Keine weiteren Taxikonzessionen in Ludwigshafen am Rhein

VG Neustadt: Wirtschaftliches Risiko

Die Ablehnung der Konzessionserteilung sei nicht zu beanstanden, so das Verwaltungsgericht Neustadt

Ludwigshafen / Neustadt an der Weinstraße – Die Stadt Ludwigshafen am Rhein muss keine weiteren Taxikonzessionen erteilen. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt a. d. Weinstraße heute entschieden.

Die Kläger beantragten 2012 und 2013 die Erteilung von sieben bzw. zwei Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen. Nach Prüfung der mit dem Antrag vorgelegten Unterlagen lehnte die Beklagte die Anträge auf Erteilung von weiteren Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen ab und begründete dies unter anderem damit, dass die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes die Erteilung weiterer Taxenkonzessionen nicht zulasse.

Nachdem ihre Widersprüche gegen diese Versagung der Taxengenehmigungen zurückgewiesen worden waren, erhoben die Kläger am 8. Oktober 2013 und am 25. Juli 2014 Klage. Sie begehrten die Verpflichtung der beklagten Stadt Ludwigshafen zur Erteilung der beantragten Genehmigungen. Die Entscheidung der Beklagten sei rechtlich nicht haltbar. Es liege keine Funktionsbedrohung des örtlichen Taxigewerbes in Ludwigshafen vor. Die Anzahl der im Bereich der Stadt Ludwigshafen vergebenen Taxikonzessionen lasse bei weitem nicht die Annahme einer Funktionsbedrohung im Sinne von § 13 Abs. 4 Personenbeförderungsgesetz – PBefG – zu.

In einem von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachten zur Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes hatten die Gutachter im Jahre 2012 in Abwägung mit dem verfassungsrechtlichen Grundrecht auf freie Berufsausübung und dem Ziel der Wahrung des öffentlichen Verkehrsinteresses empfohlen, die Zahl der Konzessionen von 60 in den nächsten drei Jahren maßvoll anzupassen, wobei als Zielgröße die Zahl von 70 Konzessionen genannt wurde, da ansonsten die angespannte Gewinnsituation des Ludwigshafener Taxigewerbes und damit seine zukünftige Investitionsfähigkeit erodieren würde.

Der Bestand an Taxengenehmigungen stieg aufgrund von Genehmigungsfiktionen (§ 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG) im Jahre 2013 auf 74 Konzessionen an.

Am 26. Juni 2013 verfügte die Beklagte nach § 13 Abs. 4 PBefG die Einrichtung eines Beobachtungszeitraumes, um die Auswirkungen der erteilten Konzessionen auf die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes überprüfen zu können, da die Zahl der zu erteilenden Konzessionen von 70 deutlich überschritten werde. Mit Schreiben vom 4. September 2013 informierte die Beklagte die Taxiunternehmer erstmals darüber, dass für das zweite Halbjahr 2013, zur Beantwortung der Fragen, ob die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes weiterhin gegeben sei und weitere Konzessionen vergeben werden könnten, ein Beobachtungszeitraum eingerichtet werde. Die endgültige Auswertung der für den Beobachtungszeitraum bei den Taxiunternehmen in Ludwigshafen am Rhein erhobenen Daten lag im März 2015 vor. 

Gestützt auf die Erkenntnisse aus dem Beobachtungszeitraum trat die Beklagte den Klagen im Wesentlichen mit folgender Argumentation entgegen: Ausgehend davon, dass die einzelnen Unternehmer die Fragebögen zum Beobachtungszeitraum 2013 ordnungsgemäß ausgefüllt und wahrheitsgemäße Angaben gemacht hätten, führe die Auswertung der Fragebögen zu folgendem Ergebnis: Die Anzahl der Taxifahrten pro Jahr habe sich von 279.526 im Jahr 2011 auf nunmehr 278.190 im Jahr 2013 entwickelt. Der Umsatz der Unternehmen sei von 5.565.969,48 € im Jahr 2011 auf 4.705.199,98 € zurückgegangen. Der Gewinn je Fahrzeug sei im selben Zeitraum von 12.044,51 € auf 4.082,77 € gesunken. Die Verbindlichkeiten je Fahrzeug seien von 30.114,19 € auf 35.737,83 € gestiegen. Des Weiteren müsse davon ausgegangen werden, dass der künftig zu zahlende Mindestlohn in Höhe von 8,50 € die finanzielle Situation im Taxigewerbe nicht entspannen werde. Es sei daher festzuhalten, dass das Ergebnis der Auswertung des Beobachtungszeitraumes 2013 die Aussage des Gutachtens aus dem Jahr 2012 stütze. Aufgrund der aktuellen Situation würde die Erteilung weiterer Konzessionen, die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes weiter gefährden. Weitere Konzessionen könnten daher nicht vergeben werden.

Die 3. Kammer des Gerichts hat die Klagen mit im Wesentlichen folgender Begründung abgewiesen:

Nach § 14 Abs. 4 PBefG dürfe die Genehmigung für den Verkehr mit Taxen nur versagt werden, "wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird". Ziel der Bestimmung sei nicht der Schutz der bereits in dem Beruf Tätigen vor wirtschaftlich spürbarer Konkurrenz und vor den wirtschaftlichen Risiken des Berufs; gerechtfertigt sei die Zulassungsbeschränkung vielmehr nur bei der Gefahr einer Übersetzung des Gewerbes mit der Folge ruinösen, das örtliche Taxengewerbe in seiner Existenz und damit in seiner Funktionsfähigkeit bedrohenden Wettbewerbs.

Dies erfordere eine prognostische Einschätzung der Genehmigungsbehörde über die Zahl der ohne Gefahr für die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes höchstens zuzulassenden Taxen, also eine Prognose dazu, welche Zahl neuer Taxen das örtliche Taxengewerbe "verträgt". Zur Vornahme dieser Einschätzung diene der von der beklagten Stadt eingerichtete Beobachtungszeitraum. Die von der Beklagten zu treffende Prognose sei von dem Gericht nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich darauf, ob die Beklagte die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte erkannt und den möglichen Verlauf der Entwicklung nicht offensichtlich fehlerhaft eingeschätzt habe.  

Unter Zugrundelegung dieses eingeschränkten gerichtlichen Prüfprogramms sei die Ablehnung, weitere neun Taxikonzessionen an die Kläger zu erteilen, nicht zu beanstanden. Die der Beklagten vorliegenden Daten aus dem Beobachtungszeitraum und den Gutachten zur Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes in Ludwigshafen aus dem März 2012 rechtfertigten die Einschätzung der Beklagten, dass die Erteilung weiterer Taxigenehmigungen ein sinnvolles betriebswirtschaftliches Handeln nicht mehr ermögliche.

Gegen das Urteil können die Kläger die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz beantragen.

Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 24. Juni 2015 – 3 K 879/13.NW und 3 K 662/14.NW –

Die schriftlichen Urteilsgründe werden voraussichtlich innerhalb der nächsten zwei Wochen vorliegen.