Grünstadt / Neustadt an der Weinstraße – Bei dem teilzerstörten Kelterhaus im Ortskern von Grünstadt-Asselheim handelt es sich nach wie vor um ein geschütztes Kulturdenkmal. Deshalb hat der Grundstückseigentümer keinen Anspruch auf Aufhebung der Unterschutzstellung. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt in einem Urteil vom 11. Juni 2015 entschieden.
Der Kläger ist seit 2007 Eigentümer eines im Zentrum von Grünstadt-Asselheim gelegenen Grundstücks, auf dem ein Kelterhaus steht. Die Denkmaltopografie des Landkreises Bad Dürkheim Beklagten beschreibt das Gebäude u.a. wie folgt: „Der scheunenartige, zur Straße giebelständige Bruchsteinbau mit Eckquaderung und Satteldach geht auf das 16. Jahrhundert zurück und gehört damit zu den ältesten Vertretern seines Typus im Dorf. Wegen seines hohen Alters hervorragendes wirtschaftgeschichtliches Zeugnis.“
Im April 2008 war das Kelterhaus bei Baggerarbeiten auf dem Nachbargrundstück beschädigt worden. Daraufhin beantragte der Kläger beim Beklagten u.a. die Erteilung einer Abbruchgenehmigung, was dieser ablehnte. Ferner stellte der Beklagte das Anwesen unter Denkmalschutz und gab dem Kläger auf, das teilzerstörte Gebäude wieder aufzubauen. Der Kläger ging gegen sämtliche Bescheide des Beklagten gerichtlich vor. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz entschied in den Jahren 2009 und 2010, dass es sich bei dem Kelterhaus des Klägers auch nach seiner Teilzerstörung um ein geschütztes Kulturdenkmal handele. Zwar sei der Kläger nicht verpflichtet, das Kelterhaus wiederherzustellen. Jedoch habe er keinen Anspruch darauf, dieses vollständig abreißen zu dürfen, denn er sei dazu verpflichtet, dieses in seinem gegenwärtigen Zustand zu erhalten.
Im April 2014 beantragte der Kläger die Aufhebung der Unterschutzstellung des Kelterhauses mit der Begründung, der Zustand des Kelterhauses habe sich verschlechtert und die provisorischen Sicherungsmaßnahmen seien in einem bedenklichen Zustand. Der Beklagte beteiligte u.a. die Denkmalfachbehörde, die in ihrer Stellungnahme vom 22. Mai 2014 ausführte, es bestehe kein Anlass, das regionalgeschichtlich wertvolle Kulturdenkmal in seiner Substanz aufzugeben. Dies gelte umso mehr, als der Kläger als Eigentümer des Gebäudes mit dem seinerzeit erfolgten Teilabbruch kaum Anstalten zur Sicherung des Gebäudes getroffen habe und daher auch für den weiteren Verfallszustand verantwortlich sei. Es sei unverändert möglich, mit vertretbaren Mitteln das Gebäude zu sichern und dem Bau eine sinnvolle Nutzung zu geben.
Mit Bescheid vom 24. Juni 2014 lehnte der Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers ab. Nach erfolgloser Durchführung eines Vorverfahrens erhob der Kläger Klage mit der Begründung, die Unterschutzstellung sei falsch und irreführend. Im Übrigen habe sich die Bausubstanz des Kelterhauses derart verschlechtert, dass jederzeit mit einem unkontrollierten Einsturz zu rechnen sei.
Die 4. Kammer des Gerichts hat nach Durchführung einer Ortsbesichtigung die Klage mit folgender Begründung abgewiesen: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die behördliche Feststellung, dass das Kelterhaus auf seinem Grundstück in Grünstadt-Asselheim kein geschütztes unbewegliches Kulturdenkmal mehr darstelle. Es stehe aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz aus dem Jahre 2009 fest, dass das streitgegenständliche Kelterhaus zu diesem Zeitpunkt ein geschütztes unbewegliches Kulturdenkmal gewesen sei. Der Kläger könne deshalb im vorliegenden Verfahren nicht mehr mit Erfolg geltend machen, das Anwesen sei zu keinem Zeitpunkt denkmalwürdig gewesen, weshalb die Unterschutzstellung falsch und irreführend gewesen sei.
Streitgegenstand dieses Verfahrens sei auch nicht die vom Kläger mehrmals aufgeworfene Frage, ob ihm die Erhaltung des teilweise zerstörten Kelterhauses unzumutbar geworden sei. Diese Frage sei in einem neuen Verfahren auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung zu klären. Der Kläger habe jedoch keinen solchen Antrag gestellt. Im hier anhängigen Verwaltungsrechtsstreit gehe es ausschließlich darum, ob die rechtskräftig feststehende Denkmaleigenschaft des Kelterhauses bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Juni 2015 aufgrund nachträglich eingetretener Umstände entfallen sei. Dazu berufe sich der Kläger darauf, die Bausubstanz des Kelterhauses habe sich in den letzten Jahren derart verschlechtert, dass jederzeit mit einem unkontrollierten Einsturz zu rechnen sei. Die Denkmaleigenschaft eines Schutzobjekts entfalle aber nicht automatisch wegen eines schlechten Erhaltungszustands. Von einem für die Eigenschaft als Kulturdenkmal relevanten Verfall sei erst dann auszugehen, wenn die historische Substanz des Denkmals so weit verloren gegangen sei, dass sie ihre Funktion, Aussagen über geschichtliche Umstände oder Vorgänge zu dokumentieren, nicht mehr erfüllen könne, eine Erhaltung des Schutzobjektes also schlechterdings ausgeschlossen sei.
Die Kammer habe eine Inaugenscheinnahme durchgeführt, um sich vor Ort ein eigenständiges Bild darüber zu machen, in welchem Zustand sich das fragliche Kelterhaus befinde. Die Ortsbesichtigung mit den Beteiligten und dem Vertreter der Generaldirektion Kulturelles Erbe, Direktion Landesdenkmalpflege, habe ergeben, dass dem teilzerstörten Kelterhaus nach wie vor eine besondere denkmalschutzrechtliche Bedeutung zukomme. Die Zerstörungen befänden sich im hinteren Grundstücksbereich und seien von der Straße aus kaum wahrzunehmen. Auch in teilzerstörtem Zustand habe das Gebäude wegen seiner exponierten Lage in der näheren Umgebung weiterhin die bisherige besondere Bedeutung für das Ortsbild und aufgrund seines bis in die Zeit vor dem Pfälzer Erbfolgekrieg zurückgehenden Alters weiterhin die Stellung eines herausragenden Zeugnisses der Weinbaugeschichte in der Pfalz.
Die Ortsbesichtigung habe ferner gezeigt, dass sich an der Bausubstanz des Kelterhauses des Klägers seit den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in den Jahren 2009 und 2010 keine so wesentlichen nachteiligen Veränderungen ergeben hätten, dass von einem für die Eigenschaft des Kelterhauses als Kulturdenkmal relevanten Verfall auszugehen wäre.
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragt werden.
Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 11. Juni 2015 – 4 K 1123/14.NW –