Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg und der Medizinischen Universität Graz haben eine wichtige Entdeckung im Zusammenhang mit einem der Haupt-Risikofaktoren für Herzinfarkte, dem LDL-Cholesterin, gemacht. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Größe der LDL-Partikel im LDL-Cholesterin ein wichtiger Parameter zur Abschätzung des Herzinfarktrisikos ist. Low Density Lipoproteine (LDL) sind eine heterogene Mischung aus Partikeln, die sich in ihrer Größe und Zusammensetzung unterscheiden.
Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen waren für die Wissenschaftler selbst überraschend, denn sie stützen die Theorien von zwei gegensätzlichen „Lagern“: derer die meinen, vor allem kleine LDL seien für die Entstehung der Arterienverkalkung (Atherosklerose) verantwortlich und derer, die große LDL für die eigentlichen Übeltäter halten. Auf Basis der Ludwigshafen Risk and Cardiovascular Health (LURIC) Studie* konnten die Wissenschaftler um Dr. Tanja Grammer und Professor Dr. Winfried März von der V. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim und um Privatdozent Dr. Hubert Scharnagl aus Graz zeigen, dass sowohl besonders kleine als auch große LDL-Partikel mit einer höheren Sterblichkeit der Patienten assoziiert sind.
Bislang wird eine erhöhte Konzentration des LDL-Cholesterins grundsätzlich als einer der Haupt-Risikofaktoren für Herzerkrankungen angesehen. Entsprechend gilt die Senkung des LDL-Cholesterins als erfolgreiche therapeutische Intervention, um „kardiovaskuläre Ereignisse“ zu verhindern. Viele Herzinfarktpatienten haben allerdings einen normalen oder nur geringfügig erhöhten LDL-Cholesterinspiegel, sodass deren erhöhtes kardiovaskuläres Risiko unerkannt bleibt. Die aktuellen Ergebnisse könnten dieses Phänomen erklären, wenn nämlich diese unerkannten Risikopatienten einen hohen Anteil an besonders kleinen und/oder besonders großen LDL-Partikeln haben.
Für die Risikoanalyse einer Herzerkrankung heißt dies, dass es nicht ausreicht, den LDL-Cholesterinspiegel zu überprüfen. Um die diagnostische Lücke zu schließen und das Herzinfarktrisiko besser abschätzen zu können, müsste zusätzlich die LDL-Partikelgröße bestimmt werden. Die Forscher berechneten den mittleren Radius der LDL-Partikel aus den Konzentrationen ihrer Bestandteile nach Ultrazentrifugation. Dieses aufwändige und teure Verfahren ist im Routinelabor nicht einsetzbar. Die Herausforderung ist nun, die Messmethoden so zu verbessern, dass dieser Parameter in klinischen Alltag erfasst werden kann.
Zum Hintergrund
LDL- und HDL-Cholesterin sind Komplexe aus der fettähnlichen Substanz Cholesterin und so genannten Lipoproteinen, die das schlecht wasserlösliche Cholesterin ummanteln und als Vehikel für den Transport im Blut dienen. Lipoproteine geringer Dichte (Low Density Lipoprotein, LDL) transportieren Cholesterin aus der Leber über die Gefäße zu den Zellen. Ein hoher Spiegel von LDL-Cholesterin im Blut kann dazu führen, dass sich überschüssiges Cholesterin in den Gefäßwänden ablagert. Es bilden sich so genannte Plaques, die die Gefäße verengen und schließlich zu einem Gefäßverschluss führen können. Der Gegenspieler HDL-Cholesterin (High Density Lipoprotein) hingegen beseitigt Cholesterin aus dem Blut und kann in der Gefäßwand abgelagertes LDL-Cholesterin aufnehmen und zur Leber transportieren, wo es abgebaut wird.
Publikation
- Low-density lipoprotein particle diameter and mortality: the Ludwigshafen Risk and Cardio-vascular Health Study
- Grammer T.B., Kleber M.E., März W., Silbernagel G., Siekmeier R., Wieland H., Pilz S., Tomaschitz A., Koenig W., Scharnagl H.
- European Heart Journal 2014
- doi:10.1093/eurheartj/ehu055
- http://eurheartj.oxfordjournals.org/content/early/2014/02/24/eurheartj.e…
*LURIC-Studie
In die Ludwigshafen Risk and Cardiovascular Health Studie wurden mehr als 3.500 Personen eingeschlossen, die sich im Zeitraum von 1997 bis 2000 am Herzzentrum Ludwigshafen einer Herzkatheter-Untersuchung unterzogen. Diese Patienten werden langfristig nachbeobachtet.
Die LURIC Studie resultierte in einer der ersten deutschen Biobanken, die sich der Aufgabe widmet, unbekannte klinische, biochemische und genetische Risikofaktoren für Herzerkrankungen ausfindig zu machen – und damit die Grundlage für eine wirksame Vorbeugung zu legen.