen weit verbreitet ist die 2008 unter dem Titel Visible Learning erschienene Studie des englischen Wissenschaftlers John Hattie, kurz Hattie-Studie. Seitdem stehe Feedback im Zentrum der pädagogischen Aufmerksamkeit, so Referent Benedikt Wisniewski.
„Aber welches Feedback ist wirklich hilfreich?“,
fragte der promovierte Schulpsychologe, Seminarlehrer und Lehrbeauftragter der Universität Regensburg provokant.
Lehrer sprächen nur wenig über ihren Unterricht, sagte Wisniewski. Verwertbare Aussagen über z.B. den Lernerfolg seien aufgrund fehlender Datengrundlage daher schlichtweg nicht machbar. Die oft zitierte Hattie-Studie sei eine Synthese von etwa 800 Meta-Studien, die wiederum rund 50.000 Einzelstudien zusammengefasst haben, also eine sehr große Menge, deren Daten sehr stark verdichtet wurden. Er relativierte aber die Aussagekraft der Hattie-Studie, denn die am weitesten verbreitete Unterrichtsform, Frontalunterricht, tauche dort gar nicht auf. Als exorbitant hoch sei die Lehrer-Schüler-Beziehung als Faktor bei der Betrachtung der höchsten Wirksamkeit auf den Lernerfolg erkannt worden. Faktoren wie Klassengröße oder Hausaufgaben spielten dagegen eine eher nachrangige Rolle. Die fachliche Kompetenz des Lehrpersonals komme erst dann richtig gut zur Geltung, wenn eine positive Lehrer-Schüler-Beziehung besteht.
Der Faktor Persönlichkeit des Lehrenden habe nur einen sehr geringen Effekt auf den Lernerfolg. Wisniewski unterschied allerdings zwischen Persönlichkeit und persönlichem Verhalten. Während in der Betrachtung die Persönlichkeitsmerkmale keine wirklichen Auswirkungen auf den Lernerfolg haben, so seien Wirkungen aber beim persönlichen Verhalten umso deutlicher. Es sei eine in der Geschichte der deutschen Didaktik eine lange Zeit tradierte Grundannahme, dass
„es unveränderbar ist, quasi gottgegeben, ob man ein guter Lehrer ist oder nicht – aber das ist eine Fehlinterpretation“,
betonte Wisniewski. Anhand weiterer Studien wies er nach, dass strukturiertes Feedback direkte Auswirkungen auf eine realistischere Selbsteinschätzung der Lehrer habe, zu einer größeren Berufszufriedenheit und besserer Gesundheit führe. Er sprach sich klar für eine evidenzbasierte Herangehensweise aus, statt sogenannte alltagstheoretische Annahmen mit Wertkraft zu versehen. Es hänge also von der jeweiligen Haltung der Lehrenden ab und ob die richtigen Fragen gestellt werden. Er verwies auf den von ihm mitentwickelten Fragebogen, der aus über 60 Fragegegenständen 29 herausfiltriert hat, wobei man u.a. auf wissenschaftliche Fundierung, Praxistauglichkeit, Relevanz, Validität und Reliabilität geachtet habe. „Feedback hat keine Nachteile“, resümierte er und warb für diesen Weg einer wirksamen und gesunden Schule.