Jetzt auch Wandtafeln am ehemaligen Rochusspital, am Anwesen Badergasse 16 und am historischen Ziehbrunnen Münsterstraße/Neue Universitätsstraße.
Die Stadt Mainz blickt auf eine 2.000-jährige Geschichte zurück. Diese reiche Vergangenheit sichtbar zu machen, ist Ziel der Konzeption „Historisches Mainz“. Heute stellte Oberbürgermeister Michael Ebling die drei neuen Wandtafeln der Reihe vor: am ehemaligen Rochusspital, am Anwesen Badergasse 16 und am historischen Ziehbrunnen Münsterstraße/Neue Universitätsstraße.
„Den Spendern und Spenderinnen der Tafeln will ich für ihren vorbildlichen Einsatz im Namen der Landeshauptstadt Mainz herzlich danken“, sagte der Oberbürgermeister den Eheleuten Dr. Otto und Uschi Herrmann (vertreten durch Hartmut Fischer), den Eheleuten Professor Roland Siegrist und Heike Hönig-Siegrist sowie dem Ortsbeirat Mainz Altstadt, vertreten durch die Ortsvorsteherin und Landtagsabgeordnete Ulla Brede-Hoffmann: „Sie machen es mit Ihrer großzügigen Spende möglich, dass Gäste unserer Stadt und Passanten Informationen zur bewegten Geschichte dieser bedeutenden Gebäude erhalten.“
Die neuen Wandtafeln dokumentieren drei völlig unterschiedliche Bauzeugnisse: Beim ehemaligen Rochusspital handelt es sich um einen barocken Großbau, bei der Badergasse 16 um ein kleines Wohnhaus aus der frühen Neuzeit und bei dem ältesten Zeugnis um einen Ziehbrunnen von 1528.
Zum Rochusspital: In früheren Zeiten hatte zwar niemand, der mittellos war, einen Rechtsanspruch auf öffentliche Hilfeleistungen. Trotzdem war die Obrigkeit bemüht, den Armen zumindest eine Unterkunft zu verschaffen und ihnen eine Arbeitsmöglichkeit zu bieten. Für diese „freiwillige Leistung“ ließ sich der Kurfürst Lothar Franz von Schönborn auch gebührend loben. Im Grundstein zum Rochusspital bezeichnete man ihn als „immerwährendes Denkmal zarter Liebe zu den Armen und kurfürstlicher Freigebigkeit“.
Allerdings: Es waren hauptsächlich Spendenmittel, Lotterie- und Gebühreneinnahmen, die den sich äußerlich prächtig inszenierenden Bau finanzierten. OB Ebling: „Und das in einer schmalen Gasse, die ab 1729 ‚Am Armenhaus‘ und von 1800 bis 1856 ‚Armengasse‘ hieß. Was sagt uns das? Heute würde man dem Kurfürsten zugestehen, dass er auch bei einem Bau für Arme und Kranke keinerlei Abstriche an seinen baukulturellen Ansprüchen zu dulden bereit war. Dazu kommt: Ein solcher Bau diente nicht nur der eigenen Reputation, sondern verstand sich ebenso als ein positiver Beitrag zur Stadtgestalt. Davon zehren wir noch heute.“
Eine besondere Wertschätzung erfuhr das im Zweiten Weltkrieg bis auf die Außenmauern zerstörte Rochusspital nicht immer. Denn 1958 wollte der Bauausschuss die Ruine niederlegen. Dr. Fritz Arens beklagte sich damals in der Presse: „Man spricht von Geldmangel und versteckt damit die Uninteressiertheit.“ Arens‘ Pessimismus entpuppte sich zum Glück als voreilig. 1964 kam es zum Wiederaufbau als Kloster und Altersheim.
In seinen Ausmaßen deutlich bescheidener, dafür aber weitgehend original erhalten, zeigt sich das kleine Wohnhaus Badergasse 16, ursprünglich bezeichnet als „Wohnheusle an der Neuen Badstube“. Womit auch der Name Badergasse erklärt wäre. Während im Rochusspital die ärmsten der Armen unterkamen, lebten insbesondere in der südlichen Altstadt ebenfalls zahlreiche Minderbemittelte, so auch in der Badergasse 16. Die Stadtaufnahme von 1786 vermerkt hierzu, dass dort eine Anna Maria Grohin wohnte, die ihre Miete nicht zahlen konnte, „weil arm“.
Ein weiterer Mitbewohner, der Schuhmacher Adam Simon, zahlte seinerzeit „nichts als 10 Kreuzer Billietengeld, weil er immer mit Gicht belastet und dadurch außerstande, manchmal etwas zu verdienen und muss öfters hungern, verdient also Unterstützung.“ Damit dokumentiert das Haus Badergasse 16 auch ein Stück Mainzer Sozialgeschichte.
Die dritte Infotafel gilt einem historischen Ziehbrunnen, genau genommen seinen 1984 wieder zusammengesetzten Einzelteilen. Man hatte sie 1979 bei Ausschachtungsarbeiten für die damals als Atombunker konzipierte Tiefgarage am Proviantmagazin gefunden. Der nur wenige Meter neben dem ursprünglichen Standort aus den Originalteilen rekonstruierte Brunnen gilt als der zweitälteste seiner Art in Mainz – nur zwei Jahre jünger als das Renaissance-Prachtstück am Markt.
Da dem Ziehbrunnen am Proviantmagazin bisher eine Erläuterung fehlte, führte er dort seit 1984 ein weitgehend unbeachtetes Dasein, zumal es ihm an auffälliger Bauzier mangelte. Unerklärt bleiben müssen leider weiterhin trotz intensiver Recherchen die Initialen „M-C“ und das Wappen auf dem Tragbalken.