KREIS BAD KREUZNACH – Eine erneute Unwetterlage am Samstagabend sorgte im Kreis Bad Kreuznach für schwere Schäden. Kamen die Gemeinden in der Verbandsgemeinde Rüdesheim am Vortag noch glimpflich davon, traf es diesmal vor allem den Soonwaldrand sowie Ellerbachtal und Gräfenbachtal mit voller Wucht.
„Ab ca. 18 Uhr hatte sich ein ortsfestes Regenband mit Sturm und Gewitter über der nördlichen VG Rüdesheim festgesetzt. Während das Gewitter schnell nachließ, regnete es mehrere Stunden ununterbrochen weiter. Auch die Kanalisation konnte die Mengen nicht mehr aufnehmen“, so Michael Ginz, stellvertretender Pressesprecher der Freiwilligen Feuerwehr der VG Rüdesheim. Die Wassermassen bahnten sich ihren Weg und überfluteten mit ihrer dreckigen Brühe zahlreiche Ortslagen, Keller und tiefer gelegene Gebäudeteile.
Gegen halb sieben erfolgte die erste Alarmierung der Feuerwehren, in Dalberg war ein Keller vollgelaufen. In kurzer Folge informierte die Leitstelle die Feuerwehreinsatzzentrale im Rüdesheimer Feuerwehrhaus über weitere Notrufe. Wehrleiter Christian Vollmer koordinierte als Einsatzleiter die immer zahlreicher werdenden Einsatzstellen. Da die Böden von den vorherigen Regenfällen noch extrem nass und getränkt waren, konnten die neuen Regenfälle nicht versickern. Besonders stark getroffen wurden Winterbach und Gebroth. Dort ergoss sich die braune Brühe mit hoher Geschwindigkeit über Wald-und Feldwege in die Dörfer. Ein erschreckender Eindruck, was auf die Einsatzkräfte in den nächsten Stunden zukommen würde, vermittelte die erste Lagemeldung aus Gebroth: die Lindenstraße war teilweise hüfthoch überflutet. Die Landesstraße 108 zwischen Winterbach und Winterburg war über mehrere Stunden unpassierbar.
Vor allem Sandsäcke wurden zum Schutz von Gebäuden, Hab und Gut benötigt. Die Bauunternehmen Bellmann aus Roxheim und Stallmann aus Ippenschied sowie Raiffeisen in Weinsheim stellten in Windeseile Sand zur Verfügung. Dort füllten Einsatzkräfte von Feuerwehr und THW Bad Kreuznach die Säcke und transportierten sie an die Brennpunkte. Weitere gefüllte Jutesäcke lieferten die Feuerwehren Kirn und Idar-Oberstein. Vor Ort bauten die Helfer damit Barrieren vor Kellern, Garageneinfahrten oder lenkten die Wassermassen weg von gefährdeten Bereichen.
Die Besatzung der Feuerwehreinsatzzentrale im Rüdesheimer Feuerwehrhaus alarmierte den gesamten Abend über weitere Einsatzkräfte aus allen Teilen der Verbandsgemeinde nach. Denn auch in Wallhausen, Bockenau oder Rüdesheim hieß es Land unter. In Gebroth musste ein Bewohner mit Gehbehinderung aus seinem Haus in Sicherheit gebracht werden. Da das Wasser auf der Straße zu hoch stand, entschieden sich die Helfer für den Transport über eine Drehleiter – die Kameraden aus Bad Sobernheim kamen hier mit ihrem Spezialgerät zum Einsatz. Zu Beginn des langen Einsatzes wurde die Wehren zudem noch zu einem Verkehrsunfall auf der B 41 bei Rüdesheim gerufen. Ein Auto hatte sich bei Starkregen mehrfach überschlagen. Zum Glück wurde der Fahrer nur leicht verletzt.
Während sich die Lage am Soonwaldrand gegen 23 Uhr entspannte, richtete sich der Blick von Vollmer und seinem Führungsteam auf die Unterläufe von Ellerbach und Gräfenbach. Regelmäßig wurde die Stände der zwischenzeitlich angewachsenen Bachläufe kontrolliert. Nach einem kurzzeitigen Anstiegs der Gräfenbachs konnte an dessen Verlauf schnell Entwarnung gegeben werden. Anders stellte sich die Lage am Ellerbach dar. Im Bereich Ackvas Mühle bei Burgsponheim sorgte sich der Eigentümer aufgrund des immer stärker steigenden Wassers. In Windeseile verlegten die Kräfte auch hier einen Schutzwall rund um das Haus und verhinderten Sachschaden. Im weiteren Verlauf lag ein Hauptaugenmerk auf dem neuen Brückenbauwerk in Weinsheims Ortsmitte. Der Scheitel schob sich Zentimeter um Zentimeter an die Brücke und den Straßenrand. Auch hier schützten Sandsäcke vor einem starken Überlaufe, die Ortsmitte wurde geschützt. Dennoch drückte sich das Wasser durch einzelne Wände und setzte Keller unter Wasser, die schnell ausgepumpt werden konnten.
Wehrleiter Christian Vollmer wurde als Einsatzleiter durch das Team des Einsatzleitwagens, das in enger Abstimmung mit der FEZ agierte, unterstützt. An den einzelnen Einsatzstellen leiteten der stellvertretende Wehrleiter Jörn Trautmann und die Zugführer der Ausrückebereiche die notwendigen Einsatzmaßnahmen. Das Führungsteam tauschte sich während des Einsatzes mit der Koordinierungsstelle des Katastrophenschutzes und BKI Werner Hofmann aus. Ein großes Lob geht an die vielen Einsatzkräfte und Einwohner, die über Stunden Hand in Hand arbeiteten, Keller auspumpten und Straßen und Wege säuberten. Am Sonntag gehen die Aufräumarbeiten weiter, zudem werden die Einsatzkräfte noch einige Stunden in die Reinigung der Geräte investieren müssen. Insgesamt waren über 150 Helfer mit 34 Fahrzeugen im Einsatz, der gegen 02:30 Uhr beendet werden konnte.