Neustadt: SGD – „Weinbau muss das Glyphosat-Verbot in Naturschutzgebieten beachten“

Symbolbild Weintrauben (Foto: Pixabay/Matthias Böckel)
Symbolbild Weintrauben (Foto: Pixabay/Matthias Böckel)

Neustadt an der Weinstraße – In Naturschutzgebieten darf es aufgrund der Bundes-Pflanzenschutzanwendungsverordnung keinen Einsatz des Pestizids Glyphosat geben. Ausnahmen von diesem Grundsatz dürfen nur von der Oberen Naturschutzbehörde zugelassen werden, da es massiv die Lebensgrundlagen von Tier- und Pflanzenarten vernichtet. In Rheinhessen und der Pfalz ist hierfür die SGD Süd zuständig. Der Bundesgesetzgeber hat hohe Anforderungen für das Prüfverfahren gesetzt. Zudem kommt es auf die im jeweiligen Gebiet geltenden Naturschutzverordnungen an.

Die SGD Süd hat nun in mehreren zu prüfenden Fällen in der Pfalz und in Rheinhessen entschieden, dass für den Weinbau im jeweils betroffenen Naturschutzgebiet keine Ausnahme zugelassen werden kann. Der Entscheidung war ein umfangreiches Prüfverfahren vorausgegangen, bei dem Experten des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum, der Landwirtschaftskammer und des Bauern- und Winzerverbandes angehört und anerkannte Naturschutzverbände förmlich beteiligt wurden.

Ausschlaggebend in diesem Fall war, dass ein die Naturschutzbelange überwiegendes öffentliches Interesse an einer Ausnahme vom Glyphosatverbot in Schutzgebieten nicht vorliegt. Es ist nicht damit zu rechnen, dass der Weinbau in den betreffenden Gebieten wegen Unrentabilität aufgegeben wird und die Flächen unmittelbar brach fallen oder gerodet werden. Das Verbot der Glyphosatanwendung in Naturschutzgebieten führt folglich nicht zu einer unzumutbaren Belastung der Winzer. Es gibt grundsätzlich mechanische Alternativen zur Unkrautbekämpfung. Diese führen zwar zu Erschwernissen in der Bewirtschaftung der Flächen. Allerdings handelt es sich dabei um eine vom Gesetzgeber beabsichtigte und hinzunehmende Härte. Der Einsatz von Glyphosat ist unabhängig davon auch nicht mit den Belangen von Naturschutz und Landespflege vereinbar.

Befreiungen vom Glyphosat-Anwendungsverbot soll auf dem Hintergrund der bislang geltenden Rechtslage demgegenüber für Obstbauflächen in Rheinhessen erteilt werden. Diese Entscheidung gilt allerdings nur für ein Jahr und kann voraussichtlich nicht verlängert werden. Die Mehrzahl der antragstellenden Landwirte kommt aus Rheinhessen – aus der Stadt Mainz sowie dem Landkreis Mainz-Bingen.

Der Grund für die Befreiung im Obstbau ist auf das überwiegende öffentliche Interesse am Erhalt der Obstbauflächen in den betroffenen Naturschutzgebieten zurückzuführen. Die Erhaltung und Entwicklung obstbaulicher Flächen ist zum einen Schutzzweck in den Rechtsverordnungen. Zum anderen unterfallen alle Gebiete dem Schutzregime Natura 2000. Die betreffenden Obstbauflächen sind mitunter maßgebliche Bestandteile des Vogelschutzgebiets „Dünen- und Sandgebiete Ingelheim (VSG)“.

Nach derzeitiger Einschätzung gibt es im Obstbau aktuell noch keine wirtschaftlichen zumutbaren Alternativen zum Einsatz von Glyphosat. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Obstbau sind sehr problematisch. Das Verbot der Anwendung von Glyphosat im Naturschutzgebiet würde die Antragsteller wegen dieser heutigen schwierigen wirtschaftlichen Situation vor die Wahl stellen, die Flächen brach fallen zu lassen oder zu roden und einer anderen Nutzung zuzuführen. Mit einer temporären Befreiung für den Einsatz von Glyphosat soll ihnen die Möglichkeit eröffnet werden, in dieser Zeit die Bewirtschaftung der Flächen umzustellen, um zukünftig ohne den Einsatz dieses Herbizids und möglichst auch anderer Herbizide zu arbeiten oder auf den ökologischen Obstbau umzustellen. Die Landwirte werden dringend gebeten , die Hinweise verschiedener Naturschutzverbände auf innovative mechanische Verfahren der Unkrautbekämpfung zu berücksichtigen und diese Methoden künftig als Alternative in Betracht zu ziehen und dazu auch die Beratung des Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau zu nutzen.

Mit dem neuen Aktionsprogramm Insektenschutz der Bundesregierung ist die Einschränkung und Beendigung des Einsatzes glyphosathaltiger und wirkungsgleicher Pflanzenschutzmittel festgeschrieben, bereits jetzt gilt eine systematische Minderungsstrategie. Der Einsatz glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel sowie Insektengifte, die der biologischen Vielfalt schaden, ist ab 2023 komplett zu beenden. Auf EU-Ebene läuft 2022 die Zulassung von Glyphosat aus, eine Verlängerung ist nicht in Aussicht. Dementsprechend sind Landwirte und Obstbauern bereits jetzt aufgefordert, die Mittel möglichst nicht mehr einzusetzen und sich mit anderen Bewirtschaftungsweisen vertraut zu machen. Eine befristete Sondergenehmigung für dieses Jahr konnte aus den vorgenannten Gründen jedoch nicht verwehrt werden. Den betroffenen Betrieben soll damit auch ein zeitlicher Vorlauf für die Umstellung auf mit den Naturschutzgebietsverordnungen und dem Pflanzenschutzrecht kompatible Alternativen in der Pflege der Obstkulturen eingeräumt werden.

Insbesondere wäre auf eine alleinige ökologische Bewirtschaftung der in den Naturschutzgebieten und angrenzenden Bereichen vorhandenen Landwirtschaftsflächen hinzuwirken. Diese würde eine Beeinträchtigung der Schutzgebiete durch Eintrag von Pestiziden in der Zukunft weitgehend ausschließen und zu einer qualitativen Verbesserung der Situation in den Gebieten führen. Auch aus Verbrauchersicht ist eine solche Entwicklung positiv und trifft auf große Nachfrage.


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