Heidelberg: Ganztägiger Warnstreik am 05. November 2019 an der Uniklinik

Betrieb nur auf Feiertagsniveau, Bettensperrungen, in OPs und Ambulanzen nur Behandlung von Notfällen

Kundgebung & Demo unter freiem Himmel mit Redebeiträgen von Klinikum-Beschäftigten sowie dem ver.di-Landesleiter Martin Gross als Hauptredner
Kundgebung & Demo unter freiem Himmel mit Redebeiträgen von Klinikum-Beschäftigten sowie dem ver.di-Landesleiter Martin Gross als Hauptredner

Heidelberg – Vor und begleitend zur dritten Verhandlungsrunde für die 25.000 Beschäftigten an den Unikliniken ruft ver.di erstmals in dieser Gehaltstarifrunde zu ganztägigen Warnstreiks auf. In Heidelberg am Dienstag, 5.November 2019.

Mit den Arbeitsniederlegungen will die Gewerkschaft die Arbeitgeber dazu bewegen, bei den Verhandlungen am 5. November ein Angebot abzugeben, das allen Beschäftigten in den Kliniken deutlich mehr Geld bringt. Bisher sind die Arbeitgeber lediglich bereit, die Pflege zu stärken. Für die Mehrheit der Beschäftigten bedeutet das derzeitige Angebot Stagnation. An den Standorten Freiburg, Tübingen und Ulm wird am Montag gestreikt, in Heidelberg am Dienstag. Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter, spricht am Dienstag in Heidelberg auf der zentralen Kundgebung.

Irene Gölz, ver.di Verhandlungsführerin: „Am Montag und Dienstag rufen wir alle Beschäftigten der Kliniken zum Warnstreik auf, Pflegekräfte und Laborbeschäftigte, Therapeutinnen, Beschäftigte in der Verwaltung, in den technischen und allen anderen Bereichen der Kliniken. Weil wir einen Tarifabschluss wollen, der alle Beschäftigten stärkt. Wir kämpfen dafür, dass der Kuchen groß genug für alle ist. Denn alle Beschäftigten zusammen sichern die gute Versorgung der Patientinnen und Patienten.“

In der zweiten Verhandlungsrunde am vergangenen Freitag hatten die Arbeitgeber ein Angebot vorgelegt: Sie bieten bei einer Laufzeit von drei Jahren Entgeltsteigerungen in drei Stufen zum 1. Oktober 2019 von zwei Prozent, zum 1. Oktober 2020 von 1,5 Prozent und zum 1. November 2021 von 1,5 Prozent an. Für die Pflege soll es zusätzlich aufgrund der fast vollständigen Refinanzierung 200 Euro im Monat mehr geben, für die Pflegehelfer*innen allerdings nur 100 Euro. Damit würde für weit über die Hälfte der Beschäftigten das Niveau des Abschlusses für den öffentlichen Dienst der Länder aus diesem Jahr nicht annähernd erreicht. Über viele weitere Themen waren die Arbeitgeber nicht bereit zu verhandeln.

In Heidelberg öffnet das ver.di-Streiklokal am Dienstag, den 5.11.2019 um 6 Uhr im Neuenheimer Feld 154 (Bushaltestelle Medizinische Klinik, neben dem Nierenzentrum). Erwartet werden mehrere hundert Streikende aus allen Berufsgruppen.
„Die Streikbereitschaft der Beschäftigten ist sehr hoch, denn diese müssen täglich unter einer enormen Belastung arbeiten. Daher erwarten sie, dass der Arbeitgeber auch finanziell honoriert, dass sie bei knapper Personalbesetzung trotzdem den Betrieb aufrechterhalten und die Patientenversorgung sicherstellen.“, so Monika Neuner, die ver.di-Ansprechpartnerin vor Ort. „Das bisherige Angebot der Arbeitgeber wird von den Beschäftigten als Affront betrachtet! Respekt und Wertschätzung der eigenen Mitarbeiter/innen geht anders.“, so Neuner weiter.
Die Streikenden werden u.a. in einer „Streik-Uni“ zu den Themen Entlastung, Streik und zu gesundheitspolitischen Fragen diskutieren. Um 10 Uhr ist ein Streikplenum unter dem Motto „Uniklinik im Streik!“ geplant. Um 11 Uhr startet ab dem Streiklokal, Im Neuenheimer Feld 154 die Demonstration mit einer Auftaktkundgebung. Eine Zwischenkundgebung findet vor der Kopfklinik statt, die Demo endet mit einer Abschlusskundgebung gegen 12.45/13.00 Uhr am Streiklokal.

Der Betrieb des Klinikums läuft am 5.11. nur auf Feiertagsbesetzung. Elektive Maßnahmen und Termine müssen abgesagt werden. Ver.di hat mit dem Vorstand eine Notdienstvereinbarung abgeschlossen. Ein Teil der streikbereiten Mitarbeiter wird auf ihr Streikrecht verzichten müssen, um die Notfallversorgung der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.
Ein Streikschwerpunkt ist die Anästhesiepflege und die OPs. „Wir gehen davon aus, dass ca. 80% des an Wochentagen üblichen OP-Programms abgesagt werden muss.“, so die ver.di-Ansprechpartnerin vor Ort Monika Neuner. „Zahlreiche Stationen sind mit Bettenschließungen einbezogen, auch ein großer Teil der Beschäftigten in den Ambulanzen und in der Funktionsdiagnostik haben ihre Streikbeteiligung angekündigt.“, so Neuner weiter.

Infobox:

Die Gewerkschaft ver.di fordert für die rund 25.000 von diesem Tarifvertrag betroffenen Beschäftigten in Heidelberg, Tübingen, Freiburg und Ulm acht Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von 18 Monaten.
Um die Pflege zu stärken, hat der Gesetzgeber mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz die Refinanzierung von Entgeltsteigerungen und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für die Pflege garantiert. ver.di fordert deshalb für diese Beschäftigten 200 Euro im Monat zusätzlich.
Die Gewerkschaft erwartet Verhandlungen über einen Tarifvertrag alternsgerechtes Arbeiten sowie die zeitliche Höherbewertung der Samstags-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit: die Arbeitszeit zu diesen Zeiten soll mit dem anderthalbfachen Zeitfaktor bewertet werden.
Für die Auszubildenden soll es unter anderem 130 Euro mehr geben sowie fünf freie Lerntage pro Ausbildungsjahr, um sich besser auf die anspruchsvollen Prüfungen und Klausuren vorbereiten zu können.
Für die vier baden-württembergischen Uniklinika in Ulm, Tübingen, Heidelberg und Freiburg gilt ein eigener Tarifvertrag mit dem Arbeitgeberverband Uniklinika, von dem rund 25.000 Beschäftigten an den vier Kliniken betroffen sind. Die Ärzte fallen unter den Tarifvertrag Ärzte Länder, das wissenschaftliche Personal als Landesbeschäftigte unter die Tarifbestimmungen des Landes.