Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) will den ökologisch wertvollen Jägersburger und Gernsheimer Wald vor der Vernichtung retten und hat deshalb Verbandsklage gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt zur Grundwasserentnahme durch das Wasserwerk Jägersburg eingelegt.
Guido Carl, Vorsitzender des Kreisverbands Bergstraße: „Der Bescheid ist der Todesstoß für mehr als 1.000 Hektar Wald. Das können und wollen wir nicht tatenlos hinnehmen.“ Der Bescheid schafft Fakten, obwohl am „Runden Tisch zur Verbesserung der Grundwassersituation im Hessischen Ried“ noch über die Maßnahmen zur Rettung der Wälder beraten wird. „Ohne unsere Klage würde nicht nur dem Wald, sondern auch dem Runden Tisch das Wasser abgegraben“, erläutert BUND-Vorstandssprecher Jörg Nitsch die Klagegründe des Verbands.
Der nun beklagte Wasserrechtsbescheid ist nach Auffassung des BUND klar rechtswidrig, weil er die völlige Zerstörung des FFH-Gebietes Jägersburger-Gernsheimer Wald und zusätzlich schwerste Schäden in weiteren europäischen Schutzgebieten zulässt. Beim BUND ist man schockiert, dass das Regierungspräsidium Darmstadt sogar einer Erhöhung der bisherigen Fördermenge um 3,1 auf 21,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr zugelassen hat und der Bescheid keinerlei Naturschutz-Ausgleichmaßnahmen enthält. „Eine so grobe Missachtung des Naturschutzrechtes war bisher für uns unvorstellbar“, äußert sich Guido Carl vom BUND Bergstraße betroffen.
Ohne die Klage des BUND würde der Bescheid genau die Situation für 30 Jahre rechtlich absichern, die in den letzten 30 Jahren zu den verheerenden Waldschäden geführt hat und die nach Auffassung des Hessischen Landtags durch die Beratung am Runden Tisch möglichst beendet werden soll. Denn während am Runden Tisch zur Sanierung der Grundwasserstände seit einem Jahr darüber diskutiert wird, wie künftig ein besserer Interessensausgleich gefunden werden kann, verteilt das Regierungspräsidium schon langfristige Wasserrechte und beschneidet zugleich Schritt für Schritt die Wassermengen, die überhaupt für eine Aufspiegelung der Grundwasserstände zur Verfügung stehen. Der BUND will verhindern, dass eine Situation eintritt, in der der Runde Tisch seine Arbeit einstellen muss, weil die Handlungsspielräume zur ökologischen Verbesserung durch langjährig geltende Wasserrechtsbescheide gegen Null gehen.
Die im Bescheid festgelegten Beschränkungen der Grundwasserförderung und die Auflage eines forstlichen Monitorings wird die Wälder nicht retten, denn beide Auflagen sind an viel zu tiefe Grundwasserstände gekoppelt. Sie schreiben lediglich die heutige Situation fest, die aber auch nach Meinung des Antragstellers, der "Riedgruppe Ost“, dazu führt, dass die Wälder ohne Grundwasseranschluss bleiben und gerade die älteren Bäume im Sommer großflächig vertrocknen. Auch die im Bescheid unterstellte Anreicherung des Grundwassers kann dem Wald nicht helfen, weil sie schon eingestellt werden muss, bevor die Baumwurzeln Kontakt zum Grundwasser haben.
Das von der völligen Zerstörung bedrohte FFH-Gebiet Jägersburger-Gernsheimer Wald hat eine Größe von rund 1.300 Hektar. Der Schutz erstreckt sich auf mehrere hundert Hektar spezieller Eichen- und Buchenwaldgesellschaften sowie auf die Fledermausarten „Bechsteinfledermaus“ und „Großes Mausohr“, die Amphibienarten “Gelbbauchunke“ und „Kammmolch“, die Käferarten „Großer Eichenbock“ und „Hirschkäfer“ und das Besenmoos „Dicranum viride“. Erhebliche Beeinträchtigungen befürchten die BUND-Kreisverbände Bergstraße und Groß-Gerau in weiteren Schutzgebieten, insbesondere im 1.779 Hektar großen Vogelschutzgebiet Jägersburger-Gernsheimer Wald, das die Fläche des gleichnamigen, aber etwas kleineren FFH-Gebietes überlagert.
Die dramatischen Auswirkungen der Grundwasserentnahmen auf die Wälder im hessischen Ried sind seit vielen Jahren bekannt. Sie verlieren insbesondere in Trockenperioden wegen der Grundwasserförderung großflächig den Grundwasseranschluss, so dass es zu massiven Absterbevorgängen kommt. Mit dem 4. Bericht zur „Forsthydrologischen Beweissicherung Hessisches Ried“ wurde von der Forstverwaltung nachgewiesen, dass der hierdurch ausgelöste schleichende Auflösungsprozess des Waldes tatsächlich durch die Grundwasserentnahmen verursacht wird. In dem Bericht wird dokumentiert, dass die heutigen Wälder sich ohne eine Sanierung der Grundwassersituation auflösen. Die schwersten Schäden sind heute an den Eichen festzustellen. Ausdrücklich wird in dem Bericht aber darauf hingewiesen, dass die Schäden bei den beiden anderen Hauptbaumarten „Buche“ und „Kiefer“ ähnlich gravierend sind.