Definition für Verbandsmaterial geändert (Foto: Pixabay)

Pflaster drauf und gut ist? Leider reicht das nicht immer. Bei größeren Verletzungen ist die Wundversorgung umfangreich und komplex – und derzeit politisch brisant. Denn das höchste Gremium der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen hat zum Thema Verbandsmaterial eine große Reform angestoßen. Sie könnte künftig bewirken, dass in Arztpraxen, Erste-Hilfe-Koffern und Verbandsschränken die gewohnten Verbandsmaterialien nicht mehr zu finden sind.

Definition für Verbandsmaterial geändert – Übergangsfristen laufen aus

Seit 2008 galt eine klare Definition für Verbandsmaterial beziehungsweise Verbandmittel, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossen wurde. Wer Verbandsmaterial kaufen will, findet definitionsgemäß CE-geprüfte Medizinprodukte, die oberflächlich geschädigte Körperregionen abdecken oder Wundflüssigkeit aufsaugen sollen. Dazu zählt auch Trägermaterial, welches arzneilich wirksame Stoffe für die oberflächlich geschädigten Körperteile enthält. Arzneilich wirksame Stoffe umfassen etwa Substanzen, die antimikrobiell, geruchseindämmend oder reinigend wirken. Auch Aktiv-Kohle, Feuchthaltemittel oder Silber zählen beispielsweise dazu. Teilweise entfalten solche arzneilich wirksamen Stoffe eine eigenständige therapeutische Wirkung.

Diese ergänzenden Eigenschaften sind zum Zankapfel im G-BA geworden. 2020 entschied das Gremium, dass eine neue Definition für Verbandsmittel nötig sei (vgl. Verbandmitteldefinition § 31 Abs. 1a SGB V). Die Neudefinition regelt, welche Verbandmittel künftig zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erstattungsfähig sind. Im Zuge dessen fallen zahlreiche Produkte zur Wundbehandlung – vor allem jene mit einer eigenständigen therapeutischen Wirkung – aus der Erstattungsfähigkeit raus. Sie sollen künftig nur nach einer gesonderten Prüfung des medizinischen Nutzens in die Erstattungsfähigkeit aufgenommen werden können.

Nach der neuen Definition gelten als Verbandmittel nur noch solche Medizinprodukte, die keine immunologische, pharmakologische oder metabolische Wirkung im Sinne der Wundheilung im menschlichen Organismus entfalten. Bis die neue Definition in Kraft tritt, gilt eine Übergangsfrist. Diese wurde durch das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) auf 36 Monate verlängert. Die Neudefinition wird zum 02.12.2023 wirksam.

Das bedeutet: Zahlreiche Verbandsmaterialien gelten ab Dezember nächsten Jahres nicht mehr als erstattungsfähig. Bei der Wundversorgung muss künftig daher stärker darauf geachtet werden, welches Verbandsmaterial benutzt wird. Vor allem bei chronischen Wunden ist das wichtig. Der Bundesverband der Deutschen Chirurgen e.V. schätzt, dass 2,7 Millionen Menschen in Deutschland mit nicht-heilenden Wunden leben. Betroffene verwenden oft Verbandmittel mit ergänzenden oder therapeutischen Eigenschaften, um ihre Lebensqualität zu verbessern.

Was gilt künftig noch als erstattungsfähiges Verbandmittel?

Verbandsmaterial wird ab 2023 in drei Kategorien unterteilt: eindeutige Verbandmittel, Produkte mit ergänzenden Eigenschaften sowie sonstige Produkte zur Wundbehandlung.
Zu den eindeutigen Verbandmitteln gemäß Arzneimittel-Richtlinie (AM-Richtlinie) Anlage Va I, die weiterhin als notwendig gelten und erstattungsfähig bleiben, zählen Produkte, die:

• Wunden bedecken,
• Wundflüssigkeit aufsaugen,
• (Körperteile) komprimieren, immobilisieren oder stabilisieren.

Dies umfasst allerlei Binden und Kompressionsbinden, Gips und Cast-Verbände, Kompressen sowie Wundschnellverbände. Auch Fixiermaterial wie Verbandsklammern oder Heftpflaster zählen dazu.

Ebenfalls erstattungsfähig bleiben laut AM-Richtlinie Anlage Va II bestimmte Wundversorgungsprodukte mit ergänzenden Eigenschaften, die eine reinigende, feuchthaltende, antiadhäsive, superabsorbierende, geruchsbindende oder antimikrobielle Wirkung entfalten. Auch aktivkohlehaltige Wundversorgungsprodukte können in diese Kategorie fallen.

Aus der Erstattungsfähigkeit fallen laut AM-Richtlinie Anlage Va III Produkte, die eigenständig eine therapeutische Wirkung entfalten. Zu solchen sonstigen Produkten zur Wundbehandlung zählen etwa antimikrobielle Wundauflagen. Aber: Da sich viele Hersteller bemühen, die notwendigen Nachweise des medizinischen Nutzens gegenüber dem G-BA vorzulegen, kann es auch in der Kategorie Va III künftig Produkte geben, die erstattungsfähig sind.

Fazit

Damit eine Wunde bei der Heilung unterstützt wird, ist das richtige Verbandsmaterial wichtig. Ab 2023 ändert sich, welche Verbandmittel erstattungsfähig sind. Aus der Erstattungsfähigkeit fallen vor allem Produkte mit therapeutischer Wirkung.