Bürgermeister und 1. Stadtrat bitten dringend um Wohnraum für Flüchtlinge

"Helfen Sie uns zu helfen – öffnen Sie Ihre Türen"

Lorsch – „Wir bitten Sie ganz dringend: Öffnen Sie Ihre Türen! Vermieten Sie Wohnraum an die Menschen, die uns dieser Tage aus verzweifelten Situationen und heimatlos erreichen. Sie sind auf Ihre leerstehenden Wohnungen, auf Häuser, die unbewohnt in Ihrem Besitz sind, angewiesen! Helfen Sie uns zu helfen!“ Wieder wendet sich der Bürgermeister dieser Stadt an die Lorscherinnen und Lorscher.

Wenn sich nicht rasch weitere private Vermieter finden, drohen die Menschen, die die Flucht über das Mittelmeer oder sonstige abenteuerliche Dramen überlebten, demnächst in Lorsch ohne Wohnung da zu stehen. Denn schon Mitte Mai werden weitere zehn Personen nach Lorsch kommen.

„Städtische Unterkünfte zur Unterbringung von Flüchtlingen stehen nicht mehr zur Verfügung, da alle Möglichkeiten zur Unterbringung ausgeschöpft wurden. Die bestehenden Flüchtlingsunterkünfte sind vollständig belegt. Wir suchen ganz dringend Wohnraum“,

so die Leiterin des städtischen Sozialamtes, Sylvia Weber. 

Verstehen kann man das nicht wirklich. Nachweislich stehen in Lorsch viele Häuser komplett leer. Dazu kommen freie Wohnungen. Und selbstverständlich werden mögliche private Vermieter vom Kreis, der mit Vermietern Belegungs- und Mietvereinbarungen trifft, vernünftig entschädigt. Auch die Stadt selbst würde sehr gerne weitere Liegenschaften anmieten, um sie Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen. Doch bislang sind nur zwei Lorscher Familien mit gutem Beispiel vorangegangen.

„Wofür wir sehr, sehr dankbar sind“,

so Schönung.

Mit einem weitverbreiteten Vorurteil räumte der Erste Kreisbeigeordnete Matthias Schimpf kürzlich wieder auf: Die Menschen, die ihre Flucht finanzieren konnten, kommen aus der Mittel- und Oberschicht der von Krieg, schlimmstem Terror und Hunger betroffenen Ländern. Das beste Beispiel sind die in Lorsch lebenden Flüchtlinge selbst: Sie sind in viele Projekte und Aktionen integriert, sprechen teilweise schon sehr gut Deutsch und besuchen, wo immer es geht und sie zugelassen werden Schulen, Sprachkurse oder andere Aus- und Bildungsmöglichkeiten in der Region.

Zu Recht erinnerte Bürgermeister Schönung ebenfalls daran, dass viele der Flüchtlinge, die Lorsch nach dem Krieg aufnahm, heute angesehene und wertvolle Mitglieder unserer Kommune sind. Und nicht nur Nürnbergs Oberbürgermeister Maly machte zu Recht darauf aufmerksam, dass damals oder etwa bei den ersten Gastarbeiterwellen, wesentlich mehr Menschen eine neue Heimat bei uns suchten. Obwohl die Bevölkerung damals sehr viel weniger wohlhabend war, gelang, die Aufnahme der Fremden in der Gemeinschaft. – Teilen wir heute schwerer, obwohl wir so viel mehr haben?

Bis Mitte Juni werden mindestens weitere 35 Menschen in Lorsch erwartet.

„Diese Aufgabe schaffen wir nur gemeinsam“,

so auch der 1. Stadtrat Klaus Schwab eindringlich.

„Ich bitte Sie: Fassen Sie sich ein Herz! Geben Sie diesen Leuten ein menschenwürdiges Dach über dem Kopf, so wie Sie es sich wünschen würden, wenn Ihr Sohn, Ihr Mann oder Ihre Familie aus Deutschland vertrieben würde, wenn Sie alles verloren hätten. Versetzen Sie sich in diese Lage – zeigen Sie Mitmenschlichkeit! Sprechen Sie uns an, kooperieren Sie mit der Stadt.“ 

Infokasten

Wer sich über die Konditionen einer Vermietung oder Belegungsvereinbarung informieren möchte, eine Wohnung zu vermieten hat oder ein Haus, der wende sich bitte innerhalb der Stadtverwaltung an: Sylvia Weber, Fon 06251.5967-143, s.weber@lorsch.de