Der frühere Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) beim Jahresempfang von Bündnis ´90/Die Grünen Heidelberg

Über das Diktat der Kurzfristigkeit

v.l.: Kreisvorsitzender Florian Kollmann, Fraktionsvorsitzende Beate Deckwart-Boller, Kreisvorsitzende Monika Gonser, Ba-Wü-Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, Klaus Töpfer, Bürgermeister Wolfgang Erichson

Rund 200 Gäste durfte Florian Kollmann, Kreisvorsitzender von Bündnis ´90/Die Grünen, am 11. Januar 2015 in der Halle 02 zum traditionellen Neujahrsempfang begrüßen, der spürbar von den Nachwirkungen der Terroranschläge in Paris geprägt war. So forderte Kollmann ein „klares Bekenntnis zu Meinungsfreiheit und Weltoffenheit. Wir lassen uns keine Angst machen von denen, die unsere Gesellschaft spalten wollen – egal aus welcher Richtung sie kommen. Menschen aufzunehmen, die Opfer von Terror und Vertreibung wurden“, sei außerdem eine „humanitäre Verpflichtung“, so Kollmann.

In ihrer Laudatio auf den früheren Bundesumweltminister Prof. Dr. Dr. Klaus Töpfer (76) betonte die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer die Vorreiterrolle von Töpfer,

„der den Begriff der Nachhaltigkeit im politischen Diskurs versucht hat zu verankern. Die Verbindung aus dem ökologischen, ökonomischen und sozialen Denken und das auf globaler Ebene zu betreiben“, sei heute „ein Stück weit Normalität, war es aber nicht immer.“ Töpfer scheue sich nicht, „immer wieder sehr deutlich und ohne Weichspüler Dinge und Fakten beim Namen zu nennen, denen wir uns stellen müssen.“

Bundesumweltminister von 1987-94, Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) in Nairobi, seit 2009 Direktor des „Institutes for Advanced Sustainability Studies“ Potsdam (Forschungsthemen Klimawandel, Nachhaltigkeit und Energiesicherheit), 1998-2006 Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen in Nairobi, Leiter der Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung (seit 2011), zahllose Ehrendoktorwürden sowie nationale und internationale Preise: Klaus Töpfer gehört immer noch zu einer politisch-gesellschaftlichen Persönlichkeit mit Strahlkraft. Seine Rede wechselte zwischen humorig-charmanten Bonmots „Die besten Minister sind immer ehemalige Minister“ und mahnenden Apellen zum aktuellen Flüchtlingsthema:

„Wir müssen alles daran setzen, dass Menschen, die mit dramatischen Schicksalen belastet uns erreichen, hier eine helfende Hand und freie Aufnahme finden. Es sei „eine Schande für eine Gesellschaft wie die unsere mit ihrem Wohlstand, dass dies gefordert werden muss und nicht freiwillig geleistet wird.“

Töpfer machte sich Sorgen über eine politische Kultur und zitierte den Politologen Münkler zum Thema:

„Das Ende der parlamentarischen Demokratie“. Eine Politik, „die immer stärker in den Zwängen ist, auf Kurzfristigkeiten so zu reagieren, dass eine breite Erörterung in den Parlamenten nicht mehr möglich wird.“ Er haderte mit dem Begriff „alternativlos“, dem Unwort des Jahres 2010, denn wenn Politik alternativlos werde, frage sich jeder „warum machen wir dann noch Wahlen, die zwischen Alternativen zu entscheiden hätten? Ich bin sehr der Überzeugung, dass wir in einer Zeit der Kurzfristigkeit leben, von der die Welt ächzt und stöhnt, und die darunter leidet, dass die Entwicklung von Alternativen zu kurz kommt“,

so Töpfer, der u.a. vom ebenfalls anwesenden (parteilosen) Oberbürgermeister und früheren Leiter des Heidelberger Umweltamts, Eckart Würzner, desöfteren als inspirierende Kraft bezeichnet wird.
 
Auf die Energiewende, so höre Töpfer auch von anderen Fachleuten auf internationaler Ebene, könne Deutschland stolz sein. Und mit der Entwicklung erneuerbarer Energien, entwickle man etwas, „was die Welt dringend braucht“. Es sei keine Wende, eher eine Revolution, die zu einem guten Ende geführt werden müsse. An die anwesenden Politiker und Gemeinderäte aller Couleur gerichtet appellierte Töpfer in seinem Schlusswort an die Konsensfähigkeit:

„Es ist schon eine prima Angelegenheit, wenn es uns mal wieder gelingt, das eine oder andere rauszuarbeiten, was erst aus der kontroversen Diskussion heraus zu einer gemeinsamen Position führt. Scheuen wir uns nicht, uns kontrovers auseinanderzusetzen, aber genauswenig scheuen wir uns bitte nicht davor, hinterher auch zu sagen: `Das wollen wir gemeinsam durchsetzen. Die Welt könnte davon sogar gewinnen.´“

Monika Gonser, ebenfalls Kreisvorsitzende von Bündnis ´90/Grüne Heidelberg, erläuterte im Gespräch mit Metropolnews, warum der CDU-Mann Klaus Töpfer gerade auch bei jungen Parteimitgliedern „ankommt“:

„Ein Pionier – er war und ist am richtigen Platz und hat sich über alle Lager hinweg nicht nur um Nachhaltigkeit gekümmert, sondern auch um deren Umsetzung.“