Das Fiebern geht los. Wenige Wochen bleiben den Fußball-Frauen, um für die Weltmeisterschaft vom 20. Juli bis 20. August in Australien und Neuseeland in Topform zu kommen.
Die deutschen Nationalspielerinnen unter Trainerin Martina Voss-Tecklenburg haben dabei von vornherein ein paar Hürden zu bewältigen. Weil der FC Bayern München seine Spielerinnen erst verspätet abstellt, reist nur ein Teil des Kaders am 20. Juni ins Trainingslager ab, und die Münchner Fußballerinnen folgen drei Tage später. Das erschwert die Vorbereitung in Herzogenaurach auf die Testspiele am 24. Juni gegen Vietnam und am 7. Juli gegen Sambia.
Auch der endgültige Kader wird anders aussehen als ursprünglich erhofft. Obwohl Stammspielerin Giulia Gwinn nach einer Langzeit Verletzung enorme Fortschritte in der Reha gemacht hat, steht sie nicht im Aufgebot und muss auf künftige Länderspiele warten. Mittelfeldspielerin Melanie Leupolz, die beim FC Chelsea kickt, steht hingegen nur acht Monate nach der Geburt ihres Sohnes auf der Nominiertenliste.
Wie der Kader schlussendlich aussieht und wie stark die Kickerinnen zu einer Einheit verschmelzen, wird sich im Trainingslager herausstellen.
Derzeit gilt die Elf von Vize-Europameister Deutschland, die weiterhin von Kapitänin Alexandra Popp und Stammkeeperin Merle Frohms angeführt wird, wie üblich zu den Mitfavoriten auf den Titel. Daran hat auch das enttäuschende Ausscheiden bei der WM 2019 nichts geändert, als die Frauen bereits im Viertelfinale scheiterten.
Mit zwei Weltmeistertiteln und acht Europameistertiteln haben die deutschen Frauen ihr Können hinreichend bewiesen, obwohl ihr letzter Titelgewinn bereits zehn Jahre zurück liegt. Im vergangenen Jahr schien der Sieg zum Greifen nah. Erst in der Verlängerung mussten sich die deutschen Frauen mit 1:2 im Finalspiel gegen England geschlagen geben.
Die größten Chancen werden allerdings dem amtierenden Weltmeister USA eingeräumt. In den bisherigen acht Weltmeisterschaften haben die Amerikanerinnen viermal den Titel geholt. Hinzu kommen vier Goldmedaillen sowie einmal Silber und einmal Bronze bei den olympischen Spielen. Auf der FIFA-Weltrangliste der Frauen liegen die USA auf dem ersten Platz, gefolgt von Deutschland.
Als größte Konkurrenz für die US-Frauen gelten die „Three Lionesses“ aus England, die als amtierende Europameisterinnen auch bei den Sportwetten jede Menge Fans besitzen. Die Löwinnen haben in den vergangenen Jahren durch enorme Leistungsschübe von sich reden gemacht und wollen Down Under beweisen, dass sie kontinuierlich Weltspitze sind.
Hoffnung macht sich auch Spanien. Der Kader von der iberischen Halbinsel besitzt mit Alexia Putellas die amtierende Weltfußballerin, die zum zweiten Mal in Folge mit dem begehrten Titel ausgezeichnet wurde. Kurz vor der EM 2022 hatte sie allerdings einen Kreuzbandriss erlitten, so dass ihr Team dort auf sie verzichten musste. In Australien und Neuseeland will Alexia Putellas zeigen, was sie in Spitzenform auf dem Rasen leisten kann.
Die kanadischen Fußballerinnen stehen im Schatten ihres großen Nachbarn USA, aber dem nordamerikanischen Team werden bei der WM 2023 ebenfalls gute Chancen auf einen der vorderen Plätze eingeräumt.
Das gilt ebenfalls für die Nationalmannschaften aus Frankreich und den Niederlanden, die regelmäßig ihr Können auf dem Fußballfeld demonstrieren.
Ein Aspekt, der möglicherweise ins Gewicht fallen wird, ist das Klima bei der 9. WM der Frauen. Obwohl auf der südlichen Halbinsel Winter herrscht, gibt es enorme Unterschiede zwischen den einzelnen Standorten in beiden Ländern. Insgesamt sind die Spiele auf neun Stadien verteilt. Die Gruppenphasen und späteren Spiele werden in Australien im Brisbane Stadium, dem Melbourne Rectangular Stadium, im Perth Oval und im Hindmarsh Stadium in Adelaide ausgetragen.
In Neuseeland finden die Spiele in Eden Park in Auckland, dem Wellington Regional Stadium, dem Dunedin Stadium und dem Waikato Stadium in Hamilton statt.
Das Stadium Australia in Sydney, das mit 83.500 Plätzen die größte Arena der WM ist, wird erst ab dem Achtelfinale als Austragungsort genutzt. Hier findet auch das Finalspiel am 20. August statt. Für die Nationalteams bedeutet das einen Wechsel zwischen Tropen und subtropischen Klima mit mehr als 20 Grad am Tag und möglicherweise Eis und Schnee im Süden Neuseelands.
Ein Monat Vorbereitungszeit bleibt den deutschen Frauen nach ihrer Anreise ins Trainingslager, ehe der Anpfiff zur Weltmeisterschaft fällt. Ihr erstes Spiel in der Vorrunde bestreiten sie am 24. Juli in Melbourne gegen Marokko. Gegen Kolumbien kicken sie am 30. Juli in Sydney. Das letzte Vorrundenspiel bestreiten die deutschen Fußballerinnen am 3. August in Brisbane gegen Südkorea.
Trainingslager und Vorbereitungsspiele werden zeigen, ob die Elf von Bundestrainerin Voss-Tecklenburg die erhoffte Stärke besitzt. Immerhin besitzt die deutsche Nationalmannschaft allein mit Sara Däbritz, Tabea Waßmuth und Lea Schüller drei Fußballerinnen, die im vergangenen Jahr vom US-Portal ESPN FC in die Liste der 50 weltbesten Spielerinnen aufgenommen wurden.
Jetzt muss sich zeigen, ob die Klasse der Nationalelf reicht, um sich den Weg vom Auftaktspiel in Melbourne bis ins Finale in Sydney zu erspielen. Zugetraut wird es ihnen.