Die HSE will zusammen mit der Technischen Universität Darmstadt (TUD) den bundesweit ersten geothermischen Hochtemperaturspeicher realisieren. Solarthermisch erzeugte Wärme soll im Sommer in großer Tiefe gespeichert werden, um mit dieser Energie im Winter ein Institutsgebäude heizen zu können. „Wir sind derzeit dabei, grundlegende Modelle und Simulationen für die Umsetzung des Vorhabens zu erstellen“, sagt HSE-Projektleiter Dr. Zijad Lemeš. Das Pilotprojekt wird im Rahmen der „Energietechnologieoffensive Hessen“ vom Land gefördert.
Für ihr Institutsgebäude in der Schnittspahnstraße in Darmstadt untersucht das Fachgebiet Angewandte Geothermie der TUD im Rahmen der energetischen Sanierung derzeit ein Konzept für eine neue Wärmeversorgung. Das Gebäude benötigte vor der Sanierung 935 MWh Heizenergie pro Jahr. Der Energiebedarf wurde durch verschiedene Maßnahmen wie etwa bessere Dämmung jetzt um 75 Prozent auf 235 MWh gesenkt. „Dieser Bedarf kann durch eine Solarthermieanlage in Kombination mit einem mitteltiefen Erdwärmespeicher abgedeckt werden“, sagt Dr. Lemeš.
Der Speicher besteht aus mehreren Bohrungen bis in eine Tiefe von 500 bis 1.500 Metern. In das jeweilige Bohrloch wird ein so genanntes koaxiales Rohr eingebaut, das aus einem Außenrohr und einem innenliegenden Steigrohr besteht. In diesem Rohrsystem zirkuliert Wasser, das von einer Solaranlage auf dem Dach des Institutsgebäudes auf rund 90 Grad erwärmt wurde. Das heiße Wasser wird in die Tiefe gepumpt, gibt dort Wärme an das Gestein ab und steigt dann wieder nach oben. Durch die ständige Zirkulation erwärmt sich das Gestein über die natürlich vorherrschende Temperatur hinaus und kann so als Energiespeicher genutzt werden.
Im Winter wird durch das Rohrsystem Wasser nach unten gepumpt, das sich im Geothermiespeicher auf bis zu 75 Grad erwärmt. Diese Temperatur ist für das Heizungssystem des Institutsgebäudes ausreichend. Deshalb könnte auf eine zusätzliche, Energie verbrauchende Wärmepumpe verzichtet werden. Aus Redundanzgründen wird aber auch der Betrieb mit einer Wärmepumpe untersucht. Ohne die Speicherung der solaren Energie würde sich das Wasser je nach Tiefe geothermisch nur etwa auf 25 bis 40 Grad erwärmen.
Die Nutzung von Erdwärme ist nicht unumstritten. Aber bei diesem Geothermie-Projekt sind keine Probleme für die Umwelt zu erwarten. Das Rohrsystem ist geschlossen, so dass das zirkulierende Wasser keinen Kontakt zum Grundwasser oder zum Gestein hat.
Rund 60 Prozent des Gesamtenergieverbrauches in Deutschland entsteht durch Heizen oder Kühlen. Um Treibhausgase zu verringern, seien wegweisende Techniken, um Einsparpotentiale aufzuzeigen, in diesem Bereich von besonderem Interesse, heißt es im Förderantrag an das Hessische Umwelt- und Energieministerium. Die Ausgaben für die theoretischen Modelle und Simulationen für die Energieflüsse, die Auslegung der Technik und für die Speicherbewirtschaftung betragen rund 200.000 Euro. Das Land fördert das Vorhaben mit rund 160.000 Euro, wobei knapp 85 Prozent der Fördersumme an die TU Darmstadt gehen.
Spätestens im Oktober sollen die grundlegenden Daten vorliegen, um zu entscheiden, ob und wie der Hochtemperaturspeicher umgesetzt wird. „Ich bin da ziemlich optimistisch“, sagt Dr. Lemeš. Die HSE kann bei der Analyse und Bewertung der Daten auf die Erfahrungen ihres Geothermieprojektes in Groß-Umstadt/Heubach zurückgreifen. Mit der ersten tiefengeothermischen Bohrung in Hessen in rund 800 Meter Tiefe versorgt die HSE seit Anfang 2013 einen mittelständischen Industriebetrieb mit Energie.