Heidelberg – Durch coronabedingt geschlossene Freibäder und Badeseen nutzten bei frühsommerlichen Temperaturen viele Menschen den Neckar zum Schwimmen. Das Gesundheitsamt des Rhein-Neckar-Kreises, das auch für die Stadt Heidelberg zuständig ist, steht diesem Freizeitvergnügen allerdings äußerst kritisch gegenüber. Auch wenn sich der Neckar in den vergangenen Jahren ökologisch erholt hat, heißt das längst nicht, dass er auch Badewasserqualität hat, teilt die Behörde mit.
Die im Jahr 2019 vom Gesundheitsamt durchgeführte Neckarwasseruntersuchung im Bereich der Neckarwiese in Heidelberg bestätigten die letzten Untersuchungen des Landesgesundheitsamtes Stuttgart aus dem Jahr 2018: „Die Ergebnisse zeigen ein für den Neckar typisches mikrobiologisches Bild mit anhaltender fäkaler Belastung und deutlichen Konzentrationsspitzen“, so Albert Karras, der im Gesundheitsamt für die Überwachung der Wasserqualität in Schwimmbädern und Badeseen verantwortlich ist. Sie decken sich mit der Studie des Landesgesundheitsamtes aus dem Jahr 2001, in deren Rahmen entlang des Neckars an 12 Uferbereichen Wasserproben entnommen wurden: Keine der untersuchten Stellen – vom Schwarzwald-Baar-Kreis bis Mannheim – erfüllte die gesetzlichen Vorgaben der entsprechenden EU-Richtlinie und der darauf basierenden baden-württembergischen Badegewässerverordnung.
Das Gesundheitsamt rät deshalb aus Gründen des vorbeugenden Gesundheits-schutzes vom Baden im Neckar ab – und gibt zu bedenken, dass der Neckar ein so genannter „Vorfluter“ ist. Das bedeutet, dass rund 590 Kläranlagen ihr gereinigtes Abwasser in den Fluss leiten. Zwar werden Keime in den mechanisch-biologischen Reinigungsstufen zum größten Teil abgebaut, nie jedoch vollständig. Dadurch können Krankheitserreger wie Fäkalkeime, Salmonellen, Viren oder Pilze die Wasserqualität gesundheitsschädigend beeinflussen.
Bei starken und lang anhaltenden Regenfällen können Abwässer auch ungeklärt in den Vorfluter gelangen. Durch die Einleitung von Industrieabwässern bestehen bei Störfällen, wie 2015 in der Jagst, ebenfalls gesundheitliche Risiken. Ebenso können Ratten in der Kanalisation und an den Ufern eine Vielzahl von Krankheit erregenden Keimen (z. B. Leptospirose) übertragen. Und nicht zuletzt weist der Neckar als Bundeswasserstraße einen lebhaften Berufsschiffverkehr auf. Zusammen mit vielen Wassersportfahrzeugen, Fahrgastschiffen, Seglern und Ruderern können diese eine weitere Gefahr für Badende darstellen.
Auch wenn der Neckar nicht als Badegewässer geeignet ist, muss in diesem Sommer niemand auf den Sprung ins kühle Nass verzichten. Viele der öffentlichen Freibäder und Badeseen im Landkreis haben unter Berücksichtigung der Corona-Verordnung des Landes wieder geöffnet – die ersten Proben bestätigten eine ausgezeichnete Wasserqualität.