Ins zweite Jahr geht dieser Tage das Lorscher Tabakprojekt. Man erinnert sich: 2013 wurde in Lorsch erstmals wieder Tabak angebaut. Initiiert vom hiesigen KULTour-Amt, will man damit die 300-jährige Geschichte der Stadt als einem Zentrum des Tabakanbaus und der Tabakverarbeitung lebendig halten. Nicht nur, weil Lorsch das größte Tabakmuseum nationalweit beherbergt. „Wenn man als Tabakpflanzer ein Jahr lang den Tabak vom winzigen Samen bis zum Bandelier betreut hat, wie es in der Scheune zum Trocknen aufgehängt wird, weiß man, wie prägend dieser Anbau für das Leben einer Dorfgemeinschaft einst gewesen ist“, so Kulturamtsleiterin Gabi Dewald. Ist der Tabak auch anspruchslos was den Boden betrifft, so muss die Pflanze doch gewissenhaft umsorgt werden, damit der Ertrag stimmt.
Das fängt schon beim Vorquellen des Samens an, den man mit entsprechendem Fingerspitzengefühl etwa vier, fünf Tage bei richtiger Feuchtigkeit und Wärme halten muss, damit der Vorgang gelingt. Traditioneller Weise tut man das um den St. Josephstag herum (19.März). Am 17. März beginnen die Bürgerinnen und Bürger, die sich 2014 als Tabakpflanzer gemeldet haben, deshalb damit. Ausgesät wird dann am darauffolgenden Wochenende ins Frühbeet. In diesem Jahr betreuen die Tabakpflanzer ihre Saat selbst. Bis Mitte Mai müssen die Pflänzchen gehütet und umhegt werden, das Frühbeet gelüftet, verschlossen, gewässert, gegen Nachtfröste geschützt werden. Nach den Eisheiligen geht es dann ans Auspflanzen – wie im letzten Jahr auf einem Feld entlang der neuen Kulturachse im Welterbe Areal.
Vor der Tür steht auch der lange ersehnte Zigarren-Test der Tabakfreunde. Denn die Ernte vom Vorjahr ist nun fermentiert. Und da die Zigarre – wie etwa der Apfelwein – ihren besonderen Geschmack durch eine Mischung verschiedener Tabaksorten erhält, werden in einer kleinen Manufaktur in Baden derzeit verschiedene Zusammenstellungen vorbereitet. Die Tabakpflanzer selbst werden entscheiden, welche die neue Lorscher Zigarre werden soll. Am Frühlingsmarkt soll die „Lorsa Brasil“ erstmals käuflich zu erwerben sein.
Wie im letzten Jahr hat sich eine Gruppe von etwa dreißig Personen zusammengefunden, die Bernhard Stroick und Thomas Schumacher als Projektleiter koordinieren. Lorscher sind dabei genauso vertreten wie Interessierte aus der ganzen Region.
Doch das Projekt stößt auch überregional auf enormes Interesse. So wurde beispielsweise jetzt der größte Zigarrenclub Deutschlands, der Club de Fumadores Berlin e.V., auf die Lorscher Tabakinitiative aufmerksam. In der kommenden Woche ist man dort mit dem Lorscher Projekt zu Gast bei einem handverlesenen Treffen, das ein hohes Ziel verfolgt:
Die Zigarre soll Nationen übergreifend zum UNESCO-Kulturerbe werden. Neben den Botschaftern von Kuba, Brasilien und Nicaragua sind Vertreter der UNESCO, der Berliner Politik und der Wirtschaft zu einem parlamentarischen Abend ins Hotel Adlon geladen.
Für Lorsch wird Gabi Dewald an dem Treffen teilnehmen. „Das ist natürlich ein toller Erfolg für Lorsch“, freut sich die KULTour-Amtsleiterin. „Man wird sehen, ob und wie sich das auf unser Tabakprojekt auswirkt, gerade im Jubiläiumsjahr. Natürlich wäre es wunderbar, wenn wir bei dieser Initiative eine hilfreiche Rolle spielen könnten.“
Eines jedenfalls ist bei diesem kulturhistorischen Projekt sicher: Fortsetzung folgt. Man darf gespannt sein!