Neustadt an der Weinstraße – Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße hat mit Urteil vom 12. Januar 2022 entschieden, dass die Fahrtenbuchauflage gegen die Klägerin – ein Unternehmen aus dem Rhein-Pfalz-Kreis, das unter anderem Dienstleistungen im Bereich des Recycling- und Containerdienstes anbietet – rechtmäßig war.
Im Juni 2020 wurde mit einem Fahrzeug der Klägerin ein bußgeld- und punktebewehrter Verkehrsverstoß begangen. Nachdem der Geschäftsführer der Klägerin auf wiederholte Anfrage der Zentralen Bußgeldstelle mit E-Mail vom 6. August 2020 mitgeteilt hatte, dass das Fahrzeug von mehreren Personen genutzt werde und aufgrund Zeitablaufs nicht mehr festgestellt werden könne, wer gefahren sei, fuhren Polizeibeamte zwecks Identifizierung zum Firmensitz. Der dort angetroffene Mitarbeiter gab gleichfalls an, dass das Fahrzeug sowohl beruflich als auch privat von mehreren Personen, unter anderem von ihm selbst genutzt werde, ihm die auf dem „Blitzerfoto“ abgebildete Person jedoch nicht bekannt sei. Weitere polizeiliche Ermittlungen blieben erfolglos. Interne Ermittlungen im Betrieb der Klägerin fanden nicht statt.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2021 ordnete der Beklagte eine Fahrtenbuchauflage für die Dauer von 6 Monaten nebst einer Pflicht zur Vorlage und Aufbewahrung an.
Nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens erhob die Klägerin im Juni 2021 Klage und machte unter anderem geltend, dass das Fahrzeug weit überwiegend durch den Geschäftsführer und nur mit dessen ausdrücklicher Erlaubnis auch von anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genutzt werde. Da sich der Geschäftsführer sicher sei, das Fahrzeug am Tattag nicht verliehen zu haben, müsse dieses widerrechtlich entweder von einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin der Klägerin oder einem sonstigen Dritten in Gebrauch genommen worden sei. Ein solcher Vorfall lasse sich nicht durch eine Fahrtenbuchauflage verhindern, weshalb diese ungeeignet und damit unverhältnismäßig sei.
Die Klage wurde mit Urteil der 3. Kammer vom 12. Januar 2022 abgewiesen.
Die Klage sei im Hinblick auf die Fahrtenbuchauflage unzulässig, da sich diese auf einen Zeitraum von sechs Monaten beziehe, der bereits abgelaufen sei. Ein besonderes Interesse an der Fortführung des Verfahrens in Form der sogenannten „Fortsetzungsfeststellungsklage“ sei nicht anzuerkennen. Insbesondere sei die Klägerin nicht rechtsschutzlos gestellt, da sie um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz hätte nachsuchen können, was nicht geschehen sei. Eine Wiederholungsgefahr sei ebenso wenig anzunehmen wie ein Rehabilitationsinteresse, da eine Fahrtenbuchauflage per se keinen diskriminierenden Charakter aufweise und insbesondere nicht mit einem Unrechts- und Schuldvorwurf verbunden sei.
Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, da die Fahrtenbuchauflage und die sonstigen Bestimmungen des angegriffenen Bescheids rechtmäßig seien.
Bei der Behauptung, wonach das Fahrzeug widerrechtlich in Gebrauch genommen worden sei, handele es sich um prozesstaktisches Vorbringen, das in Widerspruch zur ersten Einlassung des Geschäftsführers und auch zur Aussage des von der Polizei einvernommenen Mitarbeiters der Klägerin stehe. Die Behauptung selbst erscheine bei lebensnaher Betrachtung unglaubhaft. Zum einen sei der diesbezügliche Vortrag evident widersprüchlich, da die Klägerin mit wechselnden Argumenten zunächst die „Täterschaft“ eines Dritten nicht habe ausschließen wollen, um diese Aussage zuletzt in der mündlichen Verhandlung auf einen nicht näher bezeichneten Täterkreis von mehr oder weniger engen Mitarbeitern des Geschäftsführers zu begrenzen. Weshalb es dann nicht möglich gewesen sein solle, den Täter oder die Täterin im Zuge einer internen Aufarbeitung zu bestimmen, erschließe sich nicht. Weiter erscheine auch die Behauptung, wonach sowohl Mitarbeiter als auch Dritte und damit betriebsfremde Personen vor und nach der Tat ohne Weiteres unbemerkt Zugang zum Büro des Geschäftsführers und dessen Schreibtisch hätten nehmen können, in dem die Schlüssel des nach Angabe der Klägerin „hochwertigen Premiumfahrzeuges“ aufbewahrt worden seien, als lebensfremd. Weshalb keine Anzeige erstattet worden sei, was nicht zuletzt unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten im kaufmännischen Eigeninteresse zwingend erforderlich erscheine oder der Vorfall nicht wenigstens arbeitsrechtlich aufgearbeitet worden sei, sei nicht nachvollziehbar. Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf berufen habe, dass der Geschäftsführer „Besseres zu tun gehabt habe“ und von etwaigen polizeilichen Ermittlung ohnehin kein erfolgreicher Ausgang zu erwarten sei, überzeuge dies nicht. Unabhängig von der Obliegenheit, ein Fahrtenbuch oder entsprechende innerbetriebliche Aufzeichnungen über die Nutzung eines betriebseigenen Fahrzeuges zu führen, sei die Klägerin selbstverständlich dazu verpflichtet, die Fahrzeugschlüssel zur Verhinderung einer unbefugten Ingebrauchnahme durch Betriebsangehörige und insbesondere betriebsfremde Dritte sicher zu verwahren, weshalb die Fahrtenbuchauflage durchaus geeignet und damit verhältnismäßig gewesen sei.
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz gestellt werden.