HESSEN – Im Rahmen von Schwerpunktaktionen haben Polizeikräfte in der vergangenen Woche bei 5 Tatverdächtigen in Rüsselsheim, Weiterstadt, Pfungstadt und Bensheim durchsucht. Bei der tatverdächtigen 14-Jährigen, einem 17-Jährigen sowie drei 19, 21 und 57-jährigen Männern, wurden unter anderem Speichermedien sichergestellt. Zudem müssen sie sich jetzt in den Verfahren strafrechtlich verantworten.
Die Polizei appelliert dringend, nicht alles per Smartphone unreflektiert weiterzuleiten. Denn wer entsprechende Darstellungen verbreitet, macht sich strafbar. Dies gilt auch für Kinder und Jugendliche, die sich leichtfertig an der Verbreitung beteiligen. Oft ist ihnen nicht bewusst, dass hinter einem im Chat verbreiteten Video ein realer sexueller Kindesmissbrauch stehen kann.
Deshalb rät die Polizei:
- Videos oder Bilder nicht weiterschicken
- Die Polizei informieren
- Aus den Gruppen-Chats austreten, in denen solche Inhalte verbreitet werden
Die Maßnahmen waren Teil eines Einsatzes der BAO FOKUS, die ihr Augenmerk auf die Bekämpfung von sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen gerichtet hat.
Weiter Informationen zu dem Einsatz sowie Präventionshinweise finden Sie hier:
https://k.polizei.hessen.de/1083638632 https://www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/sexualdelikte/kinderpornografie/die-kampagne/
Über 50 Prozent der Tatverdächtigen sind jünger als 21 Jahre
Bei dem jüngst in Blick genommenen 14- und 16-Jährigen aus Westhessen handelt es sich nicht um einen Einzelfall: Bereits in der Vergangenheit hatten die hessischen Ermittlerinnen und Ermittler der BAO FOKUS es mit jugendlichen und heranwachsenden Beschuldigten zu tun. 2020 registrierte die Polizei in Hessen in den Deliktsbereichen Verbreitung, Besitz und Herstellung von Kinder- und Jugendpornografie insgesamt 1.564 Fälle. Bei 45,6 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen handelte es sich um Erwachsene. Die restlichen 54,4 Prozent verteilten sich auf rund 8,0 Prozent Heranwachsende (unter 21 Jahren), 35,7 Prozent Jugendliche (unter 18 Jahren) und 10,6 Prozent Kinder (unter 14 Jahren).
Cybercrime-Berater: Wegsehen ist keine Option
„Vielen, aber längst nicht allen Jugendlichen ist die Tragweite ihres Handelns bewusst“, sagt Johannes Bittner, Cybercrime-Berater des Polizeipräsidiums Osthessen. Manchmal führe Leichtsinn, die Gewohnheit alles mittels Smartphone unreflektiert weiterzuleiten oder schlicht Unkenntnis dazu, dass junge Menschen sich strafbar machen. „Es ist wichtig zu wissen, dass bereits der Besitz eines einzigen kinderpornographischen Bildes verboten ist und strafrechtlich verfolgt wird. Dabei ist es erst einmal egal, ob ein solches Bild oder Video gewollt oder ungewollt in den eigenen Besitz gelangt ist.“
Doch wie verhält man sich korrekt, wenn man ein solches Bild gesendet bekommen hat? Bittner: „Am besten ist es, man distanziert sich sofort von den Inhalten und informiert unverzüglich die Polizei. Wegsehen ist keine Option, hinter den Aufnahmen stehen echte Kinder, echte Opfer. Auf keinen Fall darf man solche Bilder oder Videos weiterleiten, auch nicht an Eltern, Lehrer oder andere Vertrauenspersonen. Wirklich an niemanden.“
Alles andere als spaßig sei es auch, Pornos an Freunde oder Mitschüler unter 18 Jahren zu schicken, sagt Bittner. „Das ist ebenfalls strafbar und kann als sexueller Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen geahndet werden.“ Sein Appell an Eltern und Lehrer: „Mit den Kindern offen über das Thema reden, in einen Dialog treten, enttabuisieren, aufklären und Grenzen deutlich machen. Wichtig ist, Kinder bei den ersten digitalen Gehversuchen und darüber hinaus aktiv zu begleiten.“ Weitere Informationen – etwa zur Aufklärung und Strafbarkeit – hat das Polizeipräsidium Osthessen auf der Homepage https://digitalnative-hessen.de/ zusammengestellt.
Ermittlungen in jedem der sieben hessischen Polizeipräsidien
Die BAO FOKUS (Besondere Aufbauorganisation für fallübergreifende Organisationsstruktur gegen Kinderpornografie und sexuellen Missbrauch von Kindern) bündelt seit Oktober 2020 landesweit die polizeilichen Maßnahmen im Bereich der Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen. Sie ist im Hessischen Landeskriminalamt angesiedelt. In jedem der sieben hessischen Polizeipräsidien wurden Regionalabschnitte eingerichtet.
Alle sieben Regionalabschnitte waren bei den jüngsten Maßnahmen beteiligt. Durchsucht wurde unter anderem bei vier Beschuldigten in Frankfurt am Main, bei jeweils zwei in Gießen, Rüsselsheim und Wiesbaden sowie jeweils einem Beschuldigten in Kassel, Fulda und Offenbach.