Kaiserslautern – Der Lockdown hat die Kultur zur Zeit fest im Griff. Museen sind geschlossen und auch sonst ist das Leben gerade ziemlich heruntergefahren.
Was liegt hier näher, als die Kunst zum Betrachter zu bringen? Ungewöhnliche Wege beschreitet hier die Stadtbildpflege Kaiserslautern (SK) mit ihrem jüngsten Öffentlichkeitsprojekt, das Teil der diesjährigen Nachhaltigkeitskampagne ist: Ein Entsorgungsfahrzeug wurde zum fahrenden Urban Art Kunstwerk.
„Mit dem Projekt spannen wir einen großen Bogen über die Kunst zu den Themen Nachhaltigkeit und Graffiti. Damit wollen wir Bewusstsein schaffen und gezielt die Kunstszene unterstützen“,
so Bürgermeisterin Beate Kimmel.
Der in Kaiserslautern lebende und international anerkannte Urban Art Künstler Carl Kenz hat die beidseitig leicht konvexen Flächen des Müll-Press-Fahrzeugs in seinem eigenen Stil zum Thema Nachhaltigkeit gestaltet. Klimawandel und Umweltveränderungen erzeugen Handlungsdruck. Der Stadtgesellschaft stehen Modernisierungsprozesse bevor, die u. a. ökologische Fragen beantworten und auch den Umweltproblemen gerecht werden müssen. Letztere sind insbesondere dann hartnäckig, wenn ihre Ursachen eng verknüpft sind mit der Art und Weise unseres Wirtschaftens, mit zentralen Leitbildern unserer Gesellschaft oder mit attraktiv empfundenen Lebensstilen.
Die beiden sechs Meter langen und zwei Meter hohen Motive beruhen auf Michelangelos Werk „Die Erschaffung Adams“. Geschickt im Umgang mit Farbspraydosen hat Carl Kenz auf der einen Seite des Fahrzeugs eine schlaffe, skelettierte linke Hand gesprüht, die sich aus einem düsteren Müllberg befreit. Der Abfall symbolisiert den Überkonsum unserer Gesellschaft, der zur Umweltzerstörung und schließlich zum Verlust von Ressourcengrundlagen führt. Als Pendant, auf der anderen Seite des Fahrzeugs, erhebt sich eine kraftvolle, mit Pflanzen bewachsene rechte Hand aus einem farbenfrohen, gesunden und natürlichen Wald. Am Heck des Fahrzeugs, der Schüttung – also dem Ort der öffentlich wahrnehmbaren Müllentsorgung – scheint es, dass die Hände kurz davor sind, sich zu berühren.
Eine erste Rückmeldung lautet
„Projiziert auf Michelangelos Werk würde ich sagen, dass es noch nicht zu spät ist. Der Funke, in einer intakten natürlichen Umwelt zu leben, kann noch überspringen, wenn die Gesellschaft ihr Handeln und Tun überdenkt“,
zeigt sich Beate Kimmel beeindruckt und fügt hinzu:
„Jetzt bin ich sehr gespannt auf weitere Reaktionen und hoffe auf eine breite Diskussion zu diesem spannenden Kunstprojekt der Stadtbildpflege zum Thema Nachhaltigkeit.“
Urban Art ist eine Bezeichnung für Kunst, die im öffentlichen Raum angebracht wird. Sie hat keine feste Abgrenzung zu Graffiti, außer dass sie oft portabel, also auf Leinwand, Holz, Metall etc. hergestellt wird. Aber auch illegale Werke von bekannten Künstlern werden oft beweglich gemacht. Urban Artists arbeiten nicht nur im Außenraum, sondern auch in Ateliers oder als Auftragsmaler. Illegales Graffiti oder Street Art ist allerdings auch ein großes Problem von Städten, Haus- und Grundstückseigentümern. Nicht immer wird Graffiti als Kunst betrachtet oder empfunden, sondern sorgt mit seinen Bildern, Schriftzügen oder Zeichen für Ärgernis und verursacht hohe Sachschäden.
Auch in der Stadt Kaiserlautern sind die Sachbeschädigungen und Verunstaltungen durch illegales Graffiti nicht zu unterschätzen. Dies war mit ein Grund, dass die Stadtbildpflege im Oktober 2020 eine Arbeitsgruppe ins Leben rief, die Richtlinien zur gemeinsamen Vorgehensweise gegen illegales Graffiti im Stadtgebiet festlegen und mögliche präventive Maßnahmen erarbeiten will. Die Stadtbildpflege bietet mittlerweile in ihrem Leistungsspektrum auch die Entfernung von Graffiti an.
„Es wird ein Balanceakt, Graffiti als Straßenkunst zu ermöglichen und zeitgleich konsequent Sachbeschädigungen zu unterbinden. Auf jeden Fall ist unser Urban Art Projekt ein erster Schritt in die richtige Richtung und wir sind stolz darauf, mit diesem Projekt die Themen Nachhaltigkeit, Urban Art und Graffiti vereinen zu können “,
so die stellvertretende SK-Werkleiterin Andrea Buchloh-Adler.