Schwarzach – Der Wald erobert seine Bedeutung im Leben der Menschen zurück. Er ist nicht nur Produzent des einzigen ökologisch produzierten und ständig nachwachsenden Rohstoffes Holz, bereits unter dem Eindruck der Klimadebatte verlagerte sich der gesellschaftliche Fokus. Die Erkenntnis, dass der Wald geschützt werden muss, hat dabei etwas mit der langfristigen Existenz von uns Menschen zu tun. Ohne ausreichend Bäume gibt es kein für die Menschen gesundes Klima.
Im Kampf gegen das Coronavirus geht es nun auch darum, was der Wald unmittelbar für die Menschen in Sachen Gesundheitsschutz tun kann. Das Ökosystem Wald als heilende Kraft und in Zeiten von Kontaktsperren auch als weitläufiger Naturraum, in dem ausreichender Abstand zu anderen Menschen gewahrt werden kann.
Dietmar Hellmann, Leiter des Forstbezirks Odenwald und Vorsitzender des Bundes Deutscher Forstleute Baden-Württemberg, empfiehlt zusammen mit seinen Kollegen: „Täglich ein längerer Besuch bei Dr. Wald“. Aktuelle Erkenntnisse von Medizinern über die heilende und stärkende Wirkung von Wald sind für die Forstleute absolut keine Neuigkeiten. „Solange man kein wirksames Medikament und keine vorbeugend wirkende Impfung gegen Corona entwickelt hat, ist es das Beste, das Immunsystem bewusst aktiv zu stärken“, so der Forstbezirksleiter und weiter: „Dass Waldluft beruhigt, ausgleichend auf das Herz- Kreislaufsystem wirkt und durch die Bewegung in der Waldluft und die darin enthaltenen Stoffe (Terpene) die Lungenfunktion stärkt, ist dabei nicht einfach aus der Luft gegriffen.“ Besonders wohltuend wirkt die gerade jetzt sich entfaltende Vegetation im Frühlingswald.
Für Dietmar Hellmann ist es klar, dass unser Immunsystem ein Ergebnis der langfristigen Evolution des Menschen und damit der immerwährenden Auseinandersetzung des Menschen mit den Natur- und Umweltbedingungen ist. Deshalb ist es auch die Natur, die dieses Abwehrsystem gegen neue Angriffe trainieren, stärken und auf bisher unbekannte Viren vorbereiten kann. Außerdem stärkt der Wald die Psyche des Menschen. Und die Psyche wiederum hat Einfluss auf die Stärke oder Schwäche des Immunsystems. Der Wald ist in der Lage, das parasympathische Nervensystem – den Nerv der Ruhe – zu stärken und kann den Menschen Ängste zu nehmen. Dazu ist es erforderlich, ganz in den Wald einzutauchen, ihn wahrzunehmen und auf sich wirken zu lassen. “Je mehr wir den Wald auf uns wirken lassen und ihn nicht nur als Kulisse wahrnehmen, umso größer ist seine Wirkung“, ist sich Dietmar Hellmann sicher.
Auch gegen den zu erwartenden Lagerkoller, der Familien, die 24 Stunden in engen Wohnungen eingesperrt sind bedroht, kann der tägliche Waldspaziergang helfen. „Der Wald vor unseren Haustüren steht allen offen“, so der Forstmann, weist aber auch darauf hin, dass dabei alle Abstandsregeln und andere Verhaltensvorschriften, die die Behörden im Zusammenhang mit der Eindämmung der Corona-Pandemie erlassen, auch im Wald uneingeschränkt zu beachten sind. Kinder, die noch einige Wochen nicht zur Schule können, sind sicherlich dankbar dafür, wenn sie sich im Wald austoben können.
In Zeiten, in denen das Abstandsgebot gilt und Menschen es schmerzlich vermissen Freunde und nahe Angehörige umarmen zu können bietet der Wald einen Ersatz. Der Tipp von Dietmar Hellmann hierfür: „Man mag das Umarmen von Bäumen komisch empfinden, aber Bäume können uns übrigens nicht nur in Zeiten von Corona Halt geben. Der Wald kennt kein Corona.“