Einen „vergnüglichen Abend mit bewegender brasilianischer Musik“, konnte Walter Rung, Sprecher der Sektion Pfalz der Deutsch-Brasilianischen Gesellschaft, den Besuchern am Donnerstag, 22. Mai, in der Kammgarn in Kaiserslautern versprechen. Einer der bekanntesten Musikkünstler Brasiliens, Akkordeonist Renato Borghetti, gastierte zum wiederholten Male in der Region.
Im Rahmen der derzeitigen Veranstaltungsreihe der Deutsch-Brasilianischen Gesellschaft, die mit einer Fotoausstellung, Konzerten, Vorträgen und Filmen über Brasilien informiert, werden Aspekte der Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Kunst und Kultur des südamerikanischen Landes beleuchtet. Man wolle einen Bogen spannen, um die Vielfalt und Großartigkeit des Landes darzustellen, sagte Franz Link, Vorsitzender des Vorstands der Kreissparkasse. Das Institut unterstützt diese Veranstaltungsreihe.
Mit Borgehttis Mitmusikern Pedro Figueiredo an der Querflöte und Sopransaxophon, Daniel Sá an der akustischen Gitarre und Vitor Peixoto am Klavier zauberte die Band vom ersten Ton an eine südamerikanische Atmosphäre in die Kammgarn. Schwere und Leichtigkeit zugleich, Weite und Konzentriertheit, Melancholie und Ausgelassenheit – mit unverblümter Direktheit schafften es die im besten Sinne Musikanten, Südamerika und die „Alte Welt“ in die Konzerthalle zu holen. Borghettis Heimat ist Rio Grande do Sul, der südlichste Bundessaat Brasiliens, in dem sehr viele deutschstämmige Menschen leben und in der heute noch die pfälzische Sprache weit verbreitet ist. Seine Wurzeln hat der Akkordeonist in Europa. Die Familie seiner Mutter stammt ursprünglich aus Region um Kusel, sein Vater aus Italien, wie er bei seinem Konzertabend gestand. Es sei, „als würde man zu seinem Ursprung zurückkehren“, sagte er.
Diese Herkunft und die Freundschaften mit Musikerkollegen aus aller Welt haben deutlichen Einfluss auf seine Musik. So mischt er unter seine unverkennbare südamerikanische Grund-Sounds, afrikanische und indianischen Rhythmen, reichert sie an mit italienischen Belcanto-melodien, unterbricht sie mit rhythmischen Wechseln des Jazz und schiebt herrlich ungeniert Tangotänze unter. Und alles ist durchsetzt mit einem Volksliedgestus, der jedes Gemüt mit Leichtigkeit erreicht. Dass die in unserer Region bekannte Musikertruppe „Wandermusikanten“ um die Brüder Bernhard und Roland Vanecek es sich nicht haben nehmen lassen, die Bühne für ihre brasilianischen Freunde musikalisch vorzubereiten und gemeinsam mit ihnen ein großes und überschäumendes Finale zu spielen, zeigte die grenzüberschreitende Verbundenheit mit den musikalischen Traditionen.
Borghettis Selbstverständnis erlaubt es ihm, sein Traditionsbewusstsein auch mit seinem Bühnen-Outfit zu unterstreichen. Lange Haare, Strohhut und schwarze Pumphosen – so stampft, räkelt sich, hüpft, schleicht er über die Bühne und zeigt damit stolz die lokale Abkunft eines Gaucho, des Prototypen des südamerikanischen Rindertreibers. Unablässig webt er Gehörtes, Erinnertes, Erahntes, Überkommenes, Ererbtes und Geschenktes von vielen Enden der Welt in seine Musik hinein. Und doch meint man, er beschreibe immer wieder seine Heimat Rio Grande do Sul, eine Region, die landschaftlich durchaus an die Pfalz erinnert, wie ein ortskundiger Zuhörer des Abends sagte. Borghettis Melodien schweben über Hügel und Täler, über Höhen und Niederungen, ziehen Mädchen zum Tanz, lassen Männer aufbegehren, becircen die Müden und befeuern die Lachenden. Heilige Lebensfreude, fröhlicher Spaß und flüchtiger Ulk leben in seinen Liedern. Es ist ein Anschwellen und Abebben der Musik und der Gefühle zugleich, die Borghetti mit Leichtigkeit und Raffinesse heraufbeschwört, ein Aufbäumen und Versiegen, ein Antreiben und Erschlaffen. Durchaus verständlich, dass er mit seinem Quartett seit einiger Zeit auch Kinofilme mit Musik versorgt. Dass es in dieser Reinheit und Klarheit geschehen kann, ist nur durch seine ganz ausgezeichneten Musiker möglich.
Die nächste Veranstaltung in der Reihe Brasilien : Deutschland Kunst, Kultur, Wissenschaft findet am 2. Juni mit dem Film „Walachai“ im Deutschordensaal der Kreissparkasse statt.