Neustadt an der Weinstraße – Ein Winzerbetrieb aus Neustadt/Wstr. hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung einer Teilaussiedlung im Außenbereich von Neustadt-Hambach. Dies geht aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom 19. November 2019 hervor.
Der im Neustadter Ortsteil Diedesfeld ansässige Weinbaubetrieb richtete im Oktober 2017 eine Bauvoranfrage an die beklagte Stadt Neustadt betreffend die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Bebauung im Außenbereich westlich des Neustadter Ortsteils Diedesfeld bzw. südlich der zur Hambacher Gemarkung gehörenden Bebauung entlang der Andergasse. In einem ersten Bauabschnitt soll ein bis zu 9,25 m hohes Gebäude mit einer Nutzfläche von 700 m² zur Unterbringung landwirtschaftlicher Geräte und Maschinen sowie der Einrichtung von zwei Betriebsleiterwohnungen mit jeweils 170 m² Wohnfläche entstehen. In einem zweiten Bauabschnitt sollen voraussichtlich noch ein Kelterhaus mit Flaschen- und Tanklager, eine Vinothek und Wohnmobilstellplätze hinzukommen.
In der Folgezeit sprachen verschiedene Gremien der Beklagten ablehnende Empfehlungen aus, eine Entscheidung über den Bauantrag erging aber nicht.
Daraufhin hat der Winzerbetrieb Untätigkeitsklage erhoben, die er damit begründet hat, eine Teilaussiedlung sei zwingend erforderlich, da am bisherigen Standort die Möglichkeiten für eine Betriebserweiterung ausgeschöpft seien. Das Vorhabengrundstück biete die Möglichkeit, in mehreren Schritten die erforderlichen Erweiterungen vorzunehmen. Der Baukörper werde architektonisch anspruchsvoll gestaltet und sich harmonisch in Natur und Landschaft einfügen. Für die Erschließung genüge der vorhandene Feldweg.
Die 5. Kammer des Gerichts hat die Klage nach Durchführung einer Ortsbesichtigung mit folgender Begründung abgewiesen:
Das Weingut habe keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids. Denn die Privilegierungsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 des Baugesetzbuches lägen nicht vor.
Der in der Voranfrage beschriebene Gebäudekomplex diene in seiner konkreten Ausgestaltung bereits nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin.
Zwar sei davon auszugehen, dass die mit dem ersten Bauabschnitt zu schaffende Betriebshallenkapazität von ca. 700 m² auch angesichts der am Altstandort vorhandenen Hallen in einer Größenordnung von 500 m² und 1300 m² als betriebsdienlich zu qualifizieren sei. Soweit aber das Bauvorhaben im Obergeschoss über der Betriebshalle die Schaffung von zwei Betriebsleiterwohnungen betreffe, könne sich die Klägerin nicht auf das Landwirtschaftsprivileg berufen. Denn es sei nicht erkennbar, dass ohne einen zweiten Betriebsleiterwohnsitz auf dem Betriebsgrundstück erhebliche betriebliche Einschränkungen bestünden.
Ferner sei die Kammer nach Durchführung der Ortsbesichtigung davon überzeugt, dass eine Verwirklichung des geplanten Bauvorhabens eine Verunstaltung des Landschaftsbildes zur Folge hätte. Das Grundstück der Klägerin befinde sich in einem herausragend reizvollen Landschaftsabschnitt. Es sei Teil einer größeren Fläche von Weinbergen, die sich vor dem Hintergrund des bewaldeten Haardtrandes mit dem Hambacher Schloss als historisch einmalig bedeutsamem Gebäude und optischem Blickfang erstrecke. Die vorgesehene Bebauung hätte eine massive, optisch störende Wirkung, die auch für einen offenen Betrachter als grob unangemessen erscheine. Das Areal rund um das potentielle Bauvorhaben sei ausschließlich von Weinbergen geprägt, die sich harmonisch in das Landschaftsbild einfügten. Die Grenzlinien zwischen dem bewegten Gelände und dem freien Himmel in dem Bereich zwischen Maikammer im Süden und den Ortsrandbebauungen von Diedesfeld und Hambach im Norden und Osten seien ausnahmslos frei von störenden baulichen Elementen. Es gebe auch keine Zerschneidungen durch optisch auffällige Hochspannungsleitungen einschließlich Masten, die in landschaftsästhetischer Hinsicht häufig als belastend empfunden würden. Das geplante Gebäude wäre optisch nicht an eine bereits vorhandene Bebauung angebunden, wie dies im Falle des Weinguts Isler am südlichen Ortseingang von Diedesfeld der Fall sei, sondern würde – bei 200 m Entfernung – davon deutlich abgesetzt erscheinen.
Bei Verwirklichung des Bauvorhabens würde der Blick von dem in unmittelbarer Nähe in Nord-Süd-Richtung verlaufenden und als Rad- und Wanderweg genutzten Alsterweiler Weg aus in die freie Landschaft Richtung Westen und zum Hambacher Schloss nachhaltig behindert. Das geplante Gebäude würde in dem bisher ausschließlich aus Weinbergen bestehenden Bereich deutlich sichtbar hervortreten, zumal das dortige Gelände nach Westen leicht ansteige. Der zwischen dem Ortsteil Hambach und Maikammer verlaufende Alsterweiler Weg sei Bestandteil des Radwegs Deutsche Weinstraße sowie des Wanderweges „Pfälzer Mandelpfad Etappe 02 Neustadt – Edenkoben“ und ziehe insbesondere in den wärmeren Monaten und zur Zeit der Mandelblüte viele (Tages-)Touristen an. Der Erhalt des einmalig schönen Landschaftsbildes sei nicht zuletzt auch angesichts der Bedeutung des Tourismus für die Wirtschaft der Stadt Neustadt und der umgebenden Gemeinden von gewichtigem öffentlichen Belang.
In die Abwägung sei weiter mit einzubeziehen, dass eine Bebauung auf den seitens der Beklagten ins Gespräch gebrachten Alternativstandorten östlich der Ortslage von Diedesfeld von den Auswirkungen auf den grundsätzlich von Bebauung frei zu haltenden Außenbereich erheblich weniger einschneidend wäre, als dies am vorgesehenen Standort der Fall sein würde.
Zuletzt scheitere die Zulassung des Bauvorhabens auch daran, dass die wegemäßige Erschließung über den östlich des Vorhabengrundstücks verlaufenden unbefestigten Wirtschaftsweg nicht gesichert sei.
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.