Das Kloster St. Magdalena in Speyer ist im WM-Fieber. Vor allem die fünf brasilianischen Ordensfrauen, die in der Schwesterngemeinschaft leben, sind vom Fußballvirus infiziert. Sie verpassen kein Spiel ihrer „Seleção“, der brasilianischen Fußballnationalmannschaft.
Und dafür nehmen die Frauen auch so manche kurze Nacht in Kauf. „Das Eröffnungsspiel der Brasilianer gegen Kroatien haben wir bis zum Ende gesehen. Das war kein Problem“, erzählt Schwester Alcione gelassen. Am nächsten Morgen hieß es dann zwar schon wieder um 5.30 Uhr aufstehen, um am täglichen Morgengebet, der Laudes, teilzunehmen. „Doch eine Tasse Kaffee in der Frühe macht dann schnell wieder munter“, so das einfache Rezept der 27-Jährigen.
Während des Auftaktspiels kannte die Begeisterung der Dominikanerinnen keine Grenzen. „Als das erste Tor für Brasilien fiel, haben wir so laut gejubelt, dass ich dachte, unsere Mitschwestern fallen aus dem Bett“, bekennt Schwester Roberta, die Priorin des Klosters, mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Im Laufe der Begegnung kam auch immer wieder die brasilianische Fahne zum Einsatz. „Die habe ich im Kloster unter den Missionsgegenständen gefunden“, verrät die 43-Jährige.
Schwester Alcione ist besonders fußballverrückt und das nicht nur zur WM-Zeit. Als Jugendliche war sie in ihrer Heimatstadt Rio Branco selbst dem runden Leder hinterhergerannt, zunächst als Abwehrspielerin und später als Torfrau in einer Damenmannschaft. Und als Kind kickte sie zuhause mit ihren drei Brüdern im Hof.
Hier in Deutschland zeigt die junge Frau, die seit 2012 in Speyer lebt, auch außerhalb der Klostermauern, für wen ihr Herz schlägt. „An mein Fahrrad habe ich ein brasilianisches Fähnchen gehängt und fahre damit etwa zum Deutschkurs.“ Das Lachen ihrer Mitlernenden ist ihr dabei sicher.
In den acht brasilianischen Niederlassungen der Dominikanerinnen von St. Magdalena geht es im Moment in Sachen Fußball ebenfalls hoch her. „Überall wird am Fernseher gesessen und geschaut, gefeiert und getanzt“, weiß Schwester Roberta. „2002, als Brasilien zum letzten Mal Fußballweltmeister wurde, waren unsere Mitschwestern in Cruzeiro do Sul in Nordbrasilien so aus dem Häuschen, dass sie mit dem Auto im Hof der ordenseigenen Schule ihre Runden drehten.“
In diesen Tagen stehen die fünf brasilianischen Schwestern auch besonders mit ihren Verwandten in ihrer Heimat in Kontakt. „Meine Mutter hat mich vor Kurzem angerufen und mich mit einem flapsigen Unterton ermahnt: ,Wehe Du drückst für Deutschland die Daumen, wenn die Mannschaft gegen Brasilien spielt!‘“.
„Wir Ordensfrauen sind ganz normale Menschen“, bekräftigt Schwester Roberta. Das Heitere und Spielerische sei notwendig als Ausgleich zum spirituellen Leben. Die WM sei völkerverbindend und stärke das Gemeinschaftsgefühl. Was die Proteste in ihrem Heimatland anbelangt, so unterstütze sie grundsätzlich die Demonstrationen für ein besseres Gesundheitswesen und eine bessere Bildung. Doch die WM sei dafür der falsche Zeitpunkt. Jetzt werde gefeiert, auch hier im Kloster, und die deutschen Mitschwestern feierten mit, wenn auch vielleicht etwas leiser. Gemeinsam schauen sie sich zudem die Spiele der Deutschen an. Eine deutsche Fahne ist dabei ein Muss. Die möchte Schwester Roberta auf alle Fälle noch besorgen.