Neustadt: Allgemeinverfügung der Stadt Neustadt an der Weinstraße zum Betreten von Pflegeeinrichtungen und Altenheimen und des Krankenhauses Hetzelstift vom 15.03.2020

gemäß §§ 16, 28 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 10.02.2020 i.V.m. § 2 der Landesverordnung zur Durchführung des Infektionsschutzgesetzes vom 10.03.2010

Neustadt an der Weinstraße – Die Stadt Neustadt an der Weinstraße als zuständige Behörde hebt die derzeitige Allgemeinverfügung vom 13.03.2020 (Sonderamtsblatt Nr. 16 – 2020 vom 13.03.2020) auf und erlässt auf Vorschlag des Gesundheitsamts des Kreises Bad Dürkheim folgende

Allgemeinverfügung

  1. Pflegeeinrichtungen und Altenheime, die auf dem Gebiet der Stadt Neustadt an der Weinstraße betrieben werden, sowie das Marienhaus Klinikum Hetzelstift Neustadt/Weinstraße dürfen von folgenden Personen als Besucherinnen und Besucher bis zum Erlass einer anderslautenden oder einer aufhebenden Verfügung nicht betreten werden:
    a) Personen, die sich innerhalb der letzten 14 Tage in einem Gebiet aufgehalten haben, welches das Robert-Koch-Institut als „Risikogebiet“ oder als „Besonders betroffene Gebiete in Deutschland“ bezeichnet. Diese Gebiete sind täglich über den Link https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete.html
    zu prüfen und entsprechend im Aushang der Einrichtung zu aktualisieren;
    b) Personen, die mit einem Corona-Erkrankten (COVID-19 Kranken) direkten Kontakt hatten (Corona-Erkrankte sind Personen mit einem positiven
    Testergebnis für das neue Coronavirus -SARS-CoV-2-);
    c) Personen, mit Fieber;
    d) Personen, die an akuten respiratorischen Symptomen (Husten, Atemnot)
    leiden;
    e) Personen, die ein positives Testergebnis für das neue Coronavirus (SARS-
    CoV-2) haben;
    f) Personen, die von einem Gesundheitsamt als Kontaktperson eingestuft worden
    sind und
    g) Personen, denen die häusliche Absonderung durch das Gesundheitsamt oder
    einem Arzt empfohlen wurde.
  2. Der beigefügte Aushang ist durch den Namen der Einrichtung zu ergänzen und an den Zugängen gut sichtbar anzubringen.
  3. Diese Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben und erhält zeitgleich ihre Wirksamkeit. Sie gilt zunächst bis 19.04.2020.

Begründung

Das Robert-Koch-Institut hat auf Grund der bisherigen Erkenntnisse über COVID-19 Personengruppen definiert, die ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Hierzu zählen insbesondere ältere und multimorbide Patienten. Bei älteren Menschen mit vorbestehenden Grunderkrankungen ist das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf höher als wenn nur ein Faktor (Alter oder Grunderkrankung) vorliegt; wenn mehrere Grunderkrankungen vorliegen (Multimorbidität) dürfte das Risiko höher sein als bei nur einer Grunderkrankung (vgl. Informationen und Hilfestellungen für Personen mit einem höheren Risiko für einen schweren COVID-19-Krankheitsverlauf, Stand: 06.03.2020).

Dieser fachlichen Bewertung des Infektionsrisikos schließt sich die Stadt Neustadt an der Weinstraße an. Mit dieser Allgemeinverfügung gibt die Stadt Neustadt an der Weinstraße den genannten Einrichtungen ein Instrument an die Hand, um Betretungsverbote auszusprechen.

Rechtsgrundlage der Anordnung ist § 28 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 1 IfSG. Danach trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Nach der derzeitigen Risikobewertung des Robert Koch Instituts zu dem neuen Coronavirus (SARS-CoV-2) handelt es sich weltweit und in Deutschland um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation mit zum Teil schweren und sogar tödlichen Krankheitsverläufen. Die WHO hat auch bereits den Pandemiefall ausgerufen.

Inzwischen sind in fast allen Bundesländern Infektionsfälle mit dem neuen Coronavirus SARS- CoV-2 bestätigt worden, wobei die Zahl der Fälle in Deutschland weiter ansteigt. Auch in Neustadt an der Weinstraße muss täglich mit weiteren Fällen gerechnet werden, zumal auch im benachbarten Landkreis Bad Dürkheim die Zahl der Covid-19-Erkrankten stetig steigt. Derzeit gibt es gegen SARS-CoV-2 keine Impfung und auch keine wirksamen Therapeutika.

Die Allgemeinverfügung ist zum Schutz der o.g. Risikogruppen, die in den vorbezeichneten Einrichtungen überwiegend anzutreffen sind, erforderlich und angemessen. Für die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckungsgefahr gilt dabei kein strikter, alle möglichen Fälle gleichermaßen erfassender Maßstab. Vielmehr ist der geltende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 22.03.2012, Az. 3 C 16/11). Aufgrund der besonderen Gefahr, die von dem neuartigen Erreger aufgrund seiner recht hohen Übertragbarkeit und der häufig schweren bis hin zu tödlichen Krankheitsverläufe bei den oben definierten Risikogruppen, für die öffentliche Gesundheit in Deutschland und weltweit ausgeht, sind an die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung eher geringe Anforderungen zu stellen, so dass hier das Übertragungsrisiko aufgrund der Nähe zu der infizierten Person ausreicht.

Zudem ist durch die gemeinsame Nutzung von z.B. Bädern und Gemeinschaftsräumen das Risiko, das sich das Virus verbreitet, in Alten – und Pflegeheimen sowie im Krankenhaus Hetzelstift als erhöht zu werten.

Es wird klargestellt, dass die Verfügung im Fall des Krankenhaus Hetzelstift nur für Besucherinnen und Besucher von Patienten gilt, nicht aber für kranke Hilfesuchende.
Wir weisen darauf hin, dass ein Widerspruch gegen diese Allgemeinverfügung keine aufschiebende Wirkung hat (§§ 28 Abs. 3 i.V.m. 16 Abs. 8 IfSG).

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach öffentlicher Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch kann

  1. schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stadtverwaltung Neustadt an der Weinstraße (Postadresse: Marktplatz 1, 67433 Neustadt an der Weinstraße),
  2. gemäß Artikel 3 Nr. 12 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. EU Nr. L 257 S. 73) durch E‐Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur (E‐Mail‐ Adresse: stv‐neustadt‐weinstrasse@poststelle.rlp.de) oder
  3. durch De‐Mail in der Sendevariante mit bestätigter sicherer Anmeldung nach dem De‐Mail‐ Gesetz (De‐Mail‐Adresse: info@neustadt‐weinstrasse.de‐mail.de)
    erhoben werden.

Neustadt an der Weinstraße, 13.03.2020
Stadtverwaltung Neustadt an der Weinstraße

Marc Weigel


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