Ludwigsburg – Mit einer gemeinsamen Eröffnungsveranstaltung startete am heutigen Montag, 20. September 2021 das neue Studienjahr an der Filmakademie Baden-Württemberg (FABW), ihrem Animationsinstitut sowie der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg (ADK). Am Vormittag folgte im Albrecht Ade Studio der Filmakademie auf kurze Begrüßungsreden von Prof. Thomas Schadt (Direktor FABW), Prof. Dr. Elisabeth Schweeger (Direktorin ADK) und Prof. Andreas Hykade (Leiter Animationsinstitut) eine Keynote des Eröffnungsgasts: Cartoonist, Illustrator und Filmemacher Steven Appleby.
Applebys absurd-humoristischer Stil und sein hintergründiges Storytelling sind legendär. Die Karriere des 65-jährigen Briten begann in den 1980er Jahren als Cartoonist der Musikzeitschrift New Music Express (NME). Seine -Comic-Strips ROCKETS PASSING OVERHEAD mit ihrem Hauptcharakter Captain Star erlangten schnell Kultstatus. Daraufhin publizierte er jahrelang in verschiedenen Zeitungen wie dem Sunday Telegraph oder dem Guardian. In Deutschland waren seine Zeichnungen in der F.A.Z. und der Wochenzeitung DIE ZEIT zu sehen. 1997 brachte Appleby gemeinsam mit dem Regisseur Pete Bishop die Animationsserie CAPTAIN STAR an den Start. Kürzlich veröffentlichte er sein vielgefeiertes Comicbuch DRAGMAN. Darin mutiert ein Mann zum Superhelden, sobald er Frauenkleider trägt. Appleby verarbeitete mit diesem Werk eigene Erfahrungen. Sein ganzes Erwachsenenleben lang war er Crossdresser, seit den 1990er Jahren geht er offen damit um und lebt seit 2008 ausschließlich als Transgender-Person.
In seiner Keynote gab Appleby einen Einblick in sein Schaffen, seine Ideen und wie er sie realisiert. Geprägt u.a. von Kinderbüchern und SciFi-Literatur, etwa von Philip K. Dick, entwirft er in seinem Kopf geistige Landschaften und setzt diese ebenso absurd-surreal wie poetisch-philosophisch um. Seine vielschichtigen Bildwelten wurzeln dabei stets in der Wirklichkeit und erzählen etwas über das Menschsein. Zu Steven Applebys wiederkehrenden Themen zählen daher die Endlichkeit des Lebens, Träume, Sexualität und der Blick unter die Oberfläche. Denn von den meisten Menschen sei, wie bei einem Eisberg, nur ein kleiner Teil sichtbar.
Darüber hinaus liebt er es, seine Leser einzubeziehen und wenn seine Geschichten in anderen Medien aufgegriffen werden, zum Beispiel als Inspiration für das Bühnenbild einer Theaterinszenierung. Den neuen Studierenden empfahl Appleby, in ihrem kreativen Schaffen nicht nur ambitioniert zu sein, sondern das Publikum auch emotional zu fesseln. Und er riet ihnen, sich selbst treu zu bleiben und ihr Herzblut in ihre Werke fließen zu lassen: „If your work comes from your soul, it will speak to other people.”
Wie schon im vergangenen Jahr fand der Auftakt des Studienjahres unter Pandemie-Bedingungen statt, d.h. unter Beachtung der 3G-Regel und des an der Filmakademie und der ADK geltenden Hygienekonzepts. Am Nachmittag hatten die neuen Studierenden Gelegenheit, bei einem Speed Dating auf der Wiese des Akademiehofs mehr voneinander zu erfahren und erste Kontakte zu knüpfen.
Steven Appleby wird die Studienanfänger auch beim Workshop in der ersten Semesterwoche unterstützen, der in diesem Jahr vom Kreativlabor Tinkertank geleitet wird. Zu dessen Gründungs- und Teammitgliedern zählen auch Alumni der ADK und der FABW. Tinkertank wurde als Initiative der lnteractive Media Foundation 2013 ins Leben gerufen – mit dem Ziel, Menschen zu kreativen, selbstorganisierten und lösungsorientierten Prozessen zu befähigen, und zwar im Kontext von Technologie, Handwerk, Kultur, Wissenschaft und Digitalisierung. Tinkertank veranstaltet neben Workshops und Sommercamps für Kinder und Jugendliche auch Kreativseminare für und mit Partnern aus Kunst, Kultur und Wirtschaft.