„Ich werde bald heiraten und möchte gerne Kinder haben. Und ich will wissen, wie ich von Anfang an alles so richtig wie möglich mache – und anderen Papas mit meinem Wissen helfen.“ Erkin D. ist einer der möglichen künftigen Seminarleiter, die vom Verein Lernmobil in Zusammenarbeit mit der international im Bereich der Familienförderung sehr erfolgreich aktiven türkischen Stiftung ACEV in Viernheim im Rahmen eines bundesweit einmaligen Väterprojekts ausgebildet werden.
Und er hat mit seiner Antwort auf die Frage nach seiner Motivation die Zielsetzung des Projekts auf den Punkt gebracht, betont Chieftrainer Olcayto Ezgin aus Istanbul, der sich am vergangenen Wochenende im Haus am Schlangenpfad nicht nur mit den Interessenten für die Seminartrainer-Ausbildung traf, sondern gleich noch zwei weitere Informationsveranstaltungen absolvierte.
Den Auftakt bildete am Samstagnachmittag ein kostenloses Elternseminar, zu dem zahlreiche Mütter und Väter den Weg ins Lernmobil-Haus gefunden hatten. Erziehungstipps und wertvolle Informationen über die Bedeutung der Elternrolle, kindliche Entwicklung und den Einfluss der eigenen Kindheit auf das Verhalten als Eltern wurden nicht nur anhand von Bildschirmfolien und Videos vermittelt, sondern Ezgin sprach auch von eigenen Erfahrungen und sorgte mit seiner lockeren und einfühlsamen Moderation dafür, dass schnell eine lebhafte Diskussion entstand und sich vor allem die Mütter und Väter angenommen fühlten, die in Deutschland eine neue Heimat suchen.
Dass sich auch die nicht-türkischsprachigen Seminarbesucher rege beteiligen und vom pädagogischen und psychologischen Know-How Ezgins profitieren konnten, dafür sorgte die
simultane Übersetzung von Gonca Karagöz.
Der Sonntagvormittag stand ganz im Zeichen der Trainerausbildung. Über den Kontakt zu zahlreichen Dachverbänden, Bildungseinrichtungen und Migrantenorganisationen war es gelungen, vierzehn Männer unterschiedlicher Nationalität nicht nur aus Viernheim und Umgebung, sondern ausganz Hessen für die Teilnahme zu interessieren. So war von der dortigen Familienberatungsstelle ein Mitarbeiter extra aus Kassel angereist, der nachträglich per Mail noch „ein großes Dankeschön für den angenehmen Verlauf des Aufenthalts und die herzliche Gastfreundschaft an das gesamte Lernmobil-Team“ schickte.
Das Treffen mit Chieftrainer Ezgin am Sonntag bot Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen und diente den Interessenten als Entscheidungshilfe. Denn entschließen sie sich, an der Ausbildung Ende November in Viernheim teilzunehmen, so bedeutet das einen nicht unerheblichen ehrenamtlichen Einsatz nicht nur für die Zeit der zwei Blöcke umfassenden Seminarleiter-Ausbildung, die ganztägig an je vier Tagen stattfindet. Im Anschluss werden sie als Moderatoren die Vätergruppen betreuen, die sich im Rahmen des von ACEV konzipierten Väter-Unterstützungsprogramms „Vater sein ist schön“ über einen Zeitraum von mindestens zwölf Wochen je einmal wöchentlich für bis zu zwei Stunden treffen. Das lebhafte Interesse und die ersten Reaktionen auf Ezgins Einführung machten deutlich, dass die Entscheidung zur Teilnahme bei den meisten Männern nach der überaus gelungenen, diesmal von Ugur Dincel übersetzten Kennenlern-Runde bereits zugunsten des Väterprojekts gefallen ist.
Am Sonntagnachmittag wurde es dann noch einmal richtig voll im Haus am Schlangenpfad. Zahlreiche Vertreter von Schulen, Moscheen, Vereine und Institutionen hatten den Weg zur allgemeinen Informationsveranstaltung über das Väterprojekt gefunden. Finanziell unterstützt wird das Projekt vom Land Hessen, der Sparkasse Starkenburg, dem Viernheimer Lions Club und den Kommunen Viernheim, Lampertheim, Heppenheim, Bensheim und Wald-Michelbach. Darüber hinaus beteiligen sich die Kommunen organisatorisch in einer Planungsgruppe. Diese war vertreten durch Andrea Ewert (Viernheim), Silvia Rhiem(Heppenheim) und Michael Harres (Lampertheim) sowie die Ausländerbeauftragte des Kreises, Brigitte Paddenberg, und Manfred Fraas von den Viernheimer Lions. Sie alle nutzten die Gelegenheit zum persönlichen Gespräch mit Ezgin. Schon während der Veranstaltung entstand ein lebhafter Austausch mit dem ACEV-Mitarbeiter, der unter anderem Fragen nach der Finanzierung und der religiösen und politischen Unabhängigkeit der Stiftung zur allgemeinen Zufriedenheit beantworten konnte.
Begrüßt und verabschiedet wurden die Teilnehmer aller Veranstaltungen vom scheidenden Lernmobil-Vorstand Walter Keuker, der sein Amt als zweiter Vorsitzender nach langjähriger Tätigkeit niederlegt. Dem Väterprojekt, bei dem er von Anfang an aktiv in allen Verhandlungen mit ACEV und bei der Adaption an die deutsche Lebenswirklichkeit beteiligt war, bleibt Keuker aber erhalten. Mit dem Verlauf des Veranstaltungswochenendes, bei dem viele fleißige Helfer fast rund um die Uhr füreinen reibungslosen Ablauf sorgten, war der engagierte Ex-Vorstand ebenso zufrieden wie Projektleiterin Dr. Brigitta Eckert.