Mainz – Mit 199 von 238 und damit 83,6 Prozent der abgegebenen Stimmen ist der Ingelheimer Wolfgang Bärnwick am Freitagabend bei der Außerordentlichen Mitgliederversammlung des Landessportbundes Rheinland-Pfalz (LSB), die wegen der Corona-Pandemie erstmals in digitalem Format stattfand, zum neuen LSB-Präsidenten gewählt worden.
Der 72-Jährige hatte den Chefposten der größten Personenvereinigung des Landes nach dem lange angekündigten Rücktritt des kommissarischen Präsidenten Jochen Borchert bereits seit dem 31. Oktober kommissarisch inne gehabt. Offiziell gewählt und damit in ihrem Amt als neue Vizepräsidentin Leistungssport bestätigt wurde von den 155 Delegierten zwei Tage nach ihrem 34. Geburtstag auch Bahnrad-Olympiasiegerin Miriam Welte (Kaiserslautern) – mit überragenden 93,4 Prozent.
„Das ist ein großartiger Vertrauensbeweis“, schwärmte Bärnwick im Anschluss an seine Wahl. „Herrlich. Ja – ich vibriere.“ Der gebürtige Schwabe betonte, er bedanke sich bei den Delegierten „für das große Vertrauen“ und freue sich „auf eine vertrauensvolle team- und ergebnisorientierte Arbeit“. Als seine wichtigsten Ziele für die kommenden Jahre nannte der Rheinhesse die Auswertung und Umsetzung der Ergebnisse aus der Organisationsanalyse, der Neubau der LSB-Geschäftsstelle, die Pflege und den Ausbau der Kontakte zum Innenministerium, die gezielte Förderung des Leistungssports sowie die Bewältigung der Coronakrise.
Polizeikommissarin Welte, die ihre Leistungssportkarriere im September 2019 beendet hatte, war ebenfalls schon seit dem 31. Oktober kommissarisch im Amt. Die Pfälzerin betonte, sie wolle sich ganz besonders für die Verbesserung der Strukturen an den Leistungsstützpunkten sowie der Trainerbezahlungen einsetzen – „dass wir wettbewerbsfähig bleiben bzw. wieder werden“. In den Augen von LSB-Ehrenpräsidentin Karin Augustin ist die Radsportlerin „ein Glücksfall für uns“.
Augustin war es auch, die Weltes Vorgänger im Amt des Vizepräsidenten für Leistungssport, Jochen Borchert, in Würdigung seiner hervorragenden Verdienste um die Förderung des Sports mit der LSB-Ehrenplakette in Gold dekorierte. Ein dickes Lob erhielt Borchert auch aus dem Mund von Sportminister Roger Lewentz. „Sie haben viel mit uns bewegt, wir haben gemeinsam viele Regelwerke coronakonform auf den Weg bringen müssen“, sprach Lewentz den 60 Jahre alten Vallendarer, der künftig die Geschäftsstelle der Sportministerkonferenz 2021/22 leiten wird, via virtueller Botschaft persönlich an. „Sie haben für unseren rheinland-pfälzischen Sport und für unseren Landessportbund sehr, sehr Starkes geleistet – das wird bleibend sein.“ Mit Blick auf den Sport im Bundesland betonte der Minister: „Das Jahr 2021 wird ein besseres Jahr werden, in dem der Sport uns wieder sehr viel zurückgeben wird an Freude, an Miteinander und an Aktivitäten. Was mich sehr freut: Wir werden jetzt einen Haushalt verabschieden für das Jahr 2021, wo die Mittel für unseren Sport im Land deutlich aufgestockt werden. Darum haben wir lange gerungen – jetzt haben wir es gemeinsam hinbekommen. Das ist ein gutes Signal – und daraus werden wir dann in den nächsten Monaten auch richtig etwas machen.“
Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), wandte sich in seinem virtuellen Grußwort zur Lage von Sportdeutschland an die Versammlung. „Wir alle wissen, wir alle spüren, dass uns dieser zweite Lockdown wesentlich härter, wesentlich intensiver trifft, als das vor einem halben Jahr der Fall war. Denn es geht zum einen um die erneute Bewegungslosigkeit in der kalten, in der dunkeln Jahreszeit – es geht aber auch so langsam, aber sicher an die psychische Substanz.“ Manch einem falle es schwer, für diese Maßnahmen Verständnis aufzubringen. Zumal der Sport alles dafür getan habe, vorbildlich zu agieren. So hätten etwa die Fachverbände wertvolle sportartspezifische Konzepte entwickelt. Hörmann wörtlich: „Wir waren und sind weiterhin der Meinung, fass der Sport Teil der Lösung – und nicht des Problems ist.“ Nun hoffe man, „dass die Politik über alle Regionen – national, aber auch in den einzelnen Kommunen – mit Fingerspitzengefühl und Augenmaß dem Sport bald wieder eine größere Bewegungsfreiheit ermöglicht“.
Bärnwicks Vor-Vorgänger Prof. Lutz Thieme hatte den Delegierten auch die Hintergründe für seinen Rücktritt am 6. Februar 2019. Er habe erkennen müssen, „dass der von mir verkörperte Weg der inhaltlichen Problemanalyse, der Erarbeitung von fachlich begründeten Lösungsansätzen, die Überführung in Prozesse und deren konsequente Abarbeitung“ nicht die nötige Unterstützung gefunden habe. „Den Rücktritt löste letztlich die Weigerung aller drei Präsidenten der regionalen Sportbünde sowie zweier Präsidiumsmitglieder aus, den vom Sportbund Pfalz eingebrachten Vorschlag zur sofortigen Neubesetzung der Position des Hauptgeschäftsführers zu verschieben“, so der Sportwissenschaftler. Thieme stellte klar: „Das war kein Gegenwind, den ich mit ein wenig Stehvermögen hätte aushalten können, sondern die nüchterne Abwägung zwischen den Spielräumen, den mir die Koalition der Präsident*innen der regionalen Sportbünde bereit war einzuräumen und meinen inhaltlichen Verpflichtungen gegenüber der Mitgliederversammlung.“
Nachdem Dr. Werner Pitsch von der Universität des Saarlandes in Saarbrücken die Ergebnisse der Organisationsanalyse vorgestellt hatte, äußerte sich Borchert zu deren Ziel und Zweck und zur geplanten Umsetzung. Demnach sollen etwa funktionalere Formen des kooperativen Zusammenarbeitens entwickelt werden. „Doppelarbeit“ soll identifiziert und künftig vermieden werden, Synergieeffekte sollen beschrieben, die Vorteile zentraler und dezentraler Aufgabenerledigung herausgearbeitet und die Mehrfachbesetzung externe Gremien vermieden werden. Nicht zuletzt sollen die Handlungsbefugnisse des Hauptamts ausgeweitet und die Politische Kommunikation optimiert werden. Wichtig sei dabei zu wissen, dass sich die Organisationsanalyse auf den LSB und die regionalen Sportbünde bezieht – eine Analyse der Vereine oder insbesondere der Fachverbände sei nicht vorgesehen. Eine Partizipation der Fachverbände an den Ergebnissen – insbesondere an der Umsetzung – sei denkbar. Borcherts Fazit: „Es bedarf vor allem Ehrlichkeit und Zusammenhalt. Dass man unabhängig von einer Organisation hinterfragt, wer für was zuständig ist.“
Verabschiedet wurden nicht zuletzt die Resolution Inklusion wie auch Good-Governance-Standards inklusive des LSB-Ethik-Codes. Zu Mitgliedern der Ethik-Kommission wurden Prof. Tim Bindel (Sportpädagoge und Geschäftsführender Leiter des Sportinstituts der Johannes Gutenberg-Universität Mainz), Ernst Merz (ehemaliger Präsident des Landessozialgerichts RLP) und Dieter Skala (Ordinariatsdirektor und Leiter des Katholischen Büros Mainz im Bistum Mainz) gewählt.