„Es ist so schade, dass wegen der finanziellen Schieflage so viel Negatives über die Kliniken berichtet wird. Denn hier passiert doch auch unglaublich viel Gutes und Schönes. Es ist ein Segen, dass ein Krankenhaus hier vor Ort ist!“ Das sagt jemand, der in den Neckar-Odenwald-Kliniken, Standort Mosbach, seit genau 30 Jahren ein und aus geht. Und der als katholischer Krankenhausseelsorger, genau wie seine evangelische Kollegin Pfarrerin Ruth Lauer, schon sehr viel Leid und Unglück hier erlebt hat: Pater Karl Mack von den Steyler Missionaren.
Dieses Leid steht bei den beiden erfahrenen Krankenhausseelsorgern, die auch regelmäßig Gottesdienste feiern in der Kapelle, aber nicht im Vordergrund. Vielmehr prägt die beiden die Erfahrung, bei Trauer und Verzweiflung einfach da sein und Bei-Stand im wahrsten Sinne des Wortes geben zu können. „Es ist etwas sehr Erfüllendes, wenn man merkt, dass es den Patienten oder den Angehörigen durch unsere Begleitung, vielleicht auch durch ein gemeinsames Gebet, einen Bibeltext oder einen Segen leichter wird, dass ihnen Kraft zuwächst“, erklärt Pfarrerin Lauer. Und natürlich gibt es auch viele freudige Momente: Wenn ein gesundes Kind geboren wurde, Patienten nach geglückter Behandlung entlassen werden können oder wenn sie einfach nur dankbar sind für eine Schmerzlinderung, die sie vielleicht erfahren haben.
Hinter Pater Mack und Pfarrerin Lauer steht jeweils ein Team von zehn ehrenamtlich tätigen Personen, die die beiden in der Krankenhausseelsorge unterstützen. Alle sind über eineinhalb Jahre sorgfältig geschult – die Verantwortung für diese Schulung liegt auf evangelischer Seite, die Katholiken nutzen dieses Angebot aber ebenfalls – und halten regelmäßig Rücksprache über ihren Dienst, über Probleme oder besondere Belastungen. Ein Dienst, der im Übrigen gerade auch Landrat Dr. Achim Brötel sehr am Herzen liegt: „Das ist ein großes Pfund, mit dem wir wuchern können: Die Patienten hier in den Neckar-Odenwald-Kliniken sind eben nicht nur Nummern und Kostenstellen, sondern Menschen mit ganz individuellen Schicksalen, um die wir uns möglichst ganzheitlich kümmern wollen. Dazu gehören eine Krankenhausseelsorge und Dienste wie die Grünen Damen ganz einfach dazu. Dienste, die in Privatkliniken, die oft nicht einmal eine Kapelle haben, für entbehrlich gehalten werden, weil sie schlicht keinen messbaren Profit bringen.“
Ihre Informationen über Neuzugänge und Konfessionen erhalten die Krankenhausseelsorger für ihre regelmäßigen Rundgänge über die Verwaltung und die Stationen. Gerade das Pflegepersonal hat natürlich ein ganz besonderes „Gespür“, wo ein Besuch erwünscht sein könnte. Denn längst nicht alle Patientinnen und Patienten möchten ein Gespräch. „Das merkt man gleich. Manche stellen sich schlafend oder lesen ganz intensiv in ihrer Zeitung, wenn man ins Zimmer schaut. Und manche sagen auch ganz direkt, dass sie das nicht möchten, was völlig in Ordnung ist. Wir bieten uns nur an“, so Pater Mack lächelnd.
Andere Patientinnen oder Patienten oder deren Angehörige bitten ausdrücklich um einen Besuch, besonders in lebensbedrohlichen Situationen. Dann werden Pater Mack und Pfarrerin Lauer gerufen, die diesbezüglich quasi einen 24-Stunden-Dienst versehen. Oft stehen dann auch sie mehr oder minder stumm dabei, spenden Sakramente, beten still oder gemeinsam oder segnen die Kranken. „Dabei machen wir immer wieder die Erfahrung, dass gerade bei Patienten und auch Angehörigen, die eigentlich mit Religion abgeschlossen zu haben glauben, viel aus der Vergangenheit hochkommt. Sie knüpfen dann an das an, was sie früher mal hatten. Und oft gibt ihnen das Kraft“, so Pfarrerin Lauer. Warum unerklärliches Leid geschieht – wenn zum Beispiel ein Kind tot geboren wird oder ein junger Mensch bei einem Unfall ums Leben kommt – können die beiden den Angehörigen freilich auch nicht erklären: „Da stehen wir auch still dabei und wissen keine Antworten.“
Und wie gehen sie selbst mit derartigen Schicksalsschlägen um? „Wir verlassen das Krankenhaus nie, ohne nicht kurz in die Kapelle zu gehen. Dort lassen wir dann unsere Fragen und unseren Kummer los und legen beides in Gottes Hände. Aber natürlich hinterlassen manche Geschehnisse Spuren in der Seele“, bekennt Pater Mack. Er bittet dann auch immer die Schwestern im Kloster Balsbach, wo er Hausgeistlicher ist, um ihr Gebet, und ist dankbar für die Abwechslung, die ihm sein Alltag und das Leben mit seinen Mitbrüdern bieten. Auch Pfarrerin Lauer schätzt diesbezüglich sehr die große Vielfalt ihrer Aufgaben als Pfarrerin in der Mosbacher Christus-Gemeinde, gerade mit Kindern und Familien: „Nur Krankenhaus wäre sicher auch nicht gut. Man braucht Gegenpole, um die Balance halten zu können.“
Was allen seelsorgerisch Tätigen ganz wichtig ist: bei den Besuchen wird absolute Vertraulichkeit gewahrt. „Da legen wir und unsere Teammitglieder die Grenzen sehr, sehr eng aus. Denn oft geht es um wirklich ganz persönliche Dinge“, erklären sowohl Pfarrerin Lauer als auch Pater Mack. Und machen sich auf zu ihrem nächsten Rundgang.